Berthel und Becker betrachten Maßnahmen der Kategorie Out-of-the-Job nicht als Beitrag zur Personalentwicklung, weil sie ihrer Meinung nach nicht »der unmittelbaren betrieblichen Zielerreichung« (Berthel/Becker, 2017: 546) dienen. Dem ist zu widersprechen. Im Folgenden wird sowohl für das Outplacement als auch für die Ruhestandsvorbereitung dargelegt, dass beide Maßnahmen sowohl direkt als auch indirekt positive Auswirkungen auf das Unternehmen haben und es damit sehr wohl wert sind, im Rahmen der Personalentwicklung durchgeführt zu werden.
2.4.3.1 Outplacement
Outplacement kann eingesetzt werden, wenn der Trennungsprozess von einem Mitarbeiter eingeläutet wurde (vgl. Bartscher/Nissen, 2017: 501) und der Austritt des Mitarbeiters aus dem Unternehmen in den Arbeitsmarkt bevorsteht (vgl. Schmeisser u. a., 2013: 78). Dabei kann der Austritt in den Arbeitsmarkt freiwillig oder unfreiwillig erfolgen. Kündigt der Mitarbeiter selbst, so wird das Unternehmen keine Veranlassung haben, den Mitarbeiter auch noch bei der Suche nach einer neuen Stelle zu unterstützen. Erfolgt der Austritt in den Arbeitsmarkt hingegen unfreiwillig, d. h. das Unternehmen kündigt dem Mitarbeiter, so sollten die Entscheidungsträger im Unternehmen darüber nachdenken, dem Mitarbeiter Unterstützung im Rahmen von Outplacement anzubieten.
Eine Kündigung ist mit sozialen Härten verbunden, die im Rahmen des Outplacements verringert werden sollen. Der Arbeitgeber kann den Mitarbeiter z. B. bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz tatkräftig unterstützen. (vgl. Dillerup/Stoi, 2013: 605) Konkrete Maßnahmen, die im Rahmen des Outplacements vom Unternehmen selbst durchgeführt werden können, sind
• das Angebot eines Bewerbungstrainings,
• die psychologische Betreuung des Mitarbeiters und
• die bezahlte Freistellung von der Arbeit für den Zeitraum, in dem ein Bewerbungsgespräch ansteht. (vgl. Dillerup/Stoi, 2013: 616)
Darüber hinaus kann das Unternehmen den Kontakt zu einem professionellen Berater vermitteln, der dann eine sog. Outplacementberatung durchführt (vgl. Boenig, 2015: 1). Manche Unternehmen überlassen es dem Mitarbeiter selbst, sich eine Beratungsgesellschaft seines Vertrauens zu suchen, übernehmen aber die Kosten der Beratung bis zu einem vorher festgelegten Maximalbetrag (vgl. Boenig, 2015: 18).
Outplacementberatung findet zumeist als Einzelberatung statt, kann aber auch als Gruppenberatung durchgeführt werden (vgl. Boenig, 2015: 6). Gruppenberatung ist dann sinnvoll, wenn die Kündigung nicht nur einen einzelnen Mitarbeiter betrifft, sondern z. B. alle Mitarbeiter eines Geschäftsbereichs, weil dieser aus strategischen Gründen geschlossen wird, oder gar alle Mitarbeiter einer Tochtergesellschaft, weil diese sich in einem Insolvenzverfahren befindet.
Ein Unternehmen, das den gekündigten Mitarbeitern Outplacementleistungen anbietet, zeigt seine Fürsorgepflicht und betreibt damit sowohl in der Innen- als auch in der Außenwirkung Imagepflege. Es wird deutlich, dass das Unternehmen sich um seine Mitarbeiter sorgt und kümmert, auch über die Dauer des Arbeitsverhältnisses hinaus. (vgl. Boenig, 2015: 13)
Um es in den Worten der Personaldirektorin eines Produktionsunternehmens auszudrücken: »Eigentlich erwarten wir, dass die Trennung friedlich vonstattengeht und am besten sorgen Sie [Anmerkung: der Outplacementberater] dafür, dass wir alle keine Befürchtungen mehr haben und wir wieder an das Unternehmen glauben. Vielleicht kommen die Mitarbeiter ja auch in ein paar Jahren wieder, denn eigentlich dürfen wir auf das Know-how nicht verzichten.« (Boenig, 2015: 13).
Einen Einblick in den Einsatz von Outplacementberatung in der Unternehmenspraxis gibt das Interview mit der Outplacementberaterin Nina Lehmann:
Interview mit Nina Lehmann, Career Coach bei von Rundstedt & Partner GmbH zum Thema Outplacementberatung. Das Interview wurde von Ute Reuter geführt.
Wer beauftragt normalerweise die Outplacementberatung? Das Unternehmen oder der Mitarbeiter selbst?
Nina Lehmann: »Meistens wird die Beratung vom Unternehmen beauftragt. Wie z. B. bei Restrukturierungen, größeren Personalabbaumaßnahmen oder aber auch bei Kündigungen einzelner Mitarbeiter. Den Mitarbeitern wird dann im Rahmen eines Aufhebungsvertrags eine Outplacementberatung angeboten. In den letzten Jahren haben wir jedoch den Trend beobachtet, dass sich Mitarbeiter oder Führungskräfte auch vermehrt als sog. Privatzahler an uns wenden, entweder aufgrund einer Aufhebung des Arbeitsvertrages oder um die eigene Karriere weiterzuentwickeln. Mitarbeiter und Führungskräfte beschäftigen sich immer mehr mit ihrer eigenen Karriere und möchten diese aktiv mitgestalten. Sie fragen sich: Was sind meine Stärken und Kompetenzen, was bewegt mich, welche Werte sind mir wichtig, in welchen Bereichen kann ich meine Kompetenzen einbringen und stifte einen Mehrwert, welches berufliche Ziel ist der nächste Schritt in meiner Karriere.«
Wie läuft eine Outplacementberatung normalerweise ab? Bitte gib uns ein praktisches Beispiel aus Deiner Beratungserfahrung.
Nina Lehmann: »Die Beratung beginnt normalerweise mit der sog. Standortbestimmung. Dabei arbeiten wir mit unserem Klienten an den folgenden drei Fragestellungen: Was kann ich? Was will ich? Was braucht der Arbeitsmarkt? Daraus lässt sich dann die berufliche Zielsetzung ableiten. Die Standortbestimmung ist vor allem dann sehr wichtig, wenn sich der Klient andere Tätigkeitsinhalte oder einen Branchenwechsel wünscht. Ein Beispiel: In der Standortbestimmung habe ich mit einem Versuchsingenieur herausgearbeitet, dass es sein Wunsch war, eine Tätigkeit im Bereich Wissensvermittlung auszuüben. Hierfür brachte er die entsprechenden Kompetenzen mit, weshalb sich daraus die berufliche Zielsetzung des Berufsschullehrers ergab. Steht die Zielsetzung, erstellen wir im nächsten Schritt gemeinsam die schriftlichen Bewerbungsunterlagen. Danach wird an der mündlichen Kommunikation gearbeitet. Hierbei kommen auch Trainings, wie z. B. ein Interviewtraining zum Einsatz. Parallel dazu entwickeln wir mit dem Klienten eine Strategie, wie er die passende Position findet. Die Zugangswege zum Arbeitsmarkt sind abhängig von dem Berufsbild, dem Karrierelevel und der Branche und können sehr unterschiedlich sein. Von einer klassischen E-Mail-Bewerbung auf eine Stellenanzeige, über Bewerbungen an spezialisierte Personalberater, über eigene Netzwerke oder Social-Media-Netzwerke bis hin zur Initiativbewerbung gibt es heutzutage einen bunten Strauß an Möglichkeiten, eine neue Position zu finden. Dabei unterstützen wir unsere Klienten als Marktexperten und bereiten sie gezielt auf die Vorstellungsgespräche vor. Sobald der Klient dann einen Arbeitsvertrag vorliegen hat, beraten wir ihn bei der Entscheidungsfindung. Je nach Beratungsprogramm sogar darüber hinaus, während der Phase des sog. Onboardings in der Probezeit der neuen Position. Jeder Erfolg unserer Klienten ist ein ganz besonderer Erfolg und wird in unseren Niederlassungen mit dem Läuten der Jobglocke gefeiert.«
Wie lange dauert es, bis ein Mitarbeiter mit Hilfe von Outplacementberatung einen neuen Job findet?
Nina Lehmann: »Die Suchdauer bis zum Erfolg lag im Jahr 2018 im Durchschnitt bei 4,7 Monaten. Diese ist jedoch abhängig von der Branche, Funktion und Alter des Klienten. So liegt die durchschnittliche Suchdauer bei einem Klienten im Alter von 36-40 Jahren bei 3,8 Monaten, bei einem Klienten über 56 Jahren jedoch bereits bei 5 Monaten. In der Regel finden unsere Klienten mit unserer Hilfe doppelt so schnell einen neuen Job als ohne Beratung.«
Wovon hängt die Dauer des Beratungsprozesses in erster Linie ab?
Nina Lehmann: »Die Dauer des Beratungsprozesses ist, wie soeben beschrieben, abhängig von Faktoren wie der Funktion, der Branche, der Hierarchieebene, sowie regionalen Besonderheiten, der Mobilität und Umzugsbereitschaft. Darüber hinaus ist die Dauer durch das gewählte Beratungsprogramm bedingt: Zeitlich limitierte Programme starten bei einem 4-Monats-Paket und andere gehen über 6-12 Monaten. Andere Klienten beraten wir zeitlich unlimitiert, d. h. so lange bis sie einen neuen Job gefunden haben und