Es war eine warme Nacht. Auf unserem Heimweg zog eine Gesellschaft Ausflügler aus Chertsey oder Isleworth singend und musizierend an uns vorüber. Aus den Fenstern der oberen Stockwerke der Häuser schimmerten Lichter und die Leute gingen zu Bett. Vom Bahnhof in der Ferne schollen Töne sich verschiebender Züge herüber, ein Klirren und Poltern von der Entfernung fast zur Melodie gesänftigt. Meine Frau machte mich auf den Glanz der roten, grünen und gelben Signallichter aufmerksam, die wie in einem Netzwerk gegen den Horizont hingen. So sicher schien alles, so ruhig.
1 Als Infusorien (lateinisch Infusoria), Infusionstierchen oder Aufgusstierchen bezeichnet man kleine, sich z.B. im Aufguss von pflanzlichem Material entwickelnde Tierchen (z.B. Flagellaten, Wimpertierchen, Amöben). <<<
2 Gemeint sind englische Meilen, deren eine 1,61 km gleichkommt. <<<
3 Theorie des 18. Jahrhunderts zur Entstehung des Sonnensystems aus einem Sonnennebel. <<<
4 Giovanni Virginio Schiaparelli (1835-1910 in Mailand) war ein italienischer Astronom. Nach ihm wurde ein Mars-Lander der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) benannt, der 2016 allerdings bei der Landung auf dem Mars zerschellte. <<<
5 Das Lick-Observatorium ist ein astronomisches Observatorium, das von der University of California betrieben wird. Es befindet sich in einer Höhe von 1300 Metern auf dem Gipfel des Mount Hamilton, nahe der Stadt San Jose, Kalifornien. <<<
6 Henri Joseph Anastase Perrotin (19.12.1845–29.02.1904) war ein französischer Astronom. <<<
II. Der fallende Stern
Dann kam die Nacht des ersten fallenden Sterns. Er war früh am Morgen gesehen worden, wie er über Winchester hin ostwärts schoss, eine Flammenlinie, hoch in der Atmosphäre. Hunderte müssen ihn gesehen und für eine gewöhnliche Sternschnuppe gehalten haben. Albin beschrieb ihn und erwähnte, wie er einen grünlichen Strich hinter sich ließ, der einige Sekunden noch glühte. Denning, unsere größte Autorität für Meteoriten, stellte fest, dass die Höhe seiner ersten Erscheinung ungefähr 90 oder 100 Meilen betrug. Er glaubte, dass er ungefähr 100 Meilen östlich von ihm zur Erde gefallen sei.
Ich befand mich damals gerade zu Hause, und schrieb in meinem Studierzimmer. Und obwohl meine Flügelfenster gegen Ottershaw blickten und die Vorhänge aufgezogen waren (in jenen Tagen liebte ich es, den nächtlichen Himmel zu betrachten), sah ich doch nichts davon. Und doch muss dieses seltsamste aller Dinge, das je aus fremden Sphären auf die Erde fiel, gerade niedergegangen sein, während ich dort saß. Und hätte ich aufgeblickt, während es vorbeiflog, hätte es mir nicht entgehen können. Manche von den Leuten, die es sahen, behaupten, dass sein Flug von einem zischenden Geräusch begleitet war. Ich selbst vernahm nichts. Viele Leute in Berkshire, Surrey und Middlesex müssen es fallen gesehen haben, dachten aber höchstens, dass wieder ein Meteorit gefallen sei. Niemand scheint sich in jener Nacht die Mühe genommen zu haben, nach der gefallenen Masse zu suchen.
Sehr früh am Morgen des nächsten Tages erhob sich der arme Ogilvy, der die Sternschnuppe gesehen hatte. Er war überzeugt, dass irgendwo auf der Gemeindeweide zwischen Horsell, Ottershaw und Woking ein Meteorit liegen musste, und ging fort in der Absicht, ihn zu suchen. Wirklich fand er ihn, bald nach der Dämmerung, und nicht weit von den Sandgruben. Durch den Einbruch des Projektils war eine ungeheure Höhlung entstanden. Sand und Kiesel waren mit großer Wucht in jeder Richtung der Heide zerstoben und hatten Haufen gebildet, die anderthalb Meilen weit sichtbar waren. Östlich stand das Heidekraut in Feuer, und ein dünner, blauer Rauch stieg in der Dämmerung auf.
Das Ding selbst lag fast ganz in Sand begraben, zwischen den verstreuten Splittern eine Kiefer, die es im Niedersausen zerschmettert hatte. Der freiliegende Teil hatte das Aussehen eines riesigen Zylinders, der vollständig von einer dicken, schuppigen, dunkelbraunen Kruste bedeckt war, die seine Linien verwischte. Er hatte einen Durchmesser von ungefähr dreißig Yard.1 Ogilvy trat an die Masse heran, aufs Höchste überrascht von ihrer Größe und mehr noch von ihrer Gestaltung, da die meisten Meteoriten mehr oder weniger abgerundet sind. Von seinem Fluge durch die Luft war der Körper aber noch so heiß, dass es ihm unmöglich war, näher heranzukommen. Ein surrendes Geräusch im Innern des Zylinders schrieb er der ungleichmäßigen Abkühlung seiner Oberfläche zu; denn es war ihm damals noch nicht der Gedanke gekommen, dass der Zylinder hohl sein könne.
Er blieb am Rande der Höhle stehen, die der Körper sich selbst gegraben hatte, und starrte die seltsame Erscheinung an, vor allem verblüfft über das Ungewöhnliche der Gestalt und Farbe. Der Gedanke an etwas wie eine Absicht in seinem Erscheinen dämmerte schon damals leise in ihm auf. Der frühe Morgen war wunderbar still, und die Sonne, die gerade auf die Fichten gegen Weybridge zu schien, war schon warm. Er erinnerte sich nicht, an jenem Morgen Vögel gehört zu haben, kein Lüftchen regte sich. Der einzige Laut waren die schwachen Bewegungen aus dem Innern des glimmenden Zylinders.
Ganz allein war er auf der Heide. Da bemerkte er, unwillkürlich zurückschreckend, plötzlich, wie ein Stück der grauen Schlacke, der aschenartigen Kruste, die den Meteorit bedeckte, sich von der kreisrunden Kante des Endes loslöste. Sie fiel in Flocken ab und ergoss sich auf den Sand. Ein großes Stück sprang so plötzlich ab und fiel mit einem so scharfen Klang zur Erde, dass sein Herz fast stillstand.
Eine Minute lang konnte er es kaum fassen, was das zu bedeuten hatte. Und obwohl die Hitze übermäßig groß war, kletterte er in die Höhle hinab dicht an den Klumpen heran, um ihn näher zu betrachten. Selbst dann noch glaubte er, dass diese Abschälung sich durch die Abkühlung des Körpers erklären lasse. Was aber mit dieser Annahme sich nicht vereinen ließ, war die Tatsache, dass die Asche nur von dem Ende des Zylinders abfiel.
Da bemerkte er, dass der kreisförmige Schlussteil des Zylinders sich sehr langsam um seine Achse drehte. Es war eine so allmähliche