Sira Rabe
Tango der Lust
erotische Kurzgeschichten
Sira Rabe
Von Sira Rabe sind bisher die Romane »Dienerin zweier Herren«,
»Viola – Das Tagebuch der Sklavin« und »Gefangen« erschienen.
Aber auch als Novellenschreiberin hat sie sich einen Namen gemacht,
z.B. mit »Gezähmt« und »Tango der Lust« sowie in der Sammlung »Shades of blue and darker«.
2013 erschien bei Ullstein ein »Best of« ihrer schönsten Kurzgeschichten unter dem Titel »Ich will es hart«.
Bei Elysion-Books finden sich ihre Kurzgeschichten in »Nuancen der Lust«, »Alles Liebe – zum Fest der Hiebe« und »Kling Glöckchen«.
Aktuelle Infos unter: www.sira-rabe.de
ELYSION-BOOKS TASCHENBUCH
1. Auflage: August 2016
VOLLSTÄNDIGE TASCHENBUCHAUSGABE
überarbeitete Neuauflage
© 2016 BY ELYSION BOOKS, LEIPZIG
ALL RIGHTS RESERVED
ORIGINALAUSGABE U-Line UG 2011
UMSCHLAGGESTALTUNG: © Ulrike Kleinert
www.dreamaddiction.de FOTOS: © Fotolia/seelenit LAYOUT & WERKSATZ: Hanspeter Ludwig www.imaginary-world.de ISBN Buch: 978-3-96000-054-9 ebook: 978-3-96000-055-6 Mehr himmlisch heißen Lesespaß finden Sie auf: www.Elysion-Books.com
Callgirl
Ein neuer Auftrag, ein neues Wagnis, ein neuer Mann.
Jessica kam es vor, als nähme ihr Pulsschlag zu, je mehr sie sich der Adresse näherte, die Martha ihr vor einer Stunde gegeben hatte. Sie würde sich wohl nie daran gewöhnen und es als selbstverständlich empfinden, Termine mit ihr fremden Männern wahrzunehmen.
Der Aufzug zum vierten Stock des exklusiven Appartementhauses surrte leise und Jessica starrte auf die wechselnde Etagenanzeige, als könne sie diese hypnotisieren und dadurch verhindern, dass sie jemals ihr Ziel erreichten. Sie musste den Verstand verloren haben, dass sie zugesagt hatte. Dabei sagte sie sich das jedes Mal, seit sie mit diesem Nebenjob angefangen hatte, und fügte im zweiten Schritt hinzu, dass es ja nur wegen des Geldes war, welches man so schnell und mit so wenig Zeitaufwand in keinem anderen Job verdienen konnte.
Jessica traute sich nicht, ihren Eltern zu sagen, dass das Geld, das sie ihr monatlich für das Zimmer im Studentenwohnheim und alles andere gaben, hinten und vorne nicht reichte. Ihnen wäre es viel lieber gewesen, wenn sie sich für eine Ausbildung oder ein kürzeres Studium entschieden hätte, und bald Geld verdiente. Andererseits waren sie aber auf ihre angehende Frau Doktor auch ein bisschen stolz und das wollte Jessica ihnen nicht verderben, indem sie über Geldsorgen klagte.
Noch vor einem Jahr hätte sie jeden, der es gewagt hätte, ihr eine Karriere als Callgirl vorauszusagen, zutiefst beleidigt einen Idioten genannt und möglicherweise nie wieder ein Wort mit ihm gewechselt. Doch es war alles ganz anders gekommen.
Wie immer hatte Martha ihr ein paar Informationen über den Kunden gegeben. Martha gehörte diese sogenannte Hostessenagentur. Geschäftsleute oder VIPs wünschten sich eine elegante Begleiterin für ein Geschäftsessen, für die Oper oder ein anderes gesellschaftliches Ereignis und buchten selbige bevorzugt bei Martha.
Jessica hatte es Karin, einer ihrer Mitbewohnerinnen aus dem Studentenwohnheim zu verdanken, dass sie für Martha arbeiten durfte. Denn die Anforderungen, die an die jungen Damen gestellt wurden, waren hoch. Gutes Aussehen alleine genügte nicht. Gute Allgemeinbildung, bevorzugt Studentinnen, Etikette und sicheres Auftreten in jeglicher Umgebung, Beredsamkeit ohne eine Quasselstrippe zu sein. Sowie das gewisse Extra, auf den jeweiligen Mann und die Situation einzugehen. Jessica hatte den Einstellungstest sofort bestanden. Martha bemängelte lediglich, sie wäre ein wenig zu schüchtern. Aber das würde sich im Laufe der Zeit schon noch legen.
Die Hälfte der Aufträge war tatsächlich ein reiner Hostessenjob als Abendbegleitung. Aber die andere Hälfte war mehr, viel mehr, und das hatte Karin ihr wohlweislich verschwiegen, sondern Martha die Aufklärung überlassen.
Jessica war schockiert. Sie sollte mit den Männern auch ins Bett gehen, wenn diese es wünschten? Martha machte ihr das Ganze schmackhaft. Zu allen Zeiten hätte es Mätressen gegeben und nichts anderes wären ihre Mädchen, moderne Mätressen. Sie versprach ihr, dass Jessica es nur mit gut situierten Männern zu tun haben würde. Denn auch an Marthas Stammkunden, die bei ihr ein Callgirl für erotische Stunden buchten, wurden gewisse Anforderungen gestellt, um den jungen Damen ein bestimmtes Maß an Sicherheit zu garantieren.
Martha wusste immer, wo sich ihre Mädchen gerade aufhielten und schickte einen Sicherheitsmann vorbei, wenn sie sich nicht innerhalb des vereinbarten Zeitraums meldeten. Ihre Kunden bezahlten im Voraus, per Kreditkarte, und gaben genaue Wünsche an, damit Martha ihnen das passende Callgirl zuordnen konnte. Viele ihrer Mädchen gewannen so einen festen Kundenstamm, was die Arbeitsbedingungen durchaus angenehm machen konnte.
Es fiel Jessica nicht leicht, ihre moralischen Vorstellungen und ihre Angst zu überwinden, aber sie brauchte das Geld dringend. Die überschaubaren Arbeitszeiten im Verhältnis zum Lohn waren ein unschlagbares Argument gegenüber anderen, anstrengenderen Jobs als Kellnerin oder Verkäuferin. So blieb ihr genügend Zeit für ihr Studium.
Jessicas erster war einer von Marthas Stammkunden. Er wusste, dass sie ein Neuling war und er führte sie gerne wie eine Jungfrau in die Gepflogenheiten ein. Schnell lernte sie, dass es hilfreich war, sich vor dem Treffen selbst die Nippel zu reizen und die Vagina mit Gleitgel vorzubereiten. Meistens hatte sie Glück. Die Kunden waren nett und stellten keine besonderen Ansprüche. Manchmal wollten sie ein wenig reden und ein paar Zärtlichkeiten. Trotzdem widersprach dies Jessicas Moralvorstellungen, ihrer Erziehung und sie lebte in ständiger Angst, ihre Eltern oder ihr Freundeskreis könnten davon erfahren.
Als Martha an diesem Abend bei Jessica anrief, war eigentlich kein Termin vorgesehen. Jessica brütete gerade über einem Fachartikel mit neuesten Erkenntnissen zur Entschlüsselung der DNA, als das Telefon klingelte.
»Hi Jess, hast du Zeit? Ich habe eine Anfrage von einem Stammkunden vorliegen, aber niemand ist frei. Jedes der Mädchen, die ich ihm sonst vermittle, ist schon anderweitig gebucht oder krank oder schlichtweg nicht zu erreichen. Es ist wie verhext.« Martha klang ein wenig missmutig.
»Hm«, machte Jessica unschlüssig. Es passte ihr an diesem Wochenende eigentlich gar nicht. Sie musste unbedingt lernen. Die anstehenden Prüfungen lagen ihr jetzt schon im Magen. Allerdings zahlte Martha gut. Vermutlich kassierte sie bei den Männern entsprechend ab. Dafür waren ihre Mädchen aber auch keine Huren vom Straßenstrich.
Jessica hatte zu Anfang ziemlich daran geknabbert, ob sie nun eine Hure war. Nicht, dass sie die Frauen verachtete, die diesem Gewerbe nachgingen. Im Gegenteil, sie hegte eine gewisse Bewunderung dafür, denn einfach war es gewiss nicht, sich mehrmals täglich irgendeinem fremden und vielleicht nicht unbedingt sympathischen Kerl hinzugeben. Da hatte sie es bestimmt ein wenig leichter. Trotzdem konnte sie es mit sich und ihrem Gewissen fast nicht vereinbaren, was sie tat und sie redete sich ein, sie würde sofort damit aufhören, sobald sie es sich finanziell leisten konnte.
»Ich