Der goldene Apfel. Sigrid-Maria Größing. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sigrid-Maria Größing
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783902998781
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Und Isabella sollte wahrhaft einen Traummann bekommen, hochgewachsen und attraktiv, wenngleich Friedrich seinen Beinamen »der Schöne« erst zweihundert Jahre später erhielt. Als Isabella, die die weite Reise meist zu Pferde mit einem riesigen Gefolge zurückgelegt hatte, wobei sie ständig fürchten musste, dass sich die aragonesischen Begleiter mit den österreichischen in die Haare geraten könnten, im steirischen Judenburg ihren Einzug hielt, da stimmten alle Schaulustigen darin überein: ein schöneres Paar hatte man selten zu Gesicht bekommen!

      Friedrich ehelichte kein armes Mädchen, denn Isabella brachte nicht nur einen schönen Batzen Geld mit in die Ehe, ihre Aussteuer konnte sich auch sonst sehen lassen: Allein 28 Armbänder mit wertvollsten Edelsteinen besetzt, die für die Braut eine wichtige Rolle spielten, fanden sich unter den Kostbarkeiten, genauso wie zahllose Silbergefäße, vergoldete Messer und Löffel sowie eine mit Haifischzähnen besetzte »Kredenz«, ein Gefäß, durch das man vergiftete Speisen hätte erkennen können. Ein kunstvoll verziertes Schachbrett durfte ebenfalls nicht fehlen, da zur damaligen Zeit auch die Damen sich gerne diesem Denkspiel widmeten.

      Es waren kurze Tage des Glücks, die Friedrich mit seiner jungen Frau verbringen konnte, denn die Situation im Reich sollte endgültig geklärt werden. Erstarkt durch den ersten Sieg über seinen Rivalen Friedrich in der Schlacht bei Gammelsdorf setzte Ludwig alle Hebel in Bewegung, um deutscher König zu werden. Und tatsächlich erhielt er bei der Wahl im Oktober 1314 vier der sieben Kurstimmen und Friedrich nur drei. Aber selbst als Ludwig offiziell in Aachen gekrönt worden war, warf der Habsburger noch lange nicht die Flinte ins Korn, sondern ließ sich am 25. November 1314 vom Erzbischof von Köln Heinrich von Virnenburg bei Bonn auf freiem Felde die Krone aufs Haupt setzen. Nun standen sich nicht mehr zwei ehemalige Freunde gegenüber, sondern zwei gekrönte deutsche Könige!

      Auch dem Papst wurde die seltsame Situation mitgeteilt, wobei sich Ludwig darauf berief, dass er als Erster gekrönt worden war und damit sein Anspruch als deutscher König legitim sein musste. Als Friedrich zusammen mit seinem Bruder Leopold, einem ungewöhnlich streitsüchtigen jungen Mann, seine vermeintlichen Rechte als deutscher König mit Waffengewalt durchsetzen wollte, kam es zum offenen Krieg, der mit aller erdenklichen Grausamkeit geführt wurde. Obwohl Ludwig über Friedrich und seinen Bruder die Reichsacht verhängt hatte, fanden beide doch nach wie vor ihre Anhänger, sodass sich die Kämpfe auf deutschem Boden jahrelang dahinzogen, wobei Leopold gegen die Schweizer, die er in seiner Großmannssucht angegriffen hatte, bei Morgarten eine schwere Schlappe einstecken musste.

      Nach jahrelangem Blutvergießen kam es am 28. September 1322 endlich zur Entscheidungsschlacht zwischen Mühldorf und Ampfingen in Oberbayern, die zu einer vernichtenden Niederlage für Friedrich den Schönen wurde. Kampfeslüstern hatte er nicht mehr die Ankunft seines Bruders Leopold abgewartet, er verließ sich ganz auf die Schlagkraft seiner Leute, die er absolut überschätzte. Obwohl es zunächst so aussah, als würde der Österreicher im Vorteil sein, neigte sich das Schlachtenglück auf die Seite des Bayern, als ganz plötzlich Friedrich, der Burggraf von Nürnberg, aus einem Hinterhalt hervorbrach. Die Lage war für den Habsburger aussichtslos geworden. Ausgerechnet ein Steirer namens Rindsmaul nahm Friedrich den Schönen gefangen und lieferte ihn an Ludwig aus, der seinen Gegner auf die Festung Trausnitz an der Naab schickte.

      Zweieinhalb Jahre verbrachte Friedrich in ritterlicher Haft, während Leopold alles unternahm, um für den unglücklichen Bruder die Freiheit wiederzuerlangen. Selbst die Reichskleinodien, die sich in seinem Besitz befanden, schickte er an Ludwig. Erst als Leopold wieder zu den Waffen griff, ließ sich Ludwig erweichen und bot seinem ehemaligen Gegner unter bestimmten Bedingungen die Freiheit an. Friedrich der Schöne akzeptierte den Vertrag von Trausnitz und gelobte, ins Gefängnis zurückzukehren, sollte es ihm nicht gelingen, die Vertragsbedingungen zu erfüllen. Tatsächlich konnte er sich mit seinem Bruder Leopold nicht einigen. Daher lieferte sich Friedrich in München freiwillig seinem Gegner aus, obwohl ihn Papst Johannes XXII. von seinem Versprechen entbunden hatte. König Ludwig war von der ehrenhaften Geste Friedrichs so beeindruckt, dass er ihn fürderhin wieder als Freund ansah, der nicht nur an seiner Tafel einen Platz hatte, sondern mit dem er sogar in einem Bett schlief. Als Ludwig während der vielfältigen politischen Wirren außer Landes weilte, ernannte er Friedrich zu seinem Statthalter und schließlich einigte man sich in einem Geheimvertrag 1325 sogar darauf, dass Friedrich als Mitkönig anerkannt werden sollte.

      Das gute Einvernehmen zwischen beiden blieb auch bestehen, als Friedrichs Bruder Leopold erneut zu den Waffen griff. Allerdings machte ihm der Tod einen Strich durch die Rechnung, noch bevor größeres Unheil angerichtet werden konnte. Aber auch Friedrich war kein langes Leben mehr beschieden, er starb in Gutenstein in Niederösterreich im Jahre 1330.

      Rudolf IV. hätte Österreich bis in die Sterne erheben oder in den Abgrund stürzen können …

      … wenn ihm das Schicksal ein längeres Leben vergönnt hätte. Früh verbraucht starb der in vielerlei Hinsicht dubiose, aber dennoch geniale Habsburger bereits im Alter von 26 Jahren.

      Herzog Albrecht der Weise und seine Gemahlin Johanna Pfirt mussten geradezu an ein Wunder geglaubt haben, als nach 15-jähriger Ehe plötzlich doch noch ein Sohn in der Wiege lag, denn immerhin schien der Vater halbseitig gelähmt zu sein. Dass er nur an schwerer Arthrose litt, wie man Hunderte Jahre später festgestellt hatte, konnten die Zeitgenossen, die die Vaterschaft Albrechts anzweifelten, freilich nicht wissen.

      Als hätten die Eltern geahnt, dass der älteste Sohn Rudolf keinem langen Leben entgegensah, suchte man für den Buben schon sehr früh eine Braut aus und engagierte die besten Lehrer des Landes, die den aufgeweckten Knaben in den damals bekannten Wissenschaften unterrichteten, sodass Rudolf nicht nur lesen und schreiben lernte, sondern auch in einem Alter, in dem andere Kinder noch auf ihren Holzsteckenpferden ritten, bereits eigene politische Vorstellungen und zukunftsorientierte soziale Ideen entwickelte. Auch die junge Braut, die erst sechsjährige Katharina, die Tochter Kaiser Karls IV., wurde schon kurz nach der Verlobung im Jahre 1348 auf ihre zukünftige Rolle vorbereitet und zur Erziehung nach Wien gebracht. Mit 11 Jahren war schließlich die Braut im heiratsfähigen Alter, sodass die Hochzeit mit dem vierzehnjährigen Rudolf in Prag glanzvoll ausgerichtet werden konnte.

      Es war für Rudolf schicksalhaft, dass ausgerechnet der ungewöhnlich aktive und gebildete Karl IV. aus dem Hause Luxemburg sein Schwiegervater wurde, denn Rudolf erkannte mit Erstaunen, welche große Leistungen Karl in Böhmen vollbrachte. Deshalb dauerte es nicht lange, bis der junge Herzog – kaum hatte er 1358 nach dem Tod seines Vaters die Herrschaft in Österreich und der Steiermark übernommen – versuchte, es Karl gleich zu tun. Und da ihm in verschiedener Weise die Hände gebunden waren, kam Rudolf auf die Idee, den Schwiegervater durch verschiedene Tricks zu überbieten und vielleicht auch zu überlisten. An Einfällen mangelte es Rudolf wahrlich nicht! Da Karl IV. in seiner Goldenen Bulle 1356, in der der Wahlmodus der deutschen Könige für alle Zeiten festgeschrieben wurde, die habsburgischen Herzöge nicht berücksichtigt hatte und Rudolf daher den sieben Kurfürsten gegenüber eine Hintansetzung fühlte, suchte er nach Möglichkeiten, dieses Manko auszugleichen. An gelehrten Männern, die den jungen Herzog berieten, war kein Mangel, sein Kanzler Ribi war der richtige Mann für ihn, Dokumente zu verfassen, die anscheinend schon seit Urzeiten im Hause lagen und die plötzlich nur aus der Tasche gezogen zu werden brauchten. Im Privilegium maius, das aus sieben Dokumenten bestand, in denen genau die Abstammung und Stellung der Habsburger im europäischen Raum dargelegt wurde, wurde der Machtanspruch der Habsburger den anderen Großen im Reich vor Augen geführt. So musste Kaiser Karl IV., als er Einblick in die Urkunden bekam, mit Erstaunen feststellen, dass sich schon Julius Caesar und Kaiser Nero über die Habsburger und ihre Positionen den Kopf zerbrochen hatten.

      Karl IV. war ein kritischer Mann, der im Laufe der Zeit seinen dynamischen, aber auch ehrgeizigen Schwiegersohn durchschaute. Deshalb beauftragte er einen der berühmtesten Gelehrten seiner Zeit, den Dichter Petrarca, mit der Überprüfung der Angelegenheit. Und Petrarca fällte ein vernichtendes Urteil über das angebliche Privilegium maius. Er bezeichnete den Verfasser als einen Narren, Verrückten und törichten Lügenschmied und vermerkte, dass »der Ochse« und »Esel« keine Ahnung von der Geschichte haben musste, vor allem dass sich Rudolf mit Titeln wie »Pfalz-Erzherzog«