Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark D.
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740962425
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Taumelnd tastete sie sich in ihre Stube zurück, stand am Tisch und starrte auf den Zettel. Ihr faltenzerschnittenes Gesicht wurde von einem fahlen grünen Schimmer bedeckt, den der Lampenschirm darauf malte.

      Da wurde an das Hoffenster geklopft.

      Die Frau griff sich entsetzt an die Kehle, glaubte sie doch, den Mann draußen stehen zu sehen.

      Sie schloß die Augen und war einer Ohnmacht nahe.

      Da wurde wieder gegen die Scheibe geklopft. Und plötzlich drang ganz deutlich und klar durch das zertrümmerte Nebenfenster die Stimme von Mrs. Brisbane, der Frau des Bäckers, dessen Hof an den ihren schloß: »Mrs. Morrison, ich habe Lärm gehört, ist etwas geschehen? O Gott, Mrs. Morrison! Wie sehen Sie aus! Ist Ihnen nicht gut? Warten Sie, ich komme sofort hinein!«

      »Nein!« keuchte die Wäscherin, »lieber nicht. Er… läßt keinen aus dem Haus und bestimmt auch keinen herein!«

      Aber die resolute Bäckersfrau schüttelte nur den Kopf und kam durch die Küchentür ins Haus. Gleich darauf erschien sie in der Stube.

      »Mrs. Morrison! Um Himmels willen. Sie sind krank! Sie müssen sich sofort hinlegen.«

      Da sah sie das Loch in der Scheibe, das sie von draußen nicht hatte sehen können, weil sie am Nebenfenster gestanden hatte. Die Scherben auf dem Boden hatten sie aufmerksam gemacht.

      »Was ist denn geschehen?« stammelte sie, nun selbst erblassend.

      Die Wäscherin taumelte zurück und sank in einen alten verschlissenen Sessel.

      Da erspähte die Bäckerfrau den Stein, die Schnur und daneben den Zettel und das Lupenglas.

      Sie konnte ohne Brille lesen, nahm den Zettel auf und las ihn, die Worte leise mitsprechend, mehrmals.

      »Phin Clanton!« entfuhr es ihr.

      Die Wäscherin zuckte zusammen.

      »Phin…?« kam es gepreßt aus ihrer Kehle. »Ja, er muß es gewesen sein! Er war es. Als ich eben aus der Haustür wollte…, weil ich zum Sheriff… Zum Sheriff…«

      »So beruhigen Sie sich doch, Mrs. Morrison. Warten Sie, ich werde Ihnen sofort einen heißen Tee von Kamille aufbrühen, das beruhigt.«

      »Ein Mann stand vor der Haustür und ließ mich nicht auf die Straße!« keuchte die Wäscherin. »Es ist bestimmt Phin Clanton gewesen!«

      *

      Ein furchtbarer Tag lag hinter Harry und Ireen Benson. Nicht die geringste Spur ihres Kindes hatte sich finden lassen. So sehr der Pferdehändler sich auch bemüht hatte. Er kam spät am Abend ermattet heim und sank in seiner Wohnstube in einen der großen Sessel, schloß die Augen und zuckte zusammen, als ihn eine Stimme ansprach…

      »Nichts?«

      Es war die Stimme seiner Frau.

      Benson sank wieder zurück.

      »Nein, nichts…, gar nichts! Keine Spur!«

      »Ich war viermal im Sheriffs Office, aber da konnte mir auch niemand helfen. Du warst ja auch schon dort«, stöhnte die Frau, und man konnte ihrer Stimme anhören, daß sie dem Weinen nahe war und sich große Mühe gab, es zurückkzuhalten, um den Mann nicht noch mehr zu beschweren. Ireen Benson hatte ja den ganzen Tag über heimlich geweint.

      Es war still in dem großen Zimmer.

      Plötzlich hörte die Frau ihren Mann in die Stille hinein sagen: »Aber ich weiß, wer sie uns genommen hat! Phin! Phin Clanton!«

      Die junge Frau zuckte zusammen.

      »Nein!« kam es erstickt aus ihrer Kehle. Sie hatte tagsüber von Bekannten gehört, daß der Mann aus Tombstone in der Stadt sein sollte, und daß man vermutete, er sei es gewesen, daß der Mayor vor fünf Jahren einmal – in der inzwischen niedergebrannten Mexiko Bar – eine heiße Auseinandersetzung mit Phin gehabt hätte, in der Phin nachgeben mußte, weil der Mayor plötzlich Verstärkung durch mehrere Fremde bekam, die zu einer Eisenbahngesellschaft gehörten oder auch zur Wells Fargo – man wußte das heute nicht mehr so genau.

      Aber daß es Phin war, der den Mayor damals in wüstester Weise beschimpft und ihm die schlimmsten Drohungen entgegengeschleudert hatte, das wußte man noch sehr genau!

      »Phin…«, stieß die Frau durch ihre von stundenlangem Weinen schmerzende Kehle. »Nein, Harry, das kann doch nicht sein… oder…« Sie stand auf und kam auf ihren Mann zu. »Oder hast du irgendwann einmal etwas mit ihm gehabt?«

      Der Händler senkte den Kopf.

      Zu ihrem namenlosen Entsetzen glaubte die Frau plötzlich wahrzunehmen, daß der Kopf sich bewegte, daß er nickte.

      »Harry!«

      Der Schrei gellte bis auf die Straße hinaus.

      »Ich, ich habe etwas mit ihm gehabt, eigentlich er mit mir.«

      Ganz leise hatte der Mann es durch die Zähne gestoßen.

      »Wann?«

      »Gestern nacht!«

      »Gestern?« forschte die Frau verblüfft. »Wo…?«

      »Im ›Gold-Dollar‹.«

      »Du warst wieder in dieser Bar?«

      »Ja, ich war wieder in dieser Bar!« Harry Benson seufzte tief, und dann beichtete er. Er berichtete alles, beschönigte nichts und beendete seine Beichte mit den Worten: »Ich erwarte nicht, daß du mich nun noch verstehst, daß du bei mir bleibst…«

      Da spürte er die Hand seiner Frau auf seinem Kopf.

      »Harry«, sagte sie leise. »Du wirst wohl nie vernünftig.«

      Er blickte auf, suchte ihre Augen.

      Unter Tränen brach es da aus ihr hervor: »Das kann es ja nicht sein, Harry! Der Mann war angetrunken und hat auf dich eingeschlagen, weil du ihn gestört hast. Aber er rennt doch dann nicht hierher, überholt dich, um unser Kind aus dem Bett zu nehmen!«

      »Doch, Ireen, er war es.«

      »Er kann es doch gar nicht gewesen sein!«

      »Doch. Ich bin nämlich nicht gleich nach Hause gegangen. Ich war noch im Frontier-Saloon. Ziemlich lange sogar. Inzwischen hat er den Galgen aufstellen lassen, dieser Satan…«

      In tiefster Verzweiflung sank der Mann in sich zusammen. Und jetzt, in der Not, zeigte die Frau ihre wahre Größe. Die Niedergeschlagenheit, der völlige Zusammenbruch ihres Mannes gab ihr eine neue, ungeheure Kraft.

      »Es ist noch nichts verloren, Harry!«

      »Doch, alles ist verloren. Und es ist eine Strafe für mich, eine gerechte Strafe. Weil ich die Nähe dieses Frauenzimmers gesucht habe, dieser billigen Person…«

      »Mach dich doch nicht selbst krank mit diesem Gedanken, Harry. Ich denke, es ist vorbei… und…?es ist doch vorbei?« fragte sie leise.

      Der Mann blickte auf.

      »Ja, Ireen, das schwöre ich dir! Es war ja ohnehin nichts. Eine Verwirrung, hervorgerufen durch den Alkohol. Von heute an werde ich keinen Tropfen Alkohol mehr anrühren! Ich schwöre es dir hier beim Leben unseres Kindes…«

      Da preßte die Frau die Hände vors Gesicht. »Beim Leben unseres Kindes«, wiederholte sie schluchzend.

      Harry Benson erhob sich und trat ans Fenster. Mit leeren Augen starrte er in die Nacht hinaus, die ihr schwarzes Tuch über die Straße gebreitet hatte.

      Unter den Dächern der Häuser nistete die Angst. Die Angst vor einem einzigen Mann, vor Phin Clanton!

      *

      Sie waren auf dem Weg nach Nogales.

      Fahler Mondschein lag über der Savanne. Von Westen her war ein Wind aufgekommen, der den Reitern feinen Flugsand entgegentrieb, ihre Poren verstopfte und ihre Augen brennen ließ.

      Curle