Kiley hielt im Garten des zweistöckigen weißen Farmhauses an. Sie beobachtet den sich nähernden Reiter und setzte sich auf die breite, weiß getünchte Holztreppe der umlaufenden Veranda.
„Jemanden, den du kennst?”, fragte Elijah und lehnte sich gegen das Verandagelände, blieb aber stehen. Garrett war heute Morgen in die Stadt gefahren und Elijah fühlte sich in der Abwesenheit seines Freundes für Kiley verantwortlich, egal wie lebhaft sie war.
„Ja, Bekanntschaft”, antwortete Kiley. Im nächsten Moment wandte sie ihren hellgrünen Blick Elijah zu und betrachtete ihn. Er war sich nicht sicher, was sie dachte, aber ihr Starren war entschlossen genug, um ihn nervös zu machen und sich zu räuspern.
Er wandte seinen Blick der Person zu und bemerkte den Appaloosa, den diese ritt, ein sehr feines Pferd. Der Reiter kam näher und Elijah erkannte, dass es kein Mann, sondern eine Frau war. Eine atemberaubende Frau noch dazu. Sie wurde langsamer, als sie näher kam, sodass er Zeit hatte, sie anzuschauen.
Sie trug ihr weizenfarbenes Haar schulterlang mit dicken Ponyfransen, die breite aber zarte Züge formten. Sie besaß leuchtende, kaffeebraune Augen, umrahmt von dunklen Wimpern, hohen Wangenknochen, gerötetet von der Anstrengung des Reitens und üppige Lippen, die sich zu einem großartigen Lächeln formten. Sie trug dunkle Jeans und ein übergroßes blau-kariertes Hemd. Die langen Ärmel waren bis zu den Ellenbogen hochgezogen. Dazu trug sie abgetragene lederne Cowboy Stiefel.
„Kiley”, rief sie, während sie das Pferd ein paar Meter vor der Veranda zum Stehen brachte.
„Hey, Ivi”, antwortete Kiley und winkte. Kiley blieb, wo sie war und Elijah bemerkte, dass sie versuchte, nicht das Pferd der Frau zu erschrecken. Pferde waren nicht gern bei fremden Werwölfen. Sein Blick glitt zu der Frau. Er konnte sie selbst von hier riechen, sogar über den starken Geruch des Pferds hinweg und wusste, dass sie eine von ihnen war.
Sie roch tatsächlich richtig gut.
„Alles in Ordnung?”, fragte die Frau und schaute Elijah scharf an.
„Oh, ja”, erwiderte Kiley mit einem Lachen. „Ivy, das ist Elijah Buchanan. Er ist Garretts Freund und Geschäftspartner. Er verbringt seinen Urlaub bei uns. Elijah das ist Ivy Sullivan. Wir kennen uns schon ziemlich lange, aber sie hat gerade eine der benachbarten Ranchs gekauft. Sie wird uns das Grundstück für unser Wolfschutzgebiet nutzen lassen.”
„Wie gehts?”, fragte Elijah und neigte seinen Kopf. Es fühlte sich merkwürdig an, während einer Vorstellung so nah am Boden und so weit weg zu sein. Er konnte schon bei Ivys Anblick sehen, dass sie kleiner als Kiley war, wahrscheinlich 30 cm kleiner als seine Statur von 1,95 m. Sie hatte eine kleine, zärtliche Figur, obwohl ihre Brüste ziemlich groß waren, egal wie sehr sie versuchte, sie unter ihrem zu großen T-Shirt zu verstecken.
Ivy wurde unter seinem Blick rot und ihre Zunge fuhr über ihre Lippen, ehe sie sprach.
„Ich sollte – ich sollte gehen”, sagte sie und wandte ihren Blick von ihm ab und wandte sich stattdessen Kiley zu.
„Meinst du nicht, du solltest bleiben?”, fragte Kiley. Ivy wurde noch röter, ihr Gesicht wurde rosa und dann rot. Es gab offensichtlich einen versteckten Unterton in Kileys Worten, aber Elijah verstand diesen nicht.
„Ich komme ein anderes Mal wieder”, sagte Ivy und wendete ihr Pferd anmutig, während sie sprach.
„Ivy, du kannst wirklich reinkommen”, schimpfte Kiley. Elijah zog eine Augenbraue hoch, aber die Frauen ignorierten ihn.
„Du hast die Welpen in der Scheune. Ich kann Jericho nicht einfach hier lassen”, sagte Ivy mit einem Achselzucken.
Kiley rollte mit den Augen und seufzte.
„Ihr Pferd”, erklärte Kiley und warf Elijah endlich einen Blick zu.
„Okay”, sagte er verwirrt von dem ganzen Austausch. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Ivy zu.
„Vielleicht ein anderes Mal?”
„Ja klar”, erwiderte Ivy mit einem Achselzucken. Sie presste ihre Schenkel an Jericho und schnalzte leicht mit der Zunge. Dann ritt sie davon und ließ Kiley und Elijah mehrere Sekunden ihrem davonreitenden Rücken hinterherstarren.
„Mensch”, sagte Kiley und seufzte einen Moment und schüttelte ihren Kopf. Elijah hielt ihr eine Hand hin und half ihr auf die Füße. Dann folgte er ihr die Stufen hoch und ins Haus.
„Und was war das jetzt?”, fragte Elijah, als sie die Küche betraten, ein Überbleibsel aus den 50er-Jahren. In diesem Raum fühlte Elijah sich immer ein wenig wie ein Cowboy im alten Westen, obwohl sein hellrotes Haar und sein schottischer Akzent diese Fantasie widerlegten.
Kiley verzog ihre Lippen, während sie den kleinen Kühlschrank öffnete und mehrere Dinge herausholte.
„Sind Sandwiches okay zum Mittagessen?”, fragte sie.
„Klar”, sagte Elijah und nickte.
Kiley breitete alle Dinge, die sie für die Sandwichs brauchte, auf der Küchentheke aus und sah nachdenklich aus. Für einen Moment dachte Elijah, sie würde seine Frage ignorieren oder hatte sie nicht gehört. Als sie endlich antwortete, kam die Antwort zögernd.
„Ich weiß nicht, wie viel ich über Ivy erzählen darf”, fing Kiley an. Ihre Hände waren damit beschäftigt, das Mittagessen zuzubereiten, und ihre Augenbraue hob sich zu einem beunruhigend hohen Bogen. „Ihre Situation ist… einzigartig.”
„Einzigartig?”, fragte Elijah scheinheilig. Sein Akzent verpfuschte das Wort und es klang merkwürdig. „Du kennst sie also gut?”
Kileys Lippen zuckten und sie nickte.
„Ja. Wir waren Mitbewohnerinnen im College. Sie ist sehr klug und strategisch. Sie hat einige sehr risikoreiche Investments in den Börsenmarkt gesteckt und eine sehr große Menge Geld gemacht. Sie hat also im Moment keinen geregelten Job. So hat sie die Ranch neben uns gekauft.”
„Ich nehme an, sie ist hierher gezogen, um in deiner Nähe zu sein?”, fragte Elijah.
„Ja, aber sie hat auch ihr ganzes Leben lang Pferde gehabt. Sie hat mir erzählt, dass sie die Ranch gekauft hat, um sich niederzulassen. Sie will einen Mann finden und eine Familie gründen, solche Sachen eben.”
Kiley biss sich auf ihre Lippe und Elijah konnte sehen, dass sie überlegte, ihm mehr zu erzählen. Nach einem Moment schien sie nachzugeben.
„Ich zeig dir was”, sagte sie. Sie drehte sich um und stellte die fertigen Sandwiches auf den Tisch. „Lass mich mein iPad holen.”
Sie verschwand für einen Moment und kam mit ihrem iPad zurück. Sie machte es an und öffnete eine App und reichte es dann Elijah. Er nahm ihr iPad und schaute sich die Seite an. Seine Augenbrauen zogen sich nach oben.
„CupidOnTheProwl.com?”, las er laut vor und schüttelte seinen Kopf.
„Ja, eine Datingseite”, sagte Kiley. „Natürlich nur für Wölfe.”
Elijah scrollte herunter und fand ein großes Foto von Ivy, die neben ihrem Appaloosa stand. Er klickte sich durch ihre Fotos und blickte finster, als er zu einem Bild kam, das sie auf einem Bett sitzend zeigte und auf dem sie nichts weiter als schwarze Dessous und eine weiße Seidenrobe trug. Ihr langes blondes Haar breitete sich auf einem dunkelblauen Kissen aus.
„Meine Güte”, murmelte er. Das Bild rührte etwas in ihm, rührte besonders seinen Wolf und er musste daran denken, wie viele weitere Männer dieses Foto gesehen hatten und vermutlich ebenfalls verwirrt davon waren.
Er schaute sich die Informationen an und nahm das wenige auf, was Ivy dort geschrieben hatte.
Hausmann, Geld spielt keine Rolle, nur für ein paar Jahre Beziehung, sollte sofort bereit für Kinder sein…
Elijah grunzte, als er das letzte bisschen las, nur um sich ganz sicher zu sein.