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die meine Besatzung im Laufe der Jahre angesammelt hat, stören sie mich nicht mehr. Es ist alles Teil des Rhythmus. Teil des Liedes. Irgendwann singen alle mit – außer Drogeer natürlich. Aber ich sehe, wie er mit dem Kinn nickt, immer im Takt. Er gibt sich abgebrüht, aber ich weiß, dass er das Tempo in seinem Blut fühlt, genau wie der Rest von uns. Tief im Inneren ist er immer noch Nausikaaner.

      Brüllendes Gelächter erfüllt die Messe. Ich lasse den Blick schweifen. Kradech, der geborene Selbstdarsteller, hat die Bühne übernommen, und er hält Hof.

      »Und dann tritt Kinogar die Tür ein«, bellt er den Jünglingen entgegen, als hätten sie die Geschichte heute Nacht nicht schon zweimal gehört. »Und er fackelt! Sie! Ab!« Er tut so, als würde er mit einem Disruptorgewehr auf Autopuls feuern, wobei er die Garbe über die Gruppe aus Jünglingen zieht, die voller Begeisterung lachen, während sie wanken und in einem wilden Durcheinander zu Boden fallen, das fröhliche Pantomimenspiel eines gewaltsamen Todes.

      Ich schaue ihnen zu und frage mich unwillkürlich, ob irgendjemand irgendwo schon mal eine ähnliche Darbietung über das Ende von Nausikaa gegeben hat. Ob er genauso viel Jubel dafür bekam, die Toten zu verhöhnen. Dann dränge ich mein Selbstmitleid zurück. Gebe dem Alkohol die Schuld dafür, mich gefühlsduselig gemacht zu haben. In dieser Nacht soll gefeiert werden! Wir sind Sieger und mit Beute reich gesegnet.

      In der Zwischenzeit kreist Kradech um die Jünglinge. Seine Geschichte ist noch nicht vorbei. »Und dann haben wir diesen Männsch durch die Straßen gejagt! Durch die Gassen! Treppen hinauf und runter in die Kanalisation! Und die ganze Zeit hat er geheult und gejammert und sich aufgeführt, als sei er ein verängstigtes kleines Yefu! Und warum?«

      Die Jünglinge schreien wie aus einem Mund: »Weil er ein MÄNNSCH ist!«

      Ich schnappe mir eine frische Flasche Wein und öffne sie, indem ich den oberen Teil des Halses gegen die Zarge des Eingangs schlage. Die Hälfte des Inhalts spritzt auf die Vorderseite meines Hemds und meiner Weste, während ich nach hinten marschiere und mir dabei den scharlachroten Fusel in einem langen Zug in den Rachen schütte. Ich lasse meine bestiefelten Füße aufs Deck knallen, meine Schritte wie Donnerschläge, die meine Anwesenheit verkünden, während ich nach hinten stapfe und dann in den Frachtraum hinuntersteige.

      Dort unten sichten unser Chefarzt, Doktor Veekhour, und mein zweiter Offizier, Zenber, alles, was wir den Orionern abgenommen haben.

      Ich halte meine beinahe leere Flasche über den Kopf. »Zählt ihr wieder Zeug? Wisst ihr zwei nicht, dass oben in der Messe eine Feier läuft?«

      Veekhour blickt zu mir auf. Seine Mandibeln zucken in mildem Unwillen. »Wir sind gleich da.« Er fängt einen Blick von Zenber auf. »Aber wo du schon hier bist«, fügt er hinzu, »schau dir das mal an.«

      Die zwei sind solche Detailfanatiker. Sorgfältige Logbücher. Präzise Zählungen. Ich mache gern Witze über ihre Liebe für Papierkram, aber in Wahrheit wären wir ohne sie schon vor langer Zeit verhungert, irgendwo ohne Treibstoff im All hängen geblieben oder schlimmer. Ich begebe mich an ihre Seite und zu der Frachtkapsel, die wir aus Kimas Versteck mitgenommen haben. »Was ist wichtiger, als mit dem Rest von uns zu feiern?«

      Zenber reicht mir eine Datentafel mit seiner aktualisierten Inventarliste. »Es war ein guter Raubzug heute Nacht. Latinum. Waffen. Seltene Drogen, die auf dem Schwarzmarkt gut nachgefragt werden. Aber das hier …« Er blickt hinab in die offene Kiste. »… ist zu heiß für uns.«

      »Wovon redest du?« Ich folge seinem Blick. Und dann bin ich verwirrt. Ich spüre, wie sich die Falten auf meiner Stirn vertiefen, als ich finster auf das fremdartige Gerät im Inneren der grauen Polymerkiste schaue. »Was ist das?«

      »Artillerie«, sagt Zenber.

      »Was für welche? Das Ding stammt nicht aus der Föderation. Oder von den Klingonen. Oder Romulanern. Oder Breen.«

      Ich sehe den besorgten Blick, den Zenber und Veekhour wechseln, dann überbringt mir Zenber die schlechten Nachrichten: »Husnock.«

      Aus meinem Gesicht weicht alles Blut, und meine Blase scheint auf einmal zum Platzen gefüllt mit Pisse. Wir sitzen hier auf einem Vermögen – und haben uns gleichzeitig eine Zielmarkierung auf den Rücken gemalt. »Der Hehler sagte, wir würden was Besonderes dort finden. Er hat nichts von Husnock gesagt.«

      Ich marschiere um die Kiste herum auf die andere Seite, nicht, weil ich einen guten Grund dafür gehabt hätte, sondern bloß, um meiner Nervosität ein Ventil zu geben. Meine Gedanken überschlagen sich. Das Ding könnte der Schlüssel zu unserer lange verzögerten Rache sein. Wenn es uns nicht alle umbringt.

      Zenber starrt die Waffe an, als erwarte er von ihr, dass sie zu ihm sprechen würde. Dann schüttelt er den Kopf. »Das ist übel. Erinnerst du dich an Slokar und die Patrioten des Windes?«

      »Slokar war ein Narr«, erwiderte ich, die Stimme gesenkt zu einem Knurren. »Nachlässig. Keine Disziplin.«

      Veekhour bleibt skeptisch. »Er hat nicht unrecht, Kinogar. Gefährliche Leute wollen dieses Ding. Die Sternenflotte, Klingonen, Romulaner, Breen – ganz zu schweigen vom Orion-Syndikat und jetzt auch die Dashkari-Barone. Jeder von denen würde uns dafür umbringen.«

      »Wir können das nicht mal verkaufen«, sagt Zenber. »In dem Augenblick, in dem wir zugeben, dass wir es haben, werden wir zu den meistgesuchten Flüchtlingen der Galaxis werden. Jeder von uns wird zum Abschuss freigegeben sein.«

      Mit einer Geste, als würde ich Fliegen verscheuchen, wehre ich ihre kleinliche Furcht ab. »Genug! Schluss mit dieser Panikmache! Wenn ihr euren Guramba verloren habt, schert euch von meinem Schiff!« Ich stütze mich auf die Seiten der Kiste und betrachte die todbringende Beute, die mir in die Hände gefallen ist. »Du hast recht, Zenber: Wir können das Ding nicht verkaufen. Aber ich kann es auch nicht wegwerfen. Wir haben es gewaltsam erobert. Deshalb gehört es jetzt uns. Und ich beabsichtige, es zu nutzen.«

      Die Augen des Doktors weiten sich. »Es zu nutzen

      »Ohne zu zögern oder Mitleid zu haben.« Ich strecke die Hand aus und streichle die Kanone. »Wir haben schon viel zu lang am Rand der Galaxis gelebt, haben leichte Ziele bestohlen und die Schwachen ausgeraubt. Jetzt haben uns die Vier Winde die Stärke geschenkt, um unseren Kampf mit den Feinden aufzunehmen, die unseren Zorn am meisten verdienen. Für Nausikaa und sein ganzes Volk werden wir die Föderation für ihre Arroganz und ihre Gleichgültigkeit bezahlen lassen. Nach all diesen Jahren … werden wir uns nehmen, was man uns schuldet.«

      KAPITEL 3

      Es gab wenige Missionen innerhalb der Sternenflotte, die dermaßen Routine bedeuteten wie eine Patrouille in den Kernsystemen. Dabei handelte es sich um eine annähernd elliptische Reise, die ein Schiff in mittlere Sensorreichweite der fünf bewohnten Sternensysteme führte, die der Föderationshauptstadt im Sol-System am nächsten lagen. Es war einer der am stärksten verteidigten Raumsektoren im gesamten Alpha- und Beta-Quadranten. Hier erlebte man keine Überraschungen.

      Aus diesem Grund waren Kernsystempatrouillen der perfekte Job für Sternenflottenschiffe, die, aus welchem Grund auch immer, als nicht voll einsatztauglich galten. Bestand die Besatzung vielleicht komplett aus Raumkadetten? Mussten noch die Mängel eines Jungfernflugs beseitigt werden? Galt es, eine Reihe unerprobter Umbauten auf den Prüfstand zu stellen? Herzlichen Glückwunsch – schon hatte man sich für eine Runde des langweiligsten Routineflugs der Galaxis qualifiziert!

      Commander Worf gab sich Mühe, solche Gedanken aus seinem Kopf zu verdrängen, während er den dritten Treibstoffverbrauchsbericht des Tages studierte. Die Enterprise wurde für mehr als das geschaffen.

      Von jedem vernünftigen Standpunkt aus betrachtet, war mit der Enterprise und ihrer Besatzung alles in Ordnung, mal davon abgesehen, dass Captain Picard fehlte. Und während seines letzten Gesprächs mit Worf vor seiner Abreise hatte Picard sein Bestes gegeben, den aktuellen Befehlen der Enterprise