Ascension-Saga: 1. Grace Goodwin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Grace Goodwin
Издательство: Bookwire
Серия: Interstellare Bräute Programm: Ascension-Saga
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969698129
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genau wie es seit Generationen und lange vor Anbeginn unserer Geschichtsschreibung der Fall gewesen war.

      Zum ersten Mal in meinem Leben fürchtete ich, dass das königliche Blut in meinen Adern tatsächlich versiegen könnte. Meine Cousins waren alle getestet worden, aber sie waren nicht stark genug, um eine der heiligen Gaben geschenkt zu bekommen. Ich hatte erst kürzlich meinen Partner geheiratet und die Verräter hatten zugeschlagen, noch ehe ich einen Thronerben zur Welt bringen konnte. Ohne eine zukünftige Königin wären mein Volk gezwungen, mit der Tradition zu brechen und einen Herrscher zu wählen, der kein direkter Nachkomme der Ältesten war.

      Heute Abend hätten sie es fast geschafft. Alera standen finstere Zeiten bevor und es war klar, dass sie die jahrtausendelange Herrschaft meiner Familienlinie und unserer heiligen Gaben stürzen wollten. Meine Feinde hatten sich schließlich gezeigt. Sie hatten meinen König, meinen Liebsten, getötet. Sie hatten versucht auch mich zu ermorden.

      Sie wollten den Thron an sich reißen.

      Das konnte ich nicht zulassen. Bis auf den Putschversuch heute Abend herrschte auf Alera Frieden. Und solange ich am Leben war, würde es auch so bleiben. In den falschen Händen aber … ich erschauderte, als ich mir vorstellte, was mit meinem Heimatplaneten geschehen könnte. An das, was eine finstere Seele mit der in der Zitadelle versteckten Technologie anrichten könnte.

      Ich hörte laute Schritte und zog meine beiden Garden zurück in die Schatten, als eine Gruppe bewaffneter Söldner an uns vorbei über die offene Straße stürmte. Zweifellos suchten sie nach mir, um mich den Anführern des Aufstands zu überführen. Meine Lebenskraft war es, die es verhinderte, dass sie dieses Ziel auch erreichten.

      Es war spät und die meisten Bewohner schliefen bereits tief und fest; sie glaubten, dass morgen ein sorgloser Tag wie jeder andere werden würde. Sie irrten sich, denn im Morgengrauen würden sie vom Tod meines Partners erfahren. “Wir müssen zum anderen Eingang gelangen,” flüsterte ich so leise wie möglich. “Beim Wasser.”

      “Meine Königin, dort gibt es keinen Eingang.” Der junge Mann an meiner Seite sprach aus jugendlicher Überzeugung; vielleicht dachte er, dass ich verletzt worden war, dass ich mir beim Angriff den Kopf gestoßen hatte. Aber er irrte sich.

      “Doch, es gibt einen,” entgegnete ich. “Vertrau mir.”

      Meine Mutter hatte mir von dem Eingang erzählt; das Wissen darüber wurde von Königin zu Königin, von Mutter zu Tochter weitergereicht, und zwar seit die Zitadelle gebaut worden war. Vor Jahrtausenden. Niemand konnte sagen, wann genau die Ältesten die mächtigen Türme errichtet hatten oder woher die heilige Energie stammte, die den königlichen Nachkommen ihre Kräfte verlieh. Eine Sache aber war allgemein bekannt—die Zitadelle schützte sich vor Eindringlingen und erlaubte nur denjenigen mit königlichem Blut den Zugang zum Heiligtum.

      Viele andere hatten versucht die Barriere zu durchdringen. Sie alle waren auf der Stelle umgekommen.

      Ich hatte den geheimen Eingang seit dem Tag, an dem meine Mutter ihn mir gezeigt hatte nicht genutzt; es war nie nötig gewesen. Bis jetzt.

      “Dann werden wir Sie dorthin geleiten, meine Königin.” Mein alter Freund blickte auf mich herunter, sein ernstes Gesicht war halb in Schatten gehüllt. Ich war froh, dass es so finster war, denn so musste ich ihm nicht in die Augen blicken. Ich konnte ihn nicht anblicken. Er war voller Blut. Das Blut des Königs und sein eigenes waren zu einem dunkelroten Cocktail vermischt, der seinen Rücken und seine Flanke besudelt hatte. Er würde einen ReGen-Stab benötigen, um die Nacht zu überleben.

      Sollte die Zitadelle, wie er vermutete, streng bewacht werden—und zwar von denen, die mir nicht wohlgesinnt waren—, dann würde womöglich keiner von uns die heutige Nacht überleben.

      Aber ich musste es schaffen. Es stand nämlich mehr als nur mein eigenes Leben auf dem Spiel.

      Ich nickte ihm zu, richtete mich auf und befreite mich aus dem Griff des jüngeren Garden. Der Schock, mitanzusehen, wie mein Partner vor meinen Augen ermordet wurde, verblasste langsam und wurde von Entschlossenheit ersetzt. Ich würde nicht versagen. Nicht in dieser Sache. Ich musste leben, damit Alera nicht gestürzt werden konnte.

      Ich legte meine Hand auf meinen Bauch, auf das ungeborene Leben dort und bedeckte unsere Tochter, die zukünftige Königin, mit der Wärme meiner Handfläche. Sie war noch ganz klein, aber ihr Herz schlug bereits kräftig. Sie würde ein starkes Wesen haben. Einen eisernen Willen. Sie würde sich nicht geschlagen geben, also würde ich mich auch nicht geschlagen geben.

      Ich würde sie um jeden Preis beschützen.

      “Lasst uns gehen. Bringt mich runter zum Fluss. Ich werde den Rest erledigen.”

      “Jawohl, meine Königin. Hier entlang.”

      Ich folgte lautlos meinem alten Freund, als er sich wie ein Gespenst von Schatten zu Schatten bewegte. Den jungen Garden hinter mir hatte ich so gut wie vergessen, als die glitzernden Silbertürme der Zitadelle in Sicht kamen. Die altertümliche Struktur war von einer Rasse Unsterblicher errichtet worden, von der seit langem nichts als ein Mythos übriggeblieben war und deren Geheimnisse von Generation zu Generation innerhalb der königlichen Familie weitergegeben wurden.

      Die Nachfolgelinie war in den letzten Jahren stark ausgedünnt. Mein Cousin ersten Grades war ein Jahr zuvor bei einem Unfall getötet worden. Seine Tochter hatte ein paar Monate später Selbstmord begangen. Jetzt aber, nach dem Attentat auf mein Leben und dem Ableben meines Partners musste ich mich fragen, ob es denn tatsächlich Selbstmord gewesen war. So sehr es mich auch schmerzte, ich wusste jetzt ohne jeden Zweifel, dass man es auf die königliche Linie abgesehen hatte. Dass irgendjemand uns auslöschen wollte.

      Heute Abend hätten sie es fast geschafft, allerdings wusste niemand, dass ich bereits schwanger war. Mit der Thronerbin. Meine Tochter würde meine direkte Nachfolgerin werden. Ich konnte ihren Geist in mir spüren, er war so lebendig, leidenschaftlich und weise, dass ich alles tun würde, um sie zu schützen; selbst, wenn ich dafür meinen Planeten verlassen müsste. Mein Zuhause. Ein stolzes Volk, über das ich herrschen durfte. Sie war das Licht, das diese Welt vor dem Untergang bewahren würde und diese Narren vor ihrer eigenen Dummheit.

      Wenn es an der Zeit wäre, würden wir gemeinsam zurückkehren. Ich würde sie unterweisen und darauf vorbereiten, meine Nachfolge anzutreten. Und ihre Tochter nach ihr. Ich glaubte an sie und an die Liebe, die sie gezeugt hatte.

      Und wenn mir etwas zustoßen sollte? Sie würde leben und nach Alera zurückkehren, um zu regieren. Sie würde nicht einfach nur zurückkehren und herrschen, sondern sie würde sich rächen. Für alle, die heute gestorben waren, darunter ihr Vater. Dafür würde ich sorgen.

      Die Silberwände der Zitadelle funkelten Tag wie Nacht, als ob das Gebäude lebendig war. Vorne, in der Nähe der Treppe des Haupteingangs, erstreckte sich gleich einem Fächer aus grünem Gras, Bäumen und Seidenblüten ein großer Garten. Der Mond schien zu dieser späten Stunde auf die schimmernden, transparenten Blütenblätter der Aleranischen Blumen und sie sahen so schön und friedlich aus, selbst als die Nacht im Rest der Stadt mit Gewalt explodierte.

      Mein Partner war tot. Andere Familienmitglieder ebenfalls. Der royale Garde. Sie alle waren tot. Und doch, die Zitadelle stand weiterhin, eine Bastion der Stärke und Zuversicht. Ich musste nur die königliche Halskette verstecken, die so viel Macht in sich trug und mein Baby so weit wegbringen wie möglich. Irgendwohin, wo sie groß und stark werden konnte. Mächtig.

      Ich musste zu einem Planeten fliehen, der so klein und unbedeutend war, dass sie gar nicht auf die Idee kommen würden, dort nach uns zu suchen. Sie würden nach mir suchen … und sie würden wissen, dass ich am Leben war. Das Leuchtfeuer der Zitadelle würde ihnen verraten, dass die Königin weiter regierte, selbst von ihrem Versteck aus. Der anhaltende Schein des Zitadellenturms würde Alera verkünden, dass ihre Königin noch lebte.

      Ich stolperte über den Saum meines Juwelen-bestickten Kleides und mein treuer Freund fing mich auf und lehnte mich sanft gegen die kühle Silberwand. “Wir sind da, meine Königin, aber ich sehe keinen Eingang.”

      Ich nickte und als ich schließlich die notwendige