Nicht um mein Leben fleht' ich ja so lang;
Ich Arme starb, als Bassianus fiel.
Tamora.
Was batst du denn? Hinweg, du töricht Weib!
Lavinia.
Den schnellsten Tod erfleh ich, und noch eins,
Was Frauenmund nicht auszusprechen wagt:
Hemm ihre mehr als mörderische Lust! –
Oh, senke mich in eines Sumpfes Pfuhl,
Wo nie ein menschlich Auge mich erspäht;
Das tu, und sei barmherzge Mörderin!
Tamora.
So brächt ich meine Söhn um ihren Ruhm?
Nein, laß sie nehmen, was ihr Eigentum!
Demetrius.
Fort, schon zu lange hieltst du uns zurück.
Lavinia.
Kein Mitleid? Keine Scham? O viehisch Weib!
Feindin und Schmach für unser ganz Geschlecht!
Vernichtung fall –
Chiron (schleppt sie fort).
Dann stopf ich dir den Mund. – Bring du den Gatten;
In diese Höhle hieß ihn Aaron bergen. (Sie gehn ab.)
Tamora.
Geht Söhne, schafft sie mir in Sicherheit.
Und wahrlich, nimmer soll mein Herz sich freun,
Bis Titus' ganzer Stamm hinweggetilgt.
Zu dir nun, liebster Mohr, will ich mich wenden,
Indes die Knaben jene Dirne schänden. (Ab.)
VIERTE SZENE
Daselbst
Es treten auf Aaron, Quintus und Marcius
Aaron.
Kommt, wackre Herrn, folgt mir in schnellster Eil,
Ich bring euch zu der finstern Grube gleich,
Wo ich den Panther fest im Schlafe sah.
Quintus.
Was es auch deute, trübe ward mein Blick.
Marcius.
Und meiner wahrlich auch: schämt ich mich nicht,
Ich ließe gern die Jagd und schliefe hier.
(Marcius fällt in die Grube.)
Quintus.
Was, fielst du? Welche tücksche Gruft ist dies,
Der wild Gesträuch die Mündung ganz bedeckt,
Auf dessen Blättern jüngst vergoßnes Blut
So frisch, wie Morgentau im Blütenkelch?
Mir scheint, voll böser Ahnung ist der Ort! –
Sag, Bruder, fühlst du Schmerz nach deinem Fall?
Marcius.
O Bruder, durch das schrecklichste Gesicht,
Des Anblick je ein Herz zum Jammer zwang.
Aaron (beiseite). Den Kaiser hol ich jetzt, sie hier zu finden,
Daß er nach äußerm Schein vermuten muß,
Sie seiens, die den Bruder ihm erschlagen. (Ab.)
Marcius.
Was tröstest du mich nicht und hilfst mir fort
Aus dieser schnöden, blutbefleckten Gruft?
Quintus.
Ohnmächtig bin ich durch seltsame Furcht,
Die Glieder zittern kalt im Todesschweiß,
Mein Herz argwohnt mehr, als mein Aug erspäht.
Marcius.
Damit du siehst, du habst ein ahnend Herz,
Aaron und du, seht in die Höhl herab
Und schaut ein gräßlich Bild von Blut und Tod.
Quintus.
Aaron ist fort, und mein beängstigt Herz
Gestattet meinem Auge nicht, zu sehn,
Was in der Ahnung ihm entsetzlich dünkt.
O sag mir, was es sei, denn nie zuvor
War ich ein Kind, zu scheun, ich weiß nicht was.
Marcius.
Prinz Bassianus liegt in Blut getaucht
Am Boden da, wie ein geschlachtet Lamm,
In der verfluchten dunkeln Gruft des Mords!
Quintus.
Wenns drin so dunkel, wie erkennst du ihn?
Marcius.
Am blutgen Finger trägt er einen Ring
Von seltnem Preis, der rings die Höhl erhellt,
Wie eine Kerz in dunkler Totengruft
Auf seiner Leiche fahles Antlitz scheint,
Und zeigt der Grube scheußlich Eingeweide.
So bleich auch schien der Mond auf Pyramus,
Als er gebadet lag in Mädchenblut!
O Bruder, hilf mir mit kraftloser Hand
(Wenn Furcht dich kraftlos machte, so wie mich)
Der bösen Mörderhöhle zu entfliehn,
So gräßlich, wie Cocytus' trüber Schlund.
Quintus.
Gib mir die Hand, daß ich dir helf empor;
Und reicht die Kraft nicht aus, dir beizustehn,
Fall ich wohl selbst in dieses tiefen Pfuhls
Verhaßten Schoß, der Bassian verschlang. –
– Ich bin zu schwach, zum Rand dich aufzuziehn!
Marcius.
Und ich erklimm ihn ohne Beistand nie!
Quintus.
Nochmals die Hand: ich laß dich nicht mehr los,
Bis du hinaufsteigst, oder ich hinab:
Du kommst zu mir nicht, so komm ich zu dir!
(Er fällt in die Grube.)
Saturninus und Aaron kommen.
Saturninus.
Heran, mir nach: ich will die Höhle sehn
Und wer es war, der eben sprang hinab. –
Sag an, wer bist du, der sich hier verbarg
In diesen gähnend offnen Rachen: spricht –
Marcius.
Des alten Titus jammervoller Sohn,
Zu höchst unselger Stund hieher geführt,
Bassianus, deinen Bruder, tot zu sehn.
Saturninus.
Mein Bruder tot? Ich weiß, es ist nur Scherz:
Er und Lavinia sind im Jagdgezelt,
Im Norden dieses