Geschichte des dreißigjährigen Krieges. Friedrich Schiller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich Schiller
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783849635039
Скачать книгу
von zum Teil welthistorischen Perspektiven (»Das Eleusische Fest«, »Der Spaziergang«, »Das Lied von der Glocke« etc.), übersetzte und bearbeitete mehrere Dramen, wie Picards »Der Neffe als Onkel« und »Der Parasit«, Gozzis »Turandot«, Racines »Phädra«, Shakespeares »Macbeth« u.a., und schrieb das zierliche höfische Gelegenheitsstück »Die Huldigung der Künste«. Er war, nachdem er 1798 zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt worden war, 1799 nach Weimar übergesiedelt, wo er an der idealistischen Bühnenreform Goethes tätigen Anteil nahm und die letzten Jahre seines Lebens sorgenfrei ganz ausschließlich seinen poetischen Arbeiten sich zuwenden konnte. 1802 wurde er auf Veranlassung des Herzogs Karl August vom Kaiser geadelt; der Jahresgehalt, den der Herzog 1799 auf 400 Tlr. erhöht hatte, wurde dem Dichter, als er 1804 eine Aufforderung, nach Berlin überzusiedeln, abgelehnt hatte, auf das Doppelte bemessen; von Jahr zu Jahr steigerte sich die Liebe und Verehrung, die S., soweit die deutsche Zunge klang, entgegengebracht wurde. Aber seine von früher Jugend an zarte Gesundheit erholte sich nicht wieder von den schweren Erschütterungen der 1790er Jahre; am 9. Mai 1805, zwischen 5 und 6 Uhr abends, endete ein sanfter Tod das Leben des Dichters, ehe er noch das 46. Jahr vollendet hatte. Der Trauer, die ganz Deutschland ergriff, wollte Goethe in einem Entwurf gebliebenen dramatischen Spiel Ausdruck geben; ausgeführt wurde von ihm der Epilog zu einer am 10. Aug. 1805 in Lauchstädt veranstalteten dramatischen Ausführung der »Glocke«; nach vielen Jahren, 1826, schrieb er noch das Terzinengedicht »Im ernsten Beinhaus war's, wo ich erschaute«, das der Erinnerung an den edlen Freund tiefsinnigen Ausdruck verleiht.

      Neben der Wucht der Affekte und der unbeirrbaren Klarheit des sittlichen Willens zeichnet sich S. von Jugend an durch die Kraft des abstrakt begrifflichen Denkens aus; der deduktive, nicht der induktive Verstand war bei ihm stark entwickelt; in seiner Phantasietätigkeit überwiegt die Kombinationsgabe: die Fülle neuer Einfälle zerstört ihm gelegentlich, namentlich in den Werken der Jugend, die Einheit der Komposition; die Anschaulichkeit seiner Phantasie ist geringer bei ihm entwickelt, nimmt aber in den Jahren seiner Reise unter bewußter Beherzigung von Goethes Vorbild bedeutend zu. Der am meisten hervorragende Zug seines Wesens ist aber der unvergleichliche Idealismus seiner Weltanschauung, durch den er als die hehrste Lichtgestalt der deutschen Literatur der edelste Erzieher und der von hoch und niedrig gleich innig verehrte Liebling der Nation geworden ist.

      Denkmäler in Erz und Stein erinnern an ihn an zahlreichen Orten. Am 8. Mai 1839 wurde die erste Schillerstatue (von Thorwaldsen) in Stuttgart, 4. Sept. 1857 das Doppelstandbild Schillers und Goethes (von Rietschel) in Weimar enthüllt. Andre Statuen von ihm sind in Mannheim (von K. Cauer, 1862), Mainz (von Scholl, 1862), München (von Widnmann, 1863), Frankfurt a. M. (von Dielmann, 1864), Hannover (von Engelhard), Hamburg (von Lippelt, 1864), Berlin (von Reinh. Begas, 1871), Wien (von Schilling, 1876, s. Tafel »Wiener Denkmäler I«), Marbach (von Rau, 1876), Ludwigsburg (von v. Hofer, 1883) u.a. errichtet. Während Schillers Aufenthalt in Stuttgart 1794 modellierte sein Jugendfreund Dannecker (s. d.) seinen Kopf und führte danach später mehrere vortreffliche Büsten aus. Die besten Porträte Schillers sind die von Graff (1786) und von Ludovika Simanowitz (1793); s. beifolgende Tafel. Auch hat das dankbare Andenken an den Lieblingsdichter der Nation an mehreren Orten Schillervereine hervorgerufen, und der 1859 in Dresden entstandene Verein zur Unterstützung verdienter und hilfsbedürftiger deutscher Schriftsteller trägt seinen Namen (s. Schillerstiftung).

Geschichte des dreißigjährigen Kriegs

      Seit dem Anfang des Religionskriegs in Deutschland bis zum Münsterischen Frieden ist in der politischen Welt Europens kaum etwas Großes und Merkwürdiges geschehen, woran die Reformation nicht den vornehmsten Antheil gehabt hätte. Alle Weltbegebenheiten, welche sich in diesem Zeitraum ereignen, schließen sich an die Glaubensverbesserung an, wo sie nicht ursprünglich daraus herflossen, und jeder noch so große und noch so kleine Staat hat mehr oder weniger, mittelbarer oder unmittelbarer, den Einfluß derselben empfunden.

      Beinahe der ganze Gebrauch, den das spanische Haus von seinen ungeheuren politischen Kräften machte, war gegen die neuen Meinungen oder ihre Bekenner gerichtet. Durch die Reformation wurde der Bürgerkrieg entzündet, welcher Frankreich unter vier stürmischen Regierungen in seinen Grundfesten erschütterte, ausländische Waffen in das Herz dieses Königreichs zog und es ein halbes Jahrhundert lang zu einem Schauplatz der traurigsten Zerrüttung machte. Die Reformation machte den Niederländern das spanische Joch unerträglich und weckte bei diesem Volke das Verlangen und den Muth, dieses Joch zu zerbrechen, so wie sie ihm größtenteils auch die Kräfte dazugab. Alles Böse, welches Philipp der Zweite gegen die Königin Elisabeth von England beschloß, war Rache, die er dafür nahm, daß sie seine protestantischen Unterthanen gegen ihn in Schutz genommen und sich an die Spitze einer Religionspartei gestellt hatte, die er zu vertilgen strebte. Die Trennung in der Kirche hatte in Deutschland eine fortdauernde politische Trennung zur Folge, welche dieses Land zwar länger als ein Jahrhundert der Verwirrung dahingab, aber auch zugleich gegen politische Unterdrückung einen bleibenden Damm aufthürmte. Die Reformation war es großenteils, was die nordischen Mächte, Dänemark und Schweden zuerst in das Staatssystem von Europa zog, weil sich der protestantische Staatenbund durch ihren Beitritt verstärkte, und weil dieser Bund ihnen selbst unentbehrlich ward. Staaten, die vorher kaum für einander vorhanden gewesen, fingen an, durch die Reformation einen wichtigen Berührungspunkt zu erhalten und sich in einer neuen politischen Sympathie an einander zu schließen. So wie Bürger gegen Bürger, Herrscher gegen ihre Unterthanen durch die Reformation in andre Verhältnisse kamen, rückten durch sie auch ganze Staaten in neue Stellengen gegen einander. Und so mußte es durch einen seltsamen Gang der Dinge die Kirchentrennung sein, was die Staaten unter sich zu einer engern Vereinigung führte. Schrecklich zwar und verderblich war die erste Wirkung, durch welche diese allgemeine politische Sympathie sich verkündigte – ein dreißigjähriger verheerender Krieg, der von dem Innern des Böhmerlandes bis an die Mündung der Schelde, von den Ufern des Po bis an die Küsten der Ostsee Länder entvölkerte, Ernten zertrat, Städte und Dörfer in die Asche legte; ein Krieg, in welchem viele Tausend Streiter ihren Untergang fanden, der den aufglimmenden Funken der Cultur in Deutschland auf ein halbes Jahrhundert verlöschte und die kaum auflebenden bessern Sitten der alten barbarischen Wildheit zurückgab. Aber Europa ging ununterdrückt und frei aus diesem fürchterlichen Krieg, in welchem es sich zum erstenmal als eine znsammenhängende Staatengesellschaft erkannt hatte; und diese Theilnehmung der Staaten an einander, welche sich in diesem Krieg eigentlich erst bildete, wäre allein schon Gewinn genug, den Weltbürger mit seinen Schrecken zu versöhnen. Die Hand des Fleißes hat unvermerkt alle verderbliche Spuren dieses Kriegs wieder ausgelöscht; aber die wohlthätigen Folgen, von denen er begleitet war, sind geblieben. Eben diese allgemeine Staatensympathie, welche den Stoß in Böhmen dem halben Europa mittheilte, bewacht jetzt den Frieden, der diesem Krieg ein Ende machte. So wie die Flamme der Verwüstung aus dem Innern Böhmens, Mährens und Oesterreichs einen Weg fand, Deutschland, Frankreich, das halbe Europa zu entzünden, so wird die Fackel der Cultur von diesen Staaten aus einen Weg sich öffnen, jene Länder zu erleuchten.

      Die Religion wirkte dieses alles. Durch sie allein wurde möglich, was geschah, aber es fehlte viel, daß es für sie und ihrentwegen unternommen worden wäre. Hätte nicht der Privatvortheil, nicht das Staatsinteresse sich schnell damit vereinigt, nie würde die Stimme der Theologen und des Volks so bereitwillige Fürsten, nie die neue Lehre so zahlreiche, so tapfere, so beharrliche Verfechter gefunden haben. Ein großer Antheil an der Kirchenrevolution gebührt unstreitig der siegenden Gewalt der Wahrheit, oder dessen, was mit Wahrheit verwechselt wurde. Die Mißbräuche in der alten Kirche, das Abgeschmackte mancher ihrer Lehren, das Uebertriebene in ihren Forderungen mußte nothwendig ein Gemüth empören, das von der Ahnung eines bessern Lichts schon gewonnen war, mußte es geneigt machen, die verbesserte Religion zu umfassen.

      Der Reiz der Unabhängigkeit, die reiche Beute der geistlichen Stifter mußte die Regenten nach einer Religionsveränderung lüstern machen und das Gewicht der innern Ueberzeugung nicht wenig bei ihnen verstärken; aber die Staatsräson allein konnte sie dazu drängen. Hätte nicht Karl der Fünfte im Uebermuth seines Glücks an die Reichsfreiheit der deutschen Stände gegriffen, schwerlich hätte sich ein protestantischer Bund für die Glaubensfreiheit bewaffnet. Ohne