• Utilisation: Die individuellen Merkmale (z. B. Werthaltungen) und Interaktionsmuster (z. B. Kontrollbedürfnis) inkl. des Symptoms und des Widerstands werden für die Veränderung genutzt. Ein Sonderfall der Utilisation ist die Technik des »Pacing« und »Leading«, wobei der Therapeut den Patienten zunächst spiegelt und dann allmählich kleine Veränderungen in die Darstellung einfließen lässt.
• Minimale Veränderung mit Kaskadeneffekt: Um die Veränderung einzuleiten, wird oft an einer scheinbar irrelevanten Stelle, auf die Patienten nicht vorbereitet sind, sozusagen auf einem Nebenschauplatz begonnen. War das erfolgreich, ergibt sich u. U. eine Neuorganisation des Gesamtsystems im Sinn eines Kaskadeneffektes.
• Destabilisierung: Um das Aufgeben festgefahrener Positionen und Verhaltensmuster zu erleichtern, kann durch affektive, kognitive oder interaktive Destabilisierung im Rahmen einer Konfusion die mentale Beweglichkeit des Patienten wiederhergestellt werden. In der Folge ist die Problemlösung oder Annahme einer Suggestion erleichtert. Destabilisierung eignet sich als therapeutisches Prinzip bei Vorliegen einer rigiden Persönlichkeitsstruktur. Bei emotionaler Instabilität hingegen, bei der es eher um Förderung einer besseren Strukturiertheit geht, ist eine Destabilisierung nicht empfehlenswert.
• Beiläufigkeit: Um den Widerstand zu umgehen hat Erickson diverse Kommunikationsmuster eingeführt, die die relevante Information indirekt vermitteln (Einbettung, Implikation, Stellvertreter, Negation der Negation, Pacing und Leading).
• Schutz des Unbewussten: In hypnotischer Trance gefundene Lösungen können manchmal noch nicht in die Rationalität des Alltagsdenken integriert werden. In diesem Fall sollte eine implizite Konsolidierung der Inhalte gefördert werden. Dazu erweist sich eine vorläufige oder teilweise Amnesie bzw. Ablenkung vom Thema und die Verwendung unwillkürlicher Körperreaktionen als implizites Signalsystem (Ideomotorik) nützlich, bis eine Konsolidierung stattgefunden hat. Dem entspricht in der psychodynamischen Psychotherapie das Phänomen von zu früh angebotenen Probedeutungen, die vom Patienten ignoriert werden, weil sie unliebsame Gefühle, Loyalitäten etc. berühren.
• Nichtwissen und Absichtslosigkeit: Um den Patienten in seiner Kreativität und Selbstheilungskompetenz nicht zu behindern, legte Erickson es nahe, sich als Therapeut soweit wie möglich von diagnostischen Kategorien und von Hypothesen über Motive und Ziele des Patienten freizuhalten bzw. sie kurzfristig zu revidieren. Allerdings ist für depressive Menschen Kreativität ebenso wie Entscheidungsfähigkeit oft eine Überforderung. Daher ist es speziell bei Depressiven oder anderen Menschen in verzweifelter Situation wie bei akutem Trauma oder Verlust u. U. sinnvoll, ihnen direkt und zielorientiert mit Rat und Tat praktisch zur Seite zu stehen.
• Direkte Suggestionen z. B. als posthypnotische Aufträge und indirekte Suggestionen durch Bilder und Metaphern oder eingestreute Suggestionen.
• Anregung von Suchprozessen, bei denen der Hypnotherapeut den Patienten zu Projektionen anleitet (Bildschirmtechniken), bei der progressiven Entwicklung von Zukunftsvisionen oder der regressiven Suche nach Ressourcen bzw. der Aufarbeitung von belastenden Situationen in Trance begleitet.
• Nutzung ideomotorischer Signale als Quelle des impliziten Wissens.
Bei der Anwendung dieser Prinzipien wird klar, dass durch die Einbeziehung unbewusster Prozesse auch das, was im emotionalen Gedächtnis in Form von Bindungsmustern gespeichert ist, in der Hypnotherapie berührt und genutzt wird. Und zwar zum einen als Erfahrungen, die im Hintergrund Handlungen und Befindlichkeit beeinflussen und Ressourcen für einen Veränderungsprozess darstellen, oder die korrigiert werden können. Zum anderen können die angelegten Beziehungsmuster, ohne explizit analysiert zu werden, bei der Gestaltung der therapeutischen Beziehung berücksichtigt werden. D. h., es ist die Psychodynamik der Störung des Patienten und die Beziehung zwischen Patient und Hypnotherapeut (Übertragung und Gegenübertragung) zu beachten. Denn es sollte im Blick behalten werden, dass der Zustand der hypnotischen Trance mit erhöhter Vulnerabilität und vermehrtem Vertrauen zum Therapeuten einhergeht. Manche Techniken sind daher vor allem für Menschen mit guter Integration der Ich-Funktionen hilfreich und müssen im Falle einer geringer integrierten Ich-Struktur im Sinne einer stärkeren Führung und Strukturvorgabe der Suggestionen modifiziert werden (
Zusammengefasst: Wichtig ist, sich während des gesamten Therapieprozesses an den Zielen, Symptomen, den Bedürfnissen und Besonderheiten jedes einzelnen Patienten zu orientieren und innere Suchprozesse anzuregen und nicht pädagogisch, didaktisch oder intellektualisierend vorzugehen. Das bedeutet, dass alle Module mit den aktuellen und konkreten Themen und Problemen des Patienten abgeglichen und auf diese bezogen werden. Hierbei helfen neben dem, was der Patient sprachlich ausdrückt, auch – insbesondere während des Trancezustandes – die körperlichen Reaktionen (Atmung, Mimik) sowie ideomotorische Signale.
2.3 Hypnotherapeutische Basisstrategien
Hypnose ist, obwohl die älteste, auch eine zeitgemäße Therapieform, weil sie in sehr praktischer Weise von einer psychosomatischen Ganzheit ausgeht. Sie nimmt außerdem eine Brückenfunktion zwischen Medizin und Psychologie ein, da sie somatische und psychische Prozesse ineinander verwebt. Hypnotherapie ist in ihrem Ansatz sowohl psychodynamisch wie systemisch und entspricht in vielen ihrer Annahmen einem humanistischen Menschenbild. Da Hypnose eine vielseitige Kommunikationsform ist, erleichtert sie den Zugang zu diversen Schichten des Erlebens. In Spektrum der unterschiedlichen Manifestationen der Depression (somatisch, kognitiv, affektiv, sozial) sollte die Therapie zunächst an der Stelle ansetzen, an welcher der Patient am ehesten zugänglich ist, und später dort, wo die größeren Hürden für seine Entwicklungsmöglichkeiten liegen. Hypnotherapie ist, wie bereits gesagt, im Allgemeinen weniger an Ursachenforschung und Diagnostik und mehr an Problemlösung und Mobilisierung von Ressourcen orientiert. Daraus resultiert ein starkes Interesse an der Individualisierung des therapeutischen Angebots.
Hypnotherapie geht auf verschiedenen Ebenen mit dem Problem des Patienten um. Auf der Symptomebene z. B. kann man damit bei einem depressiven Menschen die Aktivierung im Alltag fördern. Auf der Konfliktebene kann man die Bewältigung einer früheren Erfahrung hypnotisch unterstützen, z. B. den Konflikt mit einem abwertenden Vater. Es kann eine explizite Lösung des Problems angestrebt werden, wenn das Ziel und der Lösungsweg bekannt sind: z. B. die Bereitstellung eines »Sicheren Ortes« zur Stabilisierung. Und es kann implizit nach einer Lösung gesucht werden, wenn der Weg und das Ziel nicht klar sind, z. B. bei Entscheidungsprozessen. Die implizite Unterstützung kann auf mindestens zwei Arten geschehen, nämlich durch ideomotorisches Befragen des Unbewussten, d. h. des impliziten (stillen) Wissens nach Polanyi (1985) mit Hilfe von unwillkürlichen Körperreaktionen (etwa Fingersignalen oder Handlevitation,