Das goldene Vließ. Franz Grillparzer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Franz Grillparzer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066108717
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Ei, Milo Furcht?

      Milo

      (rasch aufstehend). Furcht?—Lieber Freund, ich bitte Wäg' deine Worte eh du sprichst!

      (Jason faßt entschuldigend seine Hand.)

      Milo.

       Schon gut!

       Wir laufen, nu, die Worte laufen mit!

       Doch ernst. Was suchst du hier?

      Jason.

       Kannst du noch fragen?

       Die Freunde, sie, die mir hierher gefolgt,

       Ihr Heil vertrauend meines Glückes Stern

       Und Jasons Sache machend zu der ihren,

       Sie schmachten, kaum dem schwarzen Schiff entstiegen,

       Hier ohne Nahrung ohne Labetrunk

       In dieser Küste unwirtbaren Klippen,

       Kein Führer ist, der Wegeskunde gäbe

       Kein Landmann bietend seines Speichers Vorrat

       Und von der Herde triftgenährter Zucht.

       Soll ich die Hände legen da in Schoß

       Und müßig zusehn wie die Freunde schmachten?

       Beim Himmel! Ihnen soll ein Führer werden

       Und Trank und Speise, sollt' ich auf sie wiegen

       Mit meinem Blut!

      Milo.

       Das treue, wackre Herz!

       O daß du nicht des Freundes Rat gefolgt

       Und weggeblieben bist von dieser Küste!

      Jason.

       Warum denn auch? Was sollt' ich wohl daheim?

       Der Vater tot, mein Oheim auf dem Thron

       Scheelsüchtig mich, den künft'gen Feind, betrachtend.

       Mich litt es länger nicht, ich mußte fort.

       Hätt' er nicht selbst, der Falsche, mir geboten

       Hierher zu ziehn in dieses Inselland

       Das goldne Götterkleinod abzuholen

       Von dem man spricht, so weit die Erde reicht

       Und das dem Göttersohne Phryxus einst,

       Ihn selber tötend, raubten die Barbaren,

       Ich wäre selbst gegangen, freien Willens,

       Dem eckelhaften Treiben zu entfliehn.

       Ruhmvoller Tod für ruhmentblößtes Leben

       Mag's tadeln wer da will, mich lockt der Tausch!

       Daß dich, o Freund, ich mitzog und die andern,

       Das ist wohl schlimm, allein ihr wolltet's so!

      Milo.

       Ja freilich wollt' ich so und will noch immer

       Denn sieh, ich glaub', du hast mir's angetan,

       So lieb' ich dich und all dein Tun und Treiben.

      Jason.

       Mein guter Milo!

      Milo.

       Nein! 's ist unrecht sag' ich,

       Ich sollt' der Klügre sein, ich bin der Ältre.

       Hättst du mich hingeführt, wohin auch immer,

       Nur nicht in dieses gottverlaßne Land.

       Kommt irgend sonst ein Mann in Fährlichkeit,

       Nu Schwert heraus und Mut voran. Doch hier

       In dieses Landes feuchter Nebelluft

       Legt Rost sich, wie ans Schwert, so an den Mut.

       Hört man in einem fort die Wellen brausen,

       Die Fichten rauschen und die Winde tosen,

       Sieht kaum die Sonne durch der dichten Nebel

       Und rauhen Wipfel schaurigen Versteck,

       Kein Mensch rings, keine Hütte, keine Spur,

       Da wird das Herz so weit, so hohl, so nüchtern

       Und man erschrickt wohl endlich vor sich selbst.

       Ich, der als Knabe voll Verwundrung horchte,

       Wenn man erzählte, 's gäb' ein Ding

       Die (Furcht) genannt, hier seh' ich fast Gespenster

       Und jeder dürre Stamm scheint mir ein Riese

       Und jedes Licht ein Feuermann. 's ist seltsam.

       Was unbedenklich sonst, erscheint hier schreckhaft

       Und was sonst greulich wieder hier gemein.

       Nur kürzlich sah ich einen Bär im Walde,

       So groß vielleicht als keinen ich gesehn

       Und doch kams fast mir vor, ich sollt' ihn streicheln,

       Wie einen Schoßhund streicheln mit der Hand,

       So klein, so unbedeutend schien das Tier

       Im Abstich seiner schaurigen Umgebung.

       Du hörst nicht?

      Jason (der indes den Turm betrachtet hat).

       Ja ich will hinein!

      Milo.

       Wohin?

      Jason.

       Dort in den Turm.

      Milo.

       Mensch, bist du rasend?

      (Ihn anfassend). Höre!

      Jason (sich losmachend und das Schwert ziehend).

       Ich will, wer hält mich? Hier mein Schwert! Es schützt mich

       Vor Feinden wie vor überläst'gen Freunden.

       Die erste Spur von Menschen find' ich hier

       Ich will hinein. Mit vorgehaltnen Eisen

       Zwing' einen ich von des Gebäuds Bewohnern,

       Zu folgen mir, zu führen unsre Schar

       Auf sichern Pfad aus dieses Waldes Umfang,

       Wo Hunger sie und Feindeshinterhalt

       Weit sichrer trifft als mich hier die Gefahr.

       Sprich nicht! Ich bin entschlossen. Geh zurück

       Ermutige die Schar. Bald bring' ich Rettung!

      Milo.

       Bedenk'!

      Jason.

       Es ist bedacht! Wer kann hier weilen

       Im kleinen Hause, wüst und abgeschieden?

       Ein Haushalt von Barbaren und was mehr?

       Ich denk' du kennst mich! Hier ist nicht Gefahr

       Als im Verweilen.—Keine Worte weiter!

      Milo.

       Doch wie gelangst du hin?

      Jason.

       Siehst du dort drüben

       Gähnt weit ein Spalt im alternden Gemäuer.

       Das Meer leiht seinen Rücken bis da hin

       Und leicht erreich' ich's schwimmend.

      Milo.

       Höre doch!

      Jason.

       Leb' wohl!

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