Bimini-Songs. Kelly Stevens. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kelly Stevens
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783945163580
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      Aus den Augenwinkeln betrachte ich die Frau, die fahrig ihre Sachen zusammensucht. Sie ist jünger, als ich erwartet habe – normalerweise schickt RockStar eine mittelalte Schreckschraube mit Haaren auf den Zähnen. Dieses junge Ding hingegen versteckt sich hinter ihren langen Haaren, die sich gelöst haben und wie ein Vorhang vor ihrem Gesicht hängen. Eben noch hat sie mich verbal angegriffen, jetzt sieht sie fast verletzlich aus, als könne sie es gar nicht erwarten, wegzukommen.

      Wie kommt jemand wie sie, die keine Ahnung von der Branche hat, dazu, ausgerechnet für ein Rockmagazin zu arbeiten?

      Sie hat sich nicht von dem beeindrucken lassen, was andere in mir sehen. Sie hat mich gesehen, nicht Al, den Star. Warum habe ich ihr nicht gefallen?

      Einen kurzen Moment, als ich sie küsste, hatte ich gehofft, dass sie eine Reaktion zeigen würde. Irgendeine Reaktion. Normalerweise stürzen sich die Frauen auf mich und betteln regelrecht um einen Kuss. Oder auch um mehr. Als wäre Sex eine verdammte Trophäe. Als wäre ich eine verdammte Trophäe. Selbst wenn sie mir eine runtergehauen hätte, es wäre immerhin eine Reaktion gewesen. Stattdessen – nichts.

      Sie beißt sich immer wieder auf die Lippen. Ich stelle mir vor, wie es wohl wäre, wenn ihre Lippen stattdessen meinen Schwanz umschließen würden. Nicht so starr und verkrampft wie gerade, sondern weich, heiß, feucht und gierig.

      Der Jäger in mir sagt, dass ich kein Mitleid mit meiner Beute haben sollte. Zu Fall bringen, auffressen, weiterziehen.

      Während sie draußen vor der Tür wartet, nehme ich Trev beiseite und gebe ihm kurze, aber sehr präzise Anweisungen.

      Der Deal

      »Du hättest dein Gesicht sehen sollen, als er dich geküsst hat!«

      »Halt die Klappe, Finn.« Ich werfe meine Reisetasche in den Truck, klettere hinein und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen, bevor ich lauthals fluche. Trevor, der direkt neben mir sitzt, schaut stoisch geradeaus, obwohl er vermutlich anhand meines Tonfalls weiß, worum es geht und wie ich mich gerade fühle. Ich will nur noch nach Miami und endlich Sandy sehen, mich mit irgendwelchen Cocktails abschießen und den heutigen Tag aus meinem Gedächtnis streichen.

      Bevor ich es richtig mitbekomme, sind wir schon am Flughafen. Trevor begleitet uns zum Check-In. Die Abflughalle ist ein winziger Raum mit zwei Tischen als Counter und ein paar Plastikstühlen für die Wartenden. Die Flüge stehen handgeschrieben auf einem Whiteboard. Ich komme mir vor wie in einer anderen Welt.

      Finns Stimme holt mich in die Abflughalle zurück. Er diskutiert lautstark mit der Frau hinter dem Counter. Trevor wirft mir einen abschätzenden Blick zu. Will er sicherstellen, dass ich auch tatsächlich in die Maschine einsteige?

      »Was ist denn los?«

      »Rebecca, du musst mir einen ganz, ganz großen Gefallen tun.« Finn zieht mich zur Seite. »Es gibt nur noch einen freien Platz, und ich muss meinen Anschlussflug bekommen.«

      »Aber wir haben doch gültige Tickets«, sage ich, ohne die Tragweite der Information zu erfassen.

      »Schon, aber sie sind überbucht.«

      »Wie können sie überbucht sein, Nele hat die Flüge doch bestätigt. Oder?«, setze ich vorsichtig hinzu.

      Finn fährt sich verzweifelt mit den Fingern durchs Haar, tritt unruhig auf der Stelle, zuckt mit den Schultern und weicht gleichzeitig meinen Blick aus. Was Körpersprache angeht, sendet er gerade alle möglichen Signale wild durcheinander. »Keine Ahnung, was da schief gegangen ist. Karibik eben.«

      Ich schnaufe abfällig. »Was für ein Chaos. Können die nicht jemand anderen abladen?« Jemand, der nicht in Miami von Sandy erwartet wird. Jemand, der nicht ich ist.

      »Haben wir schon versucht, hat nicht funktioniert.« Jetzt bin ich mir sicher, dass Finn meinem Blick bewusst ausweicht. »Rebecca, ich muss den Abendflug nach London erwischen, weil da morgen ein Open Air Festival ist, von dem ich Bilder liefern muss. Margie killt mich, wenn ich nicht rechtzeitig dort bin.«

      Der Gedanke an Margie stoppt mich. »Versprichst du mir hoch und heilig, Margie nichts von dem Interview zu erzählen? Vielleicht bekomm ich’s doch noch so geschrieben, dass man einen Artikel draus machen kann.« Selbst wenn ich meinen Urlaub dafür opfern muss!

      Finn ist nicht blöd, er war dabei und weiß, dass ich das Interview vermasselt habe. Immerhin rechne ich es ihm hoch an, dass er mich mit diesem Wissen nicht erpresst. Zumindest nicht direkt. Jetzt endlich guckt er auf, sein schlechtes Gewissen deutlich sichtbar. »Deal.«

      »Okay«, sage ich seufzend. Nicht, weil Finn so verzweifelt aussieht, sondern weil ich weiß, dass er mich in der Hand hat. »Ich nehme den nächsten Flieger. Im Gegenzug sagst du Margie nichts über mein Desaster.«

      »Du bist ein Schatz, Rebecca.« Finn nimmt seinen Pass entgegen, winkt mir kurz zu und steigt in das Flugzeug, das direkt hinter dem Gebäude steht. Hinter ihm schließen sich die Türen und die Maschine rollt los.

      Ich drehe mich zu der Frau hinter dem Counter um, die gerade ihre Sachen zusammen packt. »Entschuldigen Sie, wann geht der nächste Flug?«

      »Frühestens morgen.« Sie schließt eine Schublade, dann wischt sie die Tafel ab und sagt noch etwas von einem Sturm, bevor sie ihre Jacke anzieht, ihre Handtasche nimmt und den Raum verlässt. Ich sehe ihr sprachlos hinterher. Wo bin ich hier gelandet? Und vor allem: Wie komme ich hier wieder weg?

      Das Haus sieht noch genauso aus wie vor knapp zwei Stunden, als wir es verlassen hatten. Mit dem kleinen Unterschied, dass es inzwischen dämmert.

      Trevor parkt den Truck, und ich klettere deutlich unwilliger als noch heute Nachmittag heraus. Nach einem kurzen Telefonat hatte er mir seine Hilfe angeboten. Aber alle meine Fragen nach alternativen Flügen, Hotels, Pensionen oder Ähnlichem wurden von ihm abschlägig beantwortet: Ein Hurrikan hat Kurs auf die Bahamas genommen, Flüge und Fähren zum Festland sind bis auf Weiteres eingestellt, alle Übernachtungsmöglichkeiten ausgebucht. Selbst mein Handy hat kein Netz, so dass ich Sandy nur kurz mit Trevors Smartphone anrufen und über meine missliche Lage in Kenntnis setzen konnte.

      »Hurrikan? Was für ein Hurrikan?«, hatte Sandy besorgt gefragt. »Liebes, wenn es eine Hurrikanwarnung für Florida und die Bahamas gäbe, wüsste ich davon.«

      Ich konnte nur wiederholen, was Trevor mir gesagt hatte, mich dafür entschuldigen, dass unser Ausflug auf die Keys jetzt endgültig ins Wasser fallen würde, und versprechen, mich zu melden, sobald ich mehr wüsste.

      Hatte ich vorhin nicht noch gedacht, dass Katastrophen bei mir gerne im Dreierpack auftreten? Das war ja eine sich sehr schnell selbst erfüllende Prophezeiung!

      Trevor greift sich eine von mehreren Vorratskisten von der Ladefläche des Trucks, die er am Flughafen abgeholt hatte. Ich ziehe meine Reisetasche aus dem Führerhaus und folge ihm langsam zur Rückseite des Hauses. Kaum habe ich mich gebückt, um meine Schuhe auszuziehen, als auch schon zwei nackte Füße in verwaschenen Blue Jeans in meinem Blickfeld auftauchen.

      »Hallo, Miss Wet-T-Shirt.«

      Ich richte mich so schnell auf, dass mir schwindelig wird. »Was?«

      »Du trägst immer noch den cremefarbenen BH mit kleinen hellblauen Blümchen.«

      Während ein Teil meines Gehirns mental abhakt, dass er Recht hat, hat der andere wohl gerade Pause. Es dauert einige Sekunden, bis mir klar wird, woher er diese Information hat. Dann bücke ich mich so schnell, dass er hoffentlich denkt, dass mein Kopf rot ist, weil ich meine Schuhe ausziehe.

      »Komm rein.« Er tritt einen Schritt zurück und hält mir die Tür