Die Abtei von Northanger. Jane Austen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jane Austen
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969443033
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drei Monate hier. Darum rate ich meinem Mann auch, es mit der Heimreise nicht so eilig zu haben.«

      Hier wurden sie von Mrs. Thorpes Bitte unterbrochen, , doch ein wenig zusammenzurücken, um für Mrs. Hughes und Tilney Platz zu machen. Man richtete sich dementsprechend ein, während Mr. Tilney immer noch vor ihnen stand und nach kurzer Überlegung Catherine um einen Tanz bat, eine Aufmerksamkeit, die Catherine zwar sehr glücklich machte, aber in eine zwiespältige Lage brachte. Und die Absage verriet so viel tiefes Bedauern, daß er ihren Schmerz für übertrieben gehalten hätte, wäre Thorpe, der wenig später erschien, nur eine halbe Minute früher gekommen. Thorpes nachlässige Entschuldigung söhnte sie keineswegs mit dem teilweise Versäumten aus, wie sie auch nicht die Einzelheiten über die Pferde und Hunde seines Freundes, mit dem er sich soeben unterhalten hatte, oder die Tatsache interessierte, daß er mit ihm einen Terrier tauschen wolle. Sie schaute immer wieder in die Ecke des Saales zurück, wo sie Mr. Tilney zurückgelassen hatte. Sie hätte ihrer lieben Isabella den jungen Herrn besonders gern gezeigt, aber sie entdeckte nichts von ihr, denn sie befand sich in einem anderen Karree, fern von all ihren Bekannten. Eine Demütigung folgte der anderen, und sie zog daraus die traurige Lehre, daß eine vorzeitige Aufforderung zum Tanz einer jungen Dame nicht unbedingt zu Ansehen und Freude gereichen muß. Aus diesem moralisierenden Gedankengang schreckte sie durch eine Berührung an der Schulter auf. Sich umwendend, erblickte sie Mrs. Hughes, Miß Tilney und einen jungen Herrn. »Verzeihen Sie mir die Störung, Miß Morland, aber ich suche vergebens Miß Thorpe, und da meinte Mrs. Thorpe, Sie seien damit einverstanden, wenn ich diese junge Dame bei Ihnen einreihen würde.« Mrs. Hughes hätte im ganzen Saal keinen zweiten Menschen finden können, der ihrem Wunsche mit größerer Freude entsprochen hätte als Catherine. Die beiden jungen Damen wurden einander vorgestellt, Miß Tilney bedankte sich gebührend für die erwiesene Güte, und Miß Morland versicherte mit dem ganzen Takt einer großzügigen Seele, das sei doch eine Kleinigkeit. Hughes kehrte zu ihren Bekannten zurück, befriedigt über, ihren Schützling so gut untergebracht zu haben. Miß Tilney hatte eine hübsche Figur, ein reizendes Gesicht und ein sehr freundliches Wesen. Ihr Äußeres entsprach zwar nicht dem Stil von Miß Thorpe, aber sie besaß mehr wirkliche Eleganz. Ihr Gebaren war ausgeglichen und verriet beste Erziehung. Sie war weder schüchtern noch von betonter Offenheit. Sie vermochte jung und anziehend aufzutreten, ohne sogleich die Aufmerksamkeit jedes Mannes in ihrer Nähe herauszufordern und ohne übertriebene Bekundungen eines überschwenglichen Entzückens oder unmerklichen Ärgers bei jeder sich ergebenden Kleinigkeit. Catherine fühlte sich zu ihr hingezogen wegen ihrer Erscheinung, und weil sie Mr. Tilneys Schwester war; sie bemühte sich um ihre Freundschaft und richtete das Wort an sie, sooft Mut und Muße es ihr gestatteten. Es war nur aus Mangel an einem dieser Requisiten zurückzuführen, daß sie nicht über die ersten Anfänge einer Bekanntschaft hinauskamen, in deren Verlauf sie sich darüber unterrichteten, wie es ihnen in Bath gefalle, wie sie die Gebäude und die Umgebung bewunderten, ob sie zeichneten, sangen, musizierten oder lieber ritten.

      Die beiden Tänze waren kaum vorüber, als Catherine ihren Arm von der treuen Isabella ergriffen fühlte, die in bester Laune ausrief: »Endlich habe ich dich gefunden! Süßes, die ganze Stunde habe ich nach dir ausgeschaut! Wie konntest du dich nur in dieses Karree einreihen, da du mich doch in dem anderen wußtest? Ich war ganz unglücklich ohne dich.«

      »Meine liebe Isabella, wie sollte ich wohl zu dir gelangen? Ich wußte ja nicht einmal, wo du warst!«

      »Genau das gleiche habe ich deinem Bruder auch die ganze Zeit über gesagt, aber er wollte es nicht glauben. Ich bat ihn dich zu suchen, aber es war alles vergebens; er wollte sich nicht einen Schritt darum rühren. War es nicht so, Mr. Morland? Aber Ihr Männer seid alle so unmäßig faul. Ich habe ihn so ausgescholten, meine liebe Catherine, daß du dich sehr verwundert hättest. Du weißt ja, daß ich mit solchen Leuten nicht lange Federlesens mache.«

      »Schau diese junge Dame mit den weißen Perlen im Haar«, raunte Catherine statt einer Antwort und zog Isabella zu sich herüber, »das ist Mr. Tilneys Schwester.«

      »Du lieber Himmel! Wirklich? Das muß ich gesehen haben. Welch reizendes Mädchen! Soviel Schönheit sah ich noch nie! Aber wo ist ihr alles erobernder Bruder? Ist er auch im Saal? Wenn ja, so zeige ihn mir augenblicklich. Ich sterbe vor Neugier. - Mr. Morland, Sie dürfen nicht zuhören; wir sprechen nicht von Ihnen.«

      »Aber warum dieses Gewispere? Was ist los?«

      »Siehst du, ich wußte wohl, was kommen würde. Ihr Männer seid so unersättlich neugierig. Spottet nur über die Neugier der Frauen, ja, tut das nur! Sie ist nichts gegen eure. Aber seien Sie zufrieden, Sie werden nichts erfahren.«

      »Und damit soll ich mich begnügen?«

      »Ich muß schon sagen, soviel Neugier ist mir noch nie begegnet. Was kann Ihnen wohl an unserer Unterhaltung liegen? Vielleicht sprechen wir sogar von Ihnen; deshalb rate ich Ihnen, besser nicht zuzuhören, Sie könnten sonst etwas Ihnen nicht ganz Angenehmes erfahren.«

      Über dieses nichtssagende Geplänkel verstrich einige Zeit, und die eigentliche Ursache schien völlig vergessen zu sein. Catherine, ganz zufrieden damit, daß man das Thema für eine Weile aufgegeben hatte, verlor trotzdem den Verdacht nicht, Isabellas ungeduldiger Wunsch nach einem Blick auf Mr. Tilney sei ganz verflogen. Als das Orchester einen neuen Tanz anstimmte, wollte James seine schöne Dame wiederum entführen, aber sie widerstrebte. »Nichts um der Welt, Mr. Morland!« | rief sie aus. »Wie können sie nur so beharrlich sein! - Denk doch nur, liebe Catherine, was dein Bruder vorhat. Ich soll noch einmal mit ihm tanzen, obgleich ich ihm sage, daß es sich nicht schickt und gegen die Etikette verstößt. Wenn wir nicht die Tänzer wechseln, kommen wir schön ins Gerede.«

      »Bei diesen öffentlichen Tanzereien kommt es nicht so genau darauf an«, meinte James. »Unsinn, wie können Sie so etwas sagen? Aber wenn ihr Männer etwas durchsetzen wollt, ist euch alles andere gleich. - Meine süße Catherine, hilf mir doch. Bring doch deinem Bruder bei, wie unmöglich es ist. Sag ihm bitte, daß du ganz entsetzt wärest, wenn ich nachgäbe. Ist es denn nicht so?«

      »Nein, ganz und gar nicht; aber wenn du es für schlimm hältst, dann wechselst du selbstverständlich besser.«

      »Sehen Sie wohl«, rief Isabella, »da hören Sie, was Ihre Schwester sagt, und doch wollen Sie sich nicht danach richten. Bitte, denken Sie aber daran, daß es Ihre Schuld ist, wenn alle alten Damen in Bath sich unseretwegen aufregen. - Komm, liebste Catherine, um des Himmels willen steh mir bei.« Und damit begaben sie sich auf ihren alten Platz. John Thorpe hatte sich inzwischen empfohlen, und da Catherine Mr. Tilney zu gern Gelegenheit geboten hätte, die angenehme Aufforderung zum Tanz zu wiederholen, mit der er ihr schon einmal geschmeichelt hatte, bahnte sie sich eilig einen Weg zu Mrs. Allen und Mrs. Thorpe, wo sie ihn noch anzutreffen hoffte. Wie unvernünftig dünkte ihr aber diese Hoffnung, nachdem sie sich als eitel erwies. »Nun, meine Liebe«, meinte Mrs. Thorpe, die ungeduldig ein Lob ihres Sohnes erwartete. »Hoffentlich hatten Sie einen netten Tänzer.« »Sehr nett, gnädige Frau!«

      »Das freut mich. John hat ein so reizendes Wesen, nicht wahr?«

      »Hast du Mr. Tilney getroffen, Liebes?« fragte Mrs. Allen »Nein, wo ist er denn?« »Eben war er noch bei uns. Er sagte, er sei des Herumstehens müde und wolle endlich auch tanzen. Daher glaubte ich, er wollte dich auffordern.«

      »Wo kann er denn sein?« Catherine blickte sich suchend im Saal um; als sie ihn gewahrte, führte er gerade eine andere junge Dame zum Tanz.

      »Ach, er hat schon eine Tänzerin. Wenn er doch dich aufgefordert hätte!« rief Mrs. Allen und fügte nach kurzem Schweigen hinzu: »Er ist ein sehr angenehmer junger Mann.«

      »Ja, das ist er, Mrs. Allen«, pflichtete Mrs. Thorpe freundlich lächelnd bei: »Ich muß es bestätigen, obwohl ich seine Mutter bin, es gibt kaum einen netteren jungen Mann.«

      Diese an sich unverständliche Antwort gab Mrs. Allen keine Rätsel auf, denn sie raunte Catherine zu: »Sie meint wohl, wir sprechen von ihrem Sohn.«

      Catherine war enttäuscht und ein wenig ärgerlich, und die Überzeugung, so knapp vor dem Ziel es noch versäumt zu haben, trug nicht zu einer gnädigen Behandlung John Thorpes bei, als er sich kurz darauf wieder