Drachenzähmen leicht gemacht (3). Strenggeheimes Drachenflüstern. Cressida Cowell. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Cressida Cowell
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Drachenzähmen leicht gemacht
Жанр произведения: Детская фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783401806457
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war einmal ein nebliger Tag in einem kalten, kalten Land vor langer, langer Zeit, als sieben kleine Wikingerboote tapfer durch ein Meer fuhren, das Wotans Badewanne genannt wurde. Der Nebel hatte Friedland im Norden und die Insel Berk im Süden verschluckt und eigentlich auch so ziemlich alles andere, sodass die Boote wie kleine Himmelsschiffe aussahen, die die Erde unter sich gelassen hatten und durch das Wolkenmeer ganz hoch oben am Himmel segelten.

      Im ersten Boot, der Fettsau, hockte Grobian der Rülpser, ein fast zwei Meter großer Hüne in winzigen Fellshorts. Seine Beinmuskeln waren so enorm, dass sie wiederum eigene Muskeln brauchten, und sein Bart sah aus wie ein vom Blitz erschlagener Igel. Grobian war der Klassenlehrer des Seeräuberausbildungsprogramms der Insel Berk und dieser Törn durch den Nebel gehörte zum Feindliches-Schiff-kapern-Unterricht.

      In jedem der sechs Boote, die der Fettsau folgten, hockten zwei Jungen. Diese Jungen waren Grobians Schüler, jugendliche Angehörige des Stammes der Räuberischen Raufbolde.

      »OKAY, IHR WIDERLICHEN POPEL VON WEIBERROTZ!«, brüllte Grobian so laut, dass man mehrere Meilen jedes Wort verstehen konnte. »WIR WERDEN JETZT ÜBEN, WIE MAN EIN FEINDLICHES SCHIFF KAPERT, UND ZWAR AN EINEM GANZ EINFACHEN OBJEKT, NÄMLICH EINEM FRIEDLÄNDISCHEN FISCHERBOOT! KANN SICH EINER VON EUCH AN DAS ERSTE SEERÄUBERÜBERFALLSGESETZ ERINNERN?«

      »DER FEIND MUSS ÜBERRUMPELT WERDEN, KOMMANDANT!«, bellte Rotznase, ein großer, widerlich geschniegelt aussehender Junge mit gigantischen Nasenlöchern und einem frisch sprießenden Schnurrbart.

      »Sehr gut, Rotznase«, schnurrte Grobian der Rülpser und brüllte dann in voller Lautstärke weiter: »IN EINEM SO DICHTEN NEBEL HAT EUER BEUTESCHIFF NICHT DEN HAUCH EINER CHANCE, EUCH KOMMEN ZU SEHEN!« Nicht nötig, sie können uns ja hören, dachte Hicks der Hartnäckige vom Hauenstein der Dritte düster und versuchte mit dem Blick den Nebel zu durchdringen. Außer natürlich, wir haben das Glück, einem stocktauben friedländischen Fischer durch den Kurs zu kreuzen.

      Hicks der Hartnäckige vom Hauenstein der Dritte ist, was vielleicht ein wenig erstaunlich klingen mag, der Held dieser Geschichte. Erstaunlich deshalb, weil einem bei Hicks als Erstes auffiel, dass er so ganz, ganz gewöhnlich aussah. Er war eher klein und hatte ein mit ein paar Sommersprossen verziertes, absolut durchschnittliches Gesicht, das man in einer Menschenmenge jederzeit und überall übersehen würde.

      Sein Drache Ohnezahn, der in diesem Augenblick vorne unter Hicks’ Hemd schlief, sah genauso durchschnittlich aus wie sein Herrchen. Das einzig wirklich Bemerkenswerte an Ohnezahn war, dass er so bemerkenswert klein war. Er war höchstens halb so groß wie die Drachen der anderen Jungen.

      Und wie du dir sicher vorstellen kannst, war das nicht gerade etwas, womit man angeben konnte.

      Grobians Gebrüll hatte den kleinen Drachen aufgeweckt. Er streckte die Schnauze aus dem Kragen von Hicks’ Oberhemd. »Wa-wa-was ist lo-lo-los?«, fragte er schläfrig auf Drachenesisch*.

      »Ach, nur das Übliche«, flüsterte Hicks zurück und kraulte Ohnezahn hinter den Hörnern. (Der kleine Drache mochte das.) »Grobian brüllt, Rotznase gibt an und wir anderen treiben in Nebel und Kälte herum, statt gemütlich zu Hause vor dem Feuer zu sitzen … du kannst weiterschlafen, wenn du magst.«

      Ohnezahn kicherte. »Die spi-spi-spinnen, die Wi-Wi-Wikinger, verrückt wie die Ma-Ma-Makrelen. We-we-weck Ohnezahn auf, wenn’s was zu fressen gibt …« Und er verkroch sich wieder in dem netten warmen Plätzchen neben Hicks’ linker Achselhöhle und machte die Augen zu.

      Zusammen mit Hicks im Boot saß sein bester Freund Fischbein, der noch magerer als Hicks war und wie ein Weberknecht mit Asthma und Silberblick aussah. Fischbein streckte die Hand in die Luft.

      »Ist ja wirklich gut, Kommandant, dass sie uns nicht kommen sehen«, bemerkte er logischerweise. »Aber wie sollen wir sie im Nebel sehen, um sie kapern zu können?«

      »Kinderleicht, du Mückenhirn«, dröhnte Grobian sehr selbstzufrieden. »Friedländischen Fischerbooten folgen immer Schwärme von Schwarzschwanzdrachen, die auf die Abfälle warten. Ihr müsst also bloß dem Lärm folgen, den sie machen, und dann findet ihr auch das Fischerboot. Dann müsst ihr nur noch das Boot entern und den Kriegsruf der Raufbolde brüllen, macht alle mal nach: JAAAAAAAAH!«, brüllte Grobian der Rülpser.

      »JAAAAAAAH!«, brüllten die Jungen zurück und fuchtelten wie Verrückte mit ihren Schwertern herum.

      »Jaaaaaah«, seufzten Hicks und Fischbein ohne große Begeisterung.

      »Die Friedländer haben eine Heidenangst vor uns Raufbolden. Wotan allein mag wissen, warum … Also, Jungs, ihr stehlt ihnen einen Helm zum Beweis, dass ihr die Übung erfolgreich abgeschlossen habt, und meldet euch dann bei mir! DIE SACHE IST LEICHTER, ALS EINEM BABY DEN SCHNULLER ZU KLAUEN!«, donnerte Grobian der Rülpser.

      »Oh, fast hätt ich’s vergessen«, lachte er dann unbekümmert. »Da ist noch was, und das solltet ihr auf keinen Fall vergessen: UNTER KEINEN UMSTÄNDEN DÜRFT IHR AUS DIESER BUCHT GERATEN. Das ist SEHR WICHTIG, denn nicht weit von hier in südlicher Richtung verläuft der Sommerstrom, ein Warmwasserstrom, und ihr wisst doch sicher, was im Sommerstrom lebt …«

      »Haiwürmer.« Fischbein verschluckte sich fast.

      »Stimmt, Fischbein«, dröhnte Grobian. »Ich vermute mal, dass uns unser Naturkundefachmann Hicks etwas über die Haiwürmer zu berichten weiß.«

      »Aber klar doch, Kommandant«, antwortete Hicks geflissentlich, denn er freute sich immer, wenn er eine Frage über sein Lieblingsthema – Drachen – beantworten durfte.

      Er zog ein kleines, schäbiges Notizbuch aus der Tasche, auf dem in großen krakeligen Buchstaben Drachensprache leicht gelernt geschrieben stand. In diesem Buch notierte sich Hicks alles, was er über die drachenesische Sprache erfuhr, und außerdem auch Beschreibungen verschiedener Drachenarten und ihrer Lebensgewohnheiten.

      »Nun«, sagte Hicks, der zugegebenermaßen gewisse Schwierigkeiten beim Entziffern seiner eigenen Handschrift hatte, »Haiwürmer sind eine Drachenart, die Haien wirklich sehr ähnlich sieht. Ausgewachsen erreichen sie eine Länge von bis zu sechs Metern und sie haben mindestens fünf Zahnreihen …«

      »GEHT’S NICHT EIN BISSCHEN SCHNELLER UND EINFACHER, JUNGE?«, brüllte Grobian.

      »Sie sind ausgesprochene Fleischfresser und fressen nicht nur Abfälle, die sie von Schiffen herunterreißen, sondern sie entern auch Boote und Schiffe und greifen die Besatzung an … An Land laufen sie viel schneller als Menschen … äh… Ich schlage vor, Kommandant, dass wir die Gegend schleunigst verlassen, falls auch nur der HAUCH einer Möglichkeit bestehen sollte, dass wir hier Haiwürmern begegnen.«

      »Um Wotans willen, Junge«, grinste Grobian der Rülpser, »wer so denkt, sollte sich erst gar nicht hinterm Ofen hervorwagen. Ich bilde euch hier zu Seeräubern aus, nicht zu Weicheiern.«

      »Und was ist, wenn wir uns verirren, Kommandant?«, flehte Fischbein.

      »Verirren?«, schnaubte Grobian. »VERIRREN! Wikinger VERIRREN sich niemals!«

      »Ehrlich, Kommandant«, spottete Rotznase verächtlich, »ich weiß gar nicht, warum Ihr Hicks den Nutzlosen und seinen fischbeinigen Versager von einem Freund nicht endlich aus dem Stamm hinauswerft! Sie sind eine Schande für uns alle!«

      Hicks und Fischbein starrten unglücklich vor sich hin.

      »Ich meine, schaut Euch doch nur mal ihr Boot an, Kommandant!«, fuhr Rotznase, triefend vor Verachtung, fort.

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      »Wir sind Wikinger, Kommandant, die größten Schiffsbauer, die es im gesamten Altertum jemals gegeben hat, Kommandant! Mit einer Nussschale wie dem Ding hier machen wir uns doch nur lächerlich!«

      »Du hältst dich wohl für besonders schlau, Rotznase«, erwiderte Hicks mit fester Stimme, »aber dieses Boot kann schneller fahren, als du denkst. Die äußere Erscheinung ist nicht alles,