Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 9. Martina Meier. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Martina Meier
Издательство: Bookwire
Серия: Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783960743293
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hatte, wagte er einen Blick nach unten. Gerade flogen sie noch über einen Wald, aber sie näherten sich dem Leuchten der Stadt. Und Jack konnte seinen Blick nicht mehr davon wenden. In den Übungsstunden waren sie meistens bei Tag geflogen und dann auch immer nur über Felder und Wälder.

      „Jack, konzentriere dich aufs Fliegen“, ermahnte ihn das Rentier neben ihm.

      Jack zuckte zusammen, als sein Name fiel, nickte aber.

      Mittlerweile hatten sie den Wald hinter sich gelassen und Jack spitzte immer wieder kurz nach unten. Wenn man den Laternen folgte, konnte man genau sehen, wo die Straßen verliefen. Kurz darauf flogen sie eine Kurve und Jack erblickte ein noch helleres Licht als die Straßenlaternen.

      Ein Tannenbaum, über und über behangen mit Lichtern, die die Nacht erhellten. Auf der Spitze blinkte ein Stern in verschiedenen Farben ...

      „JACK!“

      Jack versuchte sich den Schrecken nicht anmerken zu lassen und sah wieder nach vorne, wo Betty gerade das Kommando für eine Rechtskurve gab. Die Rentiere legten sich in die Kurve und für einen Moment verschwanden die Lichter vollkommen aus seinem Blickfeld. Als sie wieder geradeaus flogen, fiel Jacks Blick sofort auf den Stern. Doch im nächsten Moment stieß er mit zwei Rentieren zusammen, und als er begriff, dass sie bereits die nächste Kurve flogen, war es schon zu spät: Er spürte einen Ruck an seinem Geschirr und versuchte verzweifelt nach links zu ziehen, aber die anderen Rentiere hatten bereits das Gleichgewicht verloren. Der Schlitten schwankte von links nach rechts und die Last des Schlittens zog ihn nach unten. Am liebsten hätte er die Augen geschlossen, aber aus dem Augenwinkel sah er, dass einige Geschenke aus dem Schlitten fielen.

      Was hatte er nur getan?

      Wieso hatte er sich nicht auf seine Aufgabe konzentriert?

      „Geradeaus!“, rief der Nikolaus und augenblicklich zogen die Rentiere die Zügel stramm.

      Jacks Herz raste, aber er spürte, dass der Schlitten wieder ins Gleichgewicht gekommen war. Doch er traute sich nicht, irgendjemanden anzusehen. Er wusste, dass er riesen Ärger bekommen würde. Und dass sein erster Flug auch sein letzter sein würde. Wieso hatte er sich nur so ablenken lassen?

      „Wir landen auf dem Markt“, erklärte der Nikolaus nüchtern. „Wir müssen dort ein paar Geschenke einsammeln.“

      Jack entging nicht, wie die anderen Rentiere ihn ansahen. Aber er reagierte nicht, sondern folgte Bettys Anweisungen, die das Rudel in mehreren Kurven hinunter lotste, bis sie schließlich auf dem Markt landeten.

      Der Nikolaus stieg aus dem Schlitten und sammelte die Geschenke ein.

      „Was hast du dir nur dabei gedacht?“, fragte das Rentier neben ihm.

      „Es tut mir leid“, nuschelte Jack und sah zu Boden.

      „Weiter geht’s“, sagte der Nikolaus energisch und Jack war irritiert.

      Wieso schimpfte der Nikolaus nicht mit ihm? Oder wartete er nur, bis die Arbeit erledigt war?

      Für den Rest des Fluges konzentrierte er sich voll und ganz auf das Fliegen und die Anweisungen von Betty und dem Nikolaus. Sie landeten auf mehreren Dächern und der Nikolaus verschwand immer wieder in den Schornsteinen.

      Als sie alle Geschenke verteilt hatten, flogen sie zurück zum Nikolausdorf. Jack hätte sich am liebsten davongeschlichen, aber der Nikolaus hielt ihn zurück.

      „Es tut mir leid, Nikolaus“, versicherte Jack sofort.

      „Das glaube ich dir. Aber vielleicht verstehst du nun, wieso ich so lange zögere, euch vor den Schlitten zu lassen. Ich habe dich ausgewählt, weil du kräftig und schlau bist. Aber wie es scheint, bist du noch nicht erwachsen genug, um Vergnügen von Arbeit zu trennen. Und auch wenn ich verstehe, dass der Anblick der Stadt ein wunderbarer ist, darf das nicht dazu führen, dass du deine Aufgabe vergisst.“

      „Das heißt, ich darf nie wieder fliegen?“, fragte Jack traurig.

      „Das kann ich heute nicht entscheiden. Aber ich hoffe, dass dir dieser Flug und deine Unachtsamkeit eine Lehre sind. Zur Strafe verordne ich dir erneute Übungsstunden. Außerdem bist du für die nächsten zwei Jahre gesperrt. Aber wenn du fleißig und artig bist, hast du im dritten Jahr die Chance, wieder dabei zu sein.“

      Jack lächelte. Zwar hatte er sich gefreut, als er die Übungsstunden endlich abgeschlossen hatte. Aber er hatte mit diesem Flug Erfahrungen sammeln können, die ihm keiner mehr nehmen konnte. Und er würde alles dafür tun, um vom Nikolaus eine zweite Chance zu erhalten – auch weitere Übungsstunden. Und wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass es keine richtige Strafe war – sondern nur eine Chance, sich zu verbessern.

      Christina Emmerling wurde 1992 in Würzburg geboren, wo sie auch heute noch lebt. Bereits während der Schulzeit und später neben der Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten begeisterte sie das Schreiben. Neben Kurzgeschichten schreibt sie Fantasyromane und arbeitet derzeit an einer Trilogie. Ihre erste Kurzgeschichte wurde 2013 in einer Anthologie veröffentlicht.

      *

      Zu Besuch im Weihnachtswunderland

      „Och, das ist echt doof, dass noch kein Schnee liegt“, mault Pia, „wie soll denn da der Weihnachtsmann mit seinem Schlitten die Geschenke zu mir bringen?“ Trotzig stampft sie mit ihrem Fuß auf.

      „Meinst du etwa, dass nur du Geschenke kriegst? Ich möchte auch welche haben!“, ruft wütend ihr älterer Bruder aus dem Kinderzimmer.

      In der Küche steht unterdessen Jutta und backt einen Stollen. Sie hat das Wortgefecht ihrer Kinder gehört. „Kinder, an eurer Stelle würde ich mir um Weihnachten und eure Geschenke keine Gedanken machen. Es gibt für euch beide sicherlich kein einziges.“

      Wie von Blitz getroffen, kommt Maik in die Küche gesaust. „Wie? Was? Keine Geschenke? Du machst Witze, oder?“

      Schnell fügt Pia hinzu. „Genau, du verkohlst uns. Willst uns nur ärgern!“

      „Warum sollte ich euch verkohlen oder ärgern wollen? Wie kommt ihr denn nur darauf? Nein, es wird wohl so kommen, dass ihr beide Heiligabend auf einen leeren Gabentisch guckt.“

      Die viereinhalbjährige Pia und ihr fast zwei Jahre ältere Bruder sehen sich entsetzt an.

      „Wieso denn?“, will Maik wissen.

      „Na, ganz einfach! Weil ihr noch keinen Wunschzettel geschrieben habt!“, klärt die Mutter ihre Kinder auf, die mit weit aufgerissenen Augen vor ihr stehen. „Könnt ihr mir mal verraten, wie der Weihnachtsmann wissen kann, was ihr euch wünscht? Was soll er denn seinem Christkind sagen, was es für euch besorgen muss? Und wenn es kein Geschenk besorgt, dann brauchen die fleißigen Engelchen für euch auch nichts einpacken. Also wird der Schlitten mit Rudolf dem Rentier, dem Weihnachtsmann samt der vielen Geschenken an unserem Haus vorbeifahren und nicht anhalten.“

      Pia ist aufgeregt und zuppelt nervös an ihrem Pulli. „Menno, ich kann ja gar nicht schreiben!“

      „Stimmt, das kannst du noch nicht, Pia. Aber du könntest dem Weihnachtsmann ein Bild malen. Oder des Abends, wenn du dein Nachtgebet spricht, ihm sagen, was du dir zu Weihnachten wünschst.“

      „Mama, und was soll ich machen?“, möchte Maik wissen.

      „Ganz einfach. Du sagst mir, was du dir wünschst. Ich schreibe es vor und du schreibst es ab. Das machst du doch sonst auch. Aber gar keinen Wunschzettel für den Weihnachtsmann fertig zu machen, das ist nicht schön.“

      Inzwischen haben sich Maik und Pia auf ihre Stühle gesetzt. In der Küche kann man eine Stecknadel fallen hören, so ruhig ist es. Die Kinder überlegen und sagen kein einziges Wort mehr. Jutta hat den Stollen fertig und will ihn gerade aufs Backblech legen, als Maik freudestrahlend ruft: „Komm mit, Pia, ich habe eine Idee!“

      Beide springen von ihren Stühlen hoch und verschwinden in Maiks Kinderzimmer.