»Sobald wir ihn haben, kannst du dich privat mit ihm unterhalten«, versprach Steven und grinste. »Den Holzkeil unter der Tür werd’ ich ihm auch nicht vergessen.«
»Wo ist der Museumskarren jetzt?« erkundigte sich Hale.
Steven nahm wieder das Fernglas hoch und beobachtete das hochbeinige Monstrum, das langsam die Serpentinen heraufkeuchte. Bemerkenswert waren die dunklen Rauchwolken, die dem Auspuff des Wagens entquollen. Das Fahrzeug der komischen Alten, wie sie Lady Simpson respektlos nannten, schien sich mit letzter Kraft auf das Plateau zu kämpfen. Der Wagen hatte eindeutig Asthma.
»Also, noch mal der Reihe nach«, schärfte Steven seinen Begleitern ein, »in zehn Minuten ist es soweit. Wir setzen uns vor den alten Karren und werfen dann auf freier Strecke die Krähenfüße. Ohne ’ne doppelte Panne werden sie nicht davonkommen. Anschließend kassieren wir die beiden Typen und schaffen sie weg.«
Brian fühlte sich angesprochen. Er saß neben Steven auf dem Beifahrersitz und hob den Deckel eines Schuhkartons hoch. Fast liebevoll glitten seine Fingerspitzen über die Krähenfüße.
Es handelte sich um stachelige Gebilde, die aus miteinander verschweißten Stahlnägeln bestanden. Gleichgültig, wie sie auch auf dem Boden landeten, zwei dieser reifenfeindlichen Nägel standen immer so hoch, daß sie sich mit letzter Sicherheit in einen Pneu bohren mußten. Diese Stachelgebilde waren in schwarzen Lack getaucht worden und auf der asphaltierten Straße kaum zu sehen.
»Und bringt sie nicht gleich um«, mahnte Steven die beiden anderen Männer, »erst sollen sie mal singen. Später können sich dann die Seejungfrauen mit ihnen befassen.«
Das hochbeinige Monstrum, auf das die drei Männer es abgesehen hatten, war jetzt schon mit bloßem Auge zu erkennen. Es schnaufte auf die Küstenstraße und nahm dann etwas mehr Fahrt auf.
Der Ford rollte bereits los.
Steven beobachtete die Straße und wartete darauf, die Krähenfüße abladen zu können. Für ihn war die Sache schon gelaufen. Sie waren schließlich Profis, die ihr Handwerk von der Pike auf gelernt hatten.
*
»Es sind diese drei Flegel aus dem Lieferwagen«, stellte Lady Simpson währenddessen fest. Sie saß im Fond des hochbeinigen Wagens und beobachtete den Ford durch ein Fernglas.
»Mit solch einer Kontaktaufnahme war zu rechnen, Mylady.«
»Dann rammen Sie diese Lümmel gefälligst!«
»Vielleicht würde das die Lage ein wenig komplizieren, Mylady«, antwortete der Butler gemessen. »In solch einem Fall wäre durchaus mit einem Schußwechsel zu rechnen.«
»Na, und?« Lady Simpson schnaufte animiert und nickte grimmig. »So ganz wehrlos sind wir schließlich nicht, oder?«
»Keineswegs, Mylady.«
»Worauf warten Sie dann noch?« Agatha Simpson wollte ihren Ärger haben. Sie brannte darauf, sich mit den drei jungen Männern anzulegen.
»Die Küstenstraße wird bald ein wenig kurvenreicher werden«, antwortete der Butler. »Die von Mylady erhofften Zwischenfälle werden sich mit Sicherheit ereignen.«
»Glauben Sie, daß man uns umbringen will?«
»Vorerst wohl nicht, Mylady. Man dürfte zuerst an Informationen interessiert sein.«
»Man will uns also kidnappen?« Angst war keineswegs in der Stimme der älteren Dame.
»In der Tat, Mylady. Und dazu muß man den Wagen stoppen. Daraus ergibt sich, daß man …«
»Was haben Sie denn, Mr. Parker?«
Agatha Simpson beugte sich etwas vor, als Parkers Hand plötzlich nach vorn zu dem reichhaltig ausgestatteten Armaturenbrett glitt und dort einen ganz bestimmten Kipphebel umlegte. Die resolute Dame kannte zwar nicht die Geheimnisse dieser Schalthebel, doch sie wußte aus Erfahrung, daß ihr Butler gerade einen bestimmten Effekt ausgelöst hatte.
»Mylady mögen meine vielleicht etwas abrupte Bewegung entschuldigen«, schickte der Butler gemessen voraus, »aber auf der Straße befinden sich sogenannte Krähenfüße. Man scheint die Absicht zu verfolgen, Mylady und meine bescheidene Wenigkeit mittels diverser Reifenpannen zu stoppen.«
»Hoffentlich haben Sie ein Gegenmittel, Mr. Parker?«
»Ich war so frei, meine Straßenkehrmaschine en miniature in Bewegung zu setzen.«
Der Butler hatte keineswegs übertrieben.
Nach dem Umlegen des Kipphebels hatten sich starke Stahlbleche aus den Kotflügeln nach unten gesenkt, die jetzt die Reifen nachhaltig gegen Krähenfüße schützten, sie einfach zur Seite schoben und für freie Bahn sorgten. Auch diese nützliche Erfindung stammte von Josuah Parker.
Dennoch geriet das hochbeinige Monstrum ins Schleudern, doch das war von Parker provoziert worden. Er wollte den Eindruck erwecken, daß man auf die Krähenfüße hereingefallen war. Er wollte die drei Männer täuschen.
Effektvoll schlitterte Parkers Privatwagen über den Asphalt, um die Kurve herum und näherte sich bedenklich dem Straßengraben. Hier blieb das hochbeinige Monstrum ein wenig windschief stehen. Die beiden Insassen machten einen mitgenommenen Eindruck.
Die drei jungen Männer im Ford reagierten augenblicklich. Alles war nach Plan verlaufen. Sie bekamen überhaupt nicht mit, daß die Reifen des eckigen Wagens noch völlig intakt waren. Der Ford jagte aus dem nahen Feldweg hervor und stand wenige Sekunden später neben Parkers Monstrum. Die drei jungen Männer fielen förmlich aus ihrem Wagen. Jetzt mußte alles schnell gehen, man stand schließlich auf einer Durchgangsstraße. Mit anderen Wagen war jederzeit zu rechnen.
Die drei Männer hielten zwar Schußwaffen in Händen, doch nach Lage der Dinge brauchten sie sie nicht. Butler Parker lag mit dem Oberkörper über dem Lenkrad, die ältere Dame im Fond schien sogar von den Polstern gerutscht zu sein. Eine leichtere Beute war nach Ansicht der drei jungen Männer gar nicht zu machen.
Sie sollten sich gehörig in die Finger schneiden …
Kaum hatten sie den Wagen erreicht, wollten sie ihn öffnen. Steven, der Vormann der drei jungen Männer, griff nach dem Türgriff und … fuhr Bruchteile von Sekunden später überrascht zurück.
Er konnte nichts mehr sehen!
Seinen beiden Begleitern erging es nicht anders. Auch ihre Augen waren plötzlich stark verklebt. Die drei Männer bekamen die Augen, die sie instinktiv geschlossen hatten, einfach nicht mehr auf. Die Lider waren nachhaltig verklebt.
Dieser Klebstoff war aus der Dachleiste des hochbeinigen Monstrums versprüht worden. Feinste Düsen darin hatten für eine gleichmäßige Verteilung gesorgt. Und es war Butler Parker gewesen, der für die Überraschung verantwortlich zeichnete.
Die drei jungen Kerle fühlten sich nicht wohl in ihrer Haut, fuchtelten mit den Armen in der Luft herum, versuchten sich zu orientieren und rammten sich dabei gegenseitig. Sie hüteten sich instinktiv, von ihren Schußwaffen Gebrauch zu machen, denn sie fürchteten nicht zu unrecht, sich gegenseitig zu durchlöchern.
Butler Parker war inzwischen ausgestiegen und beendete den Schattentanz der drei jungen Männer. Mit dem bleigefütterten Bambusgriff seines Universal-Regenschirms klopfte er höflich bei den drei Gangstern an. Ihre Hinterköpfe waren dieser Höflichkeit nicht gewachsen. Die drei Gangster gingen in die Knie, legten sich dann auf den Asphalt und wurden überwältigt von einem dringenden Schlafbedürfnis.
»Darf ich hoffen, Myladys Beifall zu finden?« erkundigte sich Parker und wandte sich zu seiner Herrin um.
»Ganz passabel«, erwiderte sie zurückhaltend, »manchmal sind Sie zu gebrauchen, Mr. Parker! Aber eben nur manchmal!«
*
Sie kam ohne Übergang wieder zu sich, öffnete die Augen und sah sich erstaunt um.
Jane Wells lag in