Alpendöner. Willibald Spatz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Willibald Spatz
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783839268261
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sagen, weil sie sich kannten, jetzt, während sie pissten.

      »Und?«

      »Passt schon«, sagte Birne und schüttelte seinen Pimmel und dachte, dass er lang schon nichts anderes mehr damit angestellt hatte.

      »Haben sie Fingerabdrücke genommen?«, fragte Hans und schüttelte auch.

      »Denk schon.« Was hatten die hier alle mit ihren Fingerabdrücken? Fingerabdrücke allein beweisen gar nichts.

      »Schon krass«, sagte Hans und trocknete seine Finger an einem Papierhandtuch, das davon sofort nass durchsichtig wurde und sich in Fetzen auflöste. »Ich werde es jetzt dann packen, muss heim zu meiner Frau, sonst holt die sich den Nachbar zum Wärmen ins Bett.« Das war ein Witz, Birne lachte so fest er konnte mit dem Sexualkomiker vor ihm, er hatte ja niemanden hier, er wäre zum Wärmen schon in Hans’ Fraus Bett gekrochen.

      Hans verabschiedete sich am Tisch, indem er sich mit denselben Worten wie auf dem Klo entschuldigte. Die anderen fanden es klasse. Bruno schlug ihm vor, wiederzukommen, wenn der Nachbar schon da sei. Werner empfahl ihm, den Nachbar rauszuschmeißen und ihn zu seiner – Werners – Frau zu schicken, dann habe er seine Ruhe; und wenn der Nachbar sich nicht dumm anstelle, sogar mehr als eine Nacht. »Aber Obacht, die Meinige ist einiges gewohnt, da muss er sich anstrengen.«

      Birne setzte sich brav zu seinem neuen Weizen und nahm sich dringend vor, eine Ader für diese Art von Humor zu entwickeln.

      Bruno war völlig hinüber, schrie und schlug um sich, forderte neue Schnapsrunden, zahlte selbst manchmal, verfluchte die Frauen, lobte den Alkohol. Werner musste ebenfalls unglaublich besoffen sein, man merkte ihm aber nichts an. Erwin trank Weinschorle, langsam wie Birne, er sagte kaum was, wie Birne. Der fand es nun an der Zeit, das Thema wieder aufzunehmen.

      »Bruno.«

      »Hm?«

      »Habt ihr schon ein Motiv?«

      »Es war Raubmord. So viel ist sicher.«

      Birne freute sich, er hatte in ein volles Fass gestochen.

      »Fehlt denn was?«

      »Das wissen wir noch nicht. Da muss morgen der Enkel kommen und überprüfen. Bin gespannt, aber es war Raubmord.«

      Werner versiegelte die Quelle wieder, indem er wissen wollte: »Habt ihr Fingerabdrücke?«

      »Fingerabdrücke, Fingerabdrücke. Wir von der Polizei haben da viel feinere Methoden heutzutage. Fingerabdrücke sind bei uns heutzutage reine Routine, eine Fleißaufgabe. Hast du eine Ahnung. Komm, auf die Fingerabdrücke saufen wir noch eine Runde. Und der junge Kollege mit.«

      »Danke, immer noch nicht«, lehnte Birne ab. Er war eben besserer Laune geworden.

      Man kann sagen, dass es schlimm endete. Insgesamt. Bruno schlief ein, kurz nachdem Erwin sich leise verzogen hatte. Werner schlug vor, ihn so zu lassen, sich aus dem Staub zu machen. Er bat Birne, ihn in seinem Auto heimzufahren, er könne gern bei ihm übernachten, müsse aber versprechen, seine Frau in Ruhe zu lassen. Birne lehnte das Angebot ab, bot ihm aber an, ihn nach Hause zu fahren, er freute sich auf einen kleinen Spaziergang.

      Werner über Bruno: »Über den brauchst du dich nicht zu wundern. Dem ist die Frau davon.« Das waren seine letzten Worte, bevor er aus dem Auto stieg, das heißt, er zögerte kurz, als ob ihm gerade einfiele, dass ihm seine letzten Worte peinlich sein sollten, weil ihm sein neuer Kollege Birne auch etwas von Frauen erzählt hatte, die ihn verlassen hatten.

      Und im Stehen neben dem laufenden Motor sagte er noch, damit Birne nicht etwa dachte, er gehöre jetzt auch zu den Leuten, bei denen man sich über nichts wundern müsse: »Dann geh ich jetzt mal rein zu meiner und hör mir an, was die zu sagen hat zu unserem Ausflug. – Stell das Auto da vorn an die Straße und vergiss nicht abzusperren – im Kofferraum ist ein Gewehr, das darf nicht in die falschen Hände kommen. Den Schlüssel kannst du mir in den Kasten schmeißen, mein Freund.«

      Freund – Birne hatte einen Freund hier. Eine gute Laune, die er sich zum Teil auch hergesoffen hatte mit zwei Weizen, trug ihn nach Hause – ins Mordhaus. Es waren 20 Minuten zu Fuß, das war in Ordnung, das war, was er wollte und gut vertragen konnte. Ein bisschen den Tag durchdenken, ein bisschen frische Luft, ein bisschen Alkohol abbauen, aber viel war’s ja nicht, das konnte ihm nichts anhaben morgen und seiner Birne. Birne grinste. Er schloss die Haustür auf, und seine Bewegungen wurden langsamer: Hinter der Tür der Ausländer brannte noch Licht, das hatte er von draußen gesehen, unter dem Licht wurde noch laut debattiert, das hörte Birne jetzt vor der Tür; er verstand nichts, es war zu leise durch die Tür, um einschätzen zu können, ob er hätte etwas verstehen können oder ob es eine andere Sprache sowieso gewesen wäre. Für die war das ja etwas Aufregendes, die hatten das nicht oft, auch nicht in der Heimat, da muss man sich nicht wundern, dass die noch diskutierten. Die würden ihn noch ansprechen, so etwas schweißt zusammen.

      Birne ging die Treppe nach oben, dachte: Wieso musste die alte Frau mit ihren Jahren im ersten Stock wohnen und sich diese Treppe für jede Tüte Milch, die sie einkaufte, hi­naufschleppen? Der hatte er den Schrank hinaufgeschleppt. Ob für sie an dieser Wohnung irgendeine Erinnerung hing? An ihren Mann? An die schönen Jahre?

      Dort, hinter dieser stummen Tür, hatte es sich ereignet, dort war das alte Blut geflossen nach den Stichen.

      Die Tür war versiegelt. Birne interessierte das, er ging vorsichtig hin, leise, als ob jemand im Treppenhaus lauschte, wie der Mörder zum Tatort zurückkehrte. Aber der saß ja praktisch schon, wenn jener Bruno keine Sprüche gemacht hatte. Das konnte auch sein. Birne fragte sich, ob er morgen wieder seine Zeitung haben würde, ohne früh aufstehen zu müssen und damit den kleinen, seinen Fall, auch gelöst hätte.

      Der Tür war nichts anzusehen von dem Verbrechen und auch nicht, dass die Polizei dahinter Spuren festmachte. Ob sie schon fertig waren? Birne wagte kaum zu atmen. Fingerabdrücke sollte er besser keine hinterlassen, aber was war mit DNA-Spuren seines Atems? Er schüttelte seinen Körper, als hätte ihn eine Kältewelle gepackt und lief dann zügig und laut nach oben zu seiner Wohnung, schloss krachend seine Tür auf und war dann daheim. 23.15 Uhr – konnte jetzt auch jedes wache Ohr in diesem Haus bezeugen, falls es noch mal zu einer Befragung kommen sollte.

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