Am Beispiel des Bachmann-Preises und des Deutschen Buchpreises fragt Doris Moser danach, was mediale Inszenierungen von Literatur vermitteln, welcher Verfahren sie sich bedienen und welches Potenzial zur Generierung von Aufmerksamkeit diesen zukommt. Vor den Theorien Pierre Bourdieus (1999) charakterisiert Moser den im Medium Fernsehen inszenierten Bachmann-Preis als ständige Neuverhandlung des Regelkonflikts zwischen literarischem und medialem Feld. Eine Analyse von Autorenporträt und Lesung Peter Lichts (2007) weist Aufmerksamkeit als Folge einer gelungenen Kombination von Neuheit und Redundanz aus. Den Deutschen Buchpreis beschreibt der Beitrag dagegen als (Ganzjahres-)Inszenierung mittels unterschiedlicher Medien(partnerInnen) wie Feuilleton, Tages- und Wochenpresse, Online-Portalen etc., deren Feldgrenzen überschreitende Strategie vorwiegend auf Marktexpansion und damit ökonomische Ziele gerichtet sei. Mit Bachmann-Preis und Deutschem Buchpreis – beide inszenieren Moser zufolge weniger die Literatur als den Akt der Literaturvermittlung – nimmt der Beitrag nicht nur eine Instanz, sondern auch Begriff und Anspruch der Literaturvermittlung selbst kritisch in den Blick.
Im zweiten Teil wird das Augenmerk auf die Medialität von Literatur gelenkt. Neben unterschiedlichen Formaten von Literatur, wie sie der Film, das E-Book und die Blogliteratur darstellen, werden medial bedingte Rezeptionsweisen untersucht und ihre Auswirkungen auf Vermittlungsfragen diskutiert.
Im Zentrum des Beitrags von Günther Stocker stehen digitale Lesemedien, die in Hinblick auf deren Materialität wie auch Performativität untersucht werden. Dass E-Book-Reader, Tablet-PCs und Smartphones nicht einfach nur tausende digitalisierte Texte rasch und mit einem einzigen kleinen Endgerät zugänglich machen, sondern auch neue Formen des Umgangs mit Texten und Literatur wie auch neue Formen des Lesens implizieren, zeigt Stocker in seinen medienkritischen Überlegungen, die immer auch durch konkrete Beispiele veranschaulicht werden und empirische Befunde aufgreifen. Um die historische Dimension der medialen Veränderungen deutlich zu machen, werden Analogien aus der Buchgeschichte herangezogen. Besonderes Augenmerk legt Stocker auf Fragen nach der Räumlichkeit alter und neuer Lesemedien: das Verhältnis von Teil und Ganzem, die Grenze zwischen dem einzelnen Text und dem gesamten Schrifttum, die Rolle von Ko- und Paratexten. Diskutiert werden des Weiteren die Funktion der Typografie als Instrument der Lesesteuerung wie auch die unterschiedliche Topografie von gedruckten und digitalen Seiten. Der Beitrag macht deutlich, wie sehr digitale Lesemedien zur Mobilisierung, Vernetzung und Multifunktionalität bzw. -medialität tendieren.
Das autonome Publizieren im Internet bildet den Ausgangspunkt von Christiane Zintzen, die am Beispiel literarischer Blogs darlegt, welch neue Formen der Darstellungen ihrer Ästhetiken und Inhalte es AutorInnen ermöglicht. Anhand des von ihr und Hartmut Abendschein herausgegebenen Literaturportals litblogs.net – Literarische Weblogs in deutscher Sprache, welches 20 AutorInnenblogs, ein Verlagsblog und ein kollaboratives Blog umfasst, zeigt Zintzen die Breite der möglichen »écritures« sowie die höchst diverse Nutzung des Mediums Blog auf. Zintzen skizziert zunächst die Charakteristika des Weblogs an sich und des literarischen Blogs im Besonderen, um darauf aufbauend das Potenzial dieses spezifischen Mediums sowohl für AutorInnen als auch für LeserInnen darzulegen. Dabei zeichnet sie ein Bild vom Blog als eine flexible Form des Publizierens im World Wide Web, die an institutionalisierten Qualitätskontrollen wie beispielsweise einem Verlagslektorat oder der Literaturkritik vorbeischreibt.
Matthis Kepser geht in seinem Beitrag der Bedeutung der Literaturverfilmung für den aktuellen Deutschunterricht nach. Seine Überlegungen setzen bei den in der schulischen Praxis selten friktionsfreien Interferenzen an, die bei der Lektüre eines literarischen Textes und der anschließenden Rezeption der filmischen Adaption entstehen. Der eigene Film im Kopf, den sich SchülerInnen während des Lektüreprozesses im Gedächtnis aufgebaut haben, will mit den Bildern und Narrationen der Verfilmung nicht so recht zusammengehen. Dadurch kommt es zu einem doppelten Film im Kopf, den Kepser am Beispiel der Romane Krabat und Der Vorleser wie deren Filmadaptionen in den Blick nimmt. Mittels statistischer Auswertungen und Inhaltsanalysen untersucht er Internetforen, in denen entsprechende Lektüre- und/oder Kinoerfahrungen mitgeteilt werden. Kepser geht davon aus, dass derartige Äußerungen im Internet nicht nur einen Einblick in die komplexen Zusammenhänge bei der Rezeption von Literaturverfilmungen erlauben, sondern auch für den schulischen Deutschunterricht genutzt werden können. Die damit verknüpften didaktischen Ziele gehen über die bloße Medienreflexion hinaus, geht es doch um Geschmacks- und Urteilsbildung im Sinne einer produktiven Kritikfähigkeit.
Der dritte Teil fokussiert auf performative Räume – also solche, die über andere Kodes als die des (literarischen) Textes funktionieren – wie Theater(aufführung), Improvisationsarbeit, Poetry Slam und AutorInnenlesung.
Die Konkretisierung von (post)dramatischen Leseakten steht im Zentrum des Beitrags von Stefan Krammer. Wurde Theater in schulischen Lernkontexten bislang vor allem über die Lektüre von Dramentexten rezipiert, fordert Krammer Rezeptionsmodelle, die sich mit unterschiedlichen Kommunikationssituationen von Literatur und Aufführung produktiv auseinandersetzen und so Theater im Kopf entstehen lassen. Als Instrumentarium für das Kennen- und Lesenlernen theatraler Zeichensysteme fungiert ein modifizierter theatersemiotischer Katalog nach Fischer-Lichte. Wie SchülerInnen einerseits Lesekompetenz spezifisch für (post)dramatische Texte entwickeln und andererseits die Kunst des Zuschauens theatraler Aufführungen erlernen können, wird anhand von zwei Unterrichtskonzepten vorgeführt. Bei der aufführungsbezogenen Dramenlektüre steht im Gegensatz zu szenischen Verfahren die Erarbeitung von Inszenierungsentwürfen aufgrund genauer Lektüre und Analyse des Dramentextes im Vordergrund; der Transformationsprozess vom dramatischen Text hin zu seiner Aufführung wird am Beispiel von Thomas Bernhard erläutert. Der textbezogenen Aufführungsrezeption, gezeigt an einem Stück Elfriede Jelineks, geht dagegen die Rezeption der Aufführung der Textlektüre voraus. Über die Suche nach theatralen Zeichen der Aufführung entsteht ein sprachlich fixierter dramatischer Text. Hilfsmittel für die Unterrichtspraxis können filmische Aufzeichnungen von theatralen Aufführungen sein.
Susanne Hochreiters praxisorientierter Beitrag fokussiert auf das Potenzial szenischer Methoden für die Vermittlung von Literatur. Als eine Form der Auseinandersetzung, in der körperliches Agieren und emotionale Beteiligung wesentlich sind und die grundsätzlich ergebnisoffen ist, unterstützt und erweitert die Improvisation die (literatur)wissenschaftliche Textarbeit: Indem sie sich in der Gruppe und auf der Ebene der Erfahrung mit Literatur auseinandersetzt, kann sie dazu beitragen, einen Text zu verstehen. Am Beispiel des im Rahmen der Tagung gehaltenen Workshops »Vom Spiel zum Text. Spielen mit Texten« demonstriert Hochreiter die Arbeit an einem zuvor nicht gelesenen Text: Auf Übungen zu Körper- und Raumwahrnehmung, Imaginations- und Ausdrucksübungen folgen variierende Improvisationen und deren Reflexion. In der Auseinandersetzung mit einem den TeilnehmerInnen zuvor bekannten Text folgt der Beitrag der Arbeit von Gitta Martens. Die theatertheoretischen Ansätze einer gedoppelten Körper-Leib-Dualität (Lehmann, Fischer-Lichte) aufgreifend und weiterführend, weist der Beitrag auch auf die Bedeutung mimetischen Lernens für die Deutung von Welt und Wirklichkeit und die Relevanz szenischer (Text)Arbeit für die Konzeption von Identitäten hin.
Wie wird in der Theaterpraxis mit literarischen Texten gearbeitet und wie werden literarische Texte in diesem Medium vermittelt? Diese beiden Fragen bilden den Ausgangspunkt des Gesprächs zwischen der Literaturwissenschaftlerin Pia Janke und der Regisseurin und Theaterpraktikerin Eva Brenner. Die Wichtigkeit von Improvisation akzentuierend, beschreibt Brenner dabei anhand ihrer eigenen Arbeiten