„Gibt es da bei der Tanne etwas zu essen?“, sagte Eddy plötzlich, als wir schon in der Stadt waren.
„Später!“, knurrte mein Papa, der nervös war.
„Wann später?“, wollte nun Eddy wissen, doch mein Papa antwortete nicht, sondern fuhr mit Vollgas auf den großen Parkplatz neben dem großartigen Schwimmbad in Hechingen. (Gut, Eddy mochte es nicht, dafür Kai und ich!)
Eine Menge Leute waren da, sogar mit Kameras und die Blasmusik spielte schon auf. Zwei Männer hatten Motorsägen dabei und gerade wurde ein großer Kran aufgebaut.
„Schnell, es geht schon los!“ Papa rannte über den Parkplatz. Eddy quälte sich aus dem Jeep. Der Bus bot schon mehr Platz für unseren großen Freund.
„Ich habe Hunger!“, sagte Eddy und sein Magen begann laut zu knurren.
„Du hast doch erst gefrühstückt!“, sagte Grit, die nun auch bei uns stand.
„Ich finde das großartig. Wir sind dabei, wenn die Kanzlertanne gefällt wir!“, jubelte Jürgen, während Pia ein Selfie machte.
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Danach musste sie Jürgen, ihren Papa, mal vor der Tanne allein, dann zusammen mit Inge, dann mit dem Bus und Inge, dann mit Bus ohne Inge … fotografieren.
Inge und meine Mama waren eher gelangweilt. Eddy war es kalt und sein Hunger vergrößerte sich von Minute zu Minute.
„Zuerst kann es nicht schnell genug gehen und dann stockt alles!“, brummte unser bäriger Freund.
Die Tanne war ein sehr schöner Baum und ringsherum mit rot-weißem Absperrband abgesperrt. Mein Papa und sein Försterkollege und weitere Männer in Warnkitteln gestikulierten mit ihren Händen. Immer wieder wurde irgendetwas abgemessen. Andere Männer bauten derweil einen immens großen Kran auf.
Plötzlich begann es nach frischer Bratwurst zu duften.
„Fein!“ Eddy klatschte mit seinen Pfoten.
„Erst nach der Fällung!“, erklärte Mama dem hungrigen Bären die Situation.
„Ehrlich, jetzt bekomme ich auch Hunger!“, verkündete Kai. Doch selbst alle Versuche von Kai und Eddy, dem Mann am Bratwurststand auch nur ein Stück Wurst abzuschwatzen, scheiterten, denn: Erst nach der Fällung!
Mittlerweile war noch ein Bürgermeister und noch ein so hohes Tier angekommen. Grit war der Ansicht, dass Eddy schon ein genügend hohes Tier war. Doch dieser hörte ihr nicht zu, denn sein Hunger war jetzt enorm.
„Wie lange geht es denn noch? Mir ist kalt!“, fragte meine Mama meinen Papa, der sich sehr wichtig vorkam.
„Ja, das braucht einfach Zeit! Wir müssen behutsam vorgehen, damit der Baum nicht beschädigt wird, schließlich ist es die KANZLERTANNE!“, antwortete er im Vorbeigehen, als er ein weiteres Maßband holte.
„Ich sterbe vor Hunger! Jan Philip warum geht es denn nicht weiter?“ Eddy hatte schon fast Tränen in den Augen. Geduld war keine seiner Stärken, besonders nicht, wenn er Hunger hat.
„Ja es geht wohl darum, den Baum zu fällen, und das schaffen die gerade noch nicht!“, sagte ich.
„Einen Baum zu fällen? Das schaffen die nicht?“ Eddy sah nachdenklich aus.
„Genau!“
„Und dann gibt es die Würste?“
„So hat mein Papa gesagt!“ Eddy grinste zufrieden.
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„Ja, also wenn das so ist. Warum sagen die das nicht gleich! Wir könnten schon lange essen!“, sagte Eddy und stapfte davon.
„Hey, Eddy! Wo gehst du hin?“
„Ich helfe deinem Papa. Wusstest du nicht, dass Bären die besten Baumfäller aller Zeiten sind?“ Ich wusste es noch nicht, war mir aber sicher, dass Papa und sein Kollege es auch noch nicht wussten.
Noch nicht!
„Wo geht Eddy denn hin?“, wollte Pia wissen und filmte dabei unseren Bären.
„Zur Tanne!“, sagte ich mit schlechtem Gefühl im Magen.
„Wieso das denn? Die Würste sind doch da drüben?“, warf Kai ein. Während Eddy sich zielstrebig auf den schönen Baum zubewegte, und von niemandem dabei beachtet wurde, spielte die Kapelle erneut auf. Das gleiche Stück zum siebten Mal.
„Jan Philip! Was macht denn Eddy da?“, rief plötzlich Grit.
„Er möchte helfen!“, sagte ich noch, als plötzlich ein großes Knacken zu hören war. Grit schrie: „Oh nein!“, und die Kapelle hörte auf zu spielen. Alles war plötzlich still, nur Eddy klatschte mit seinen Pfoten. Daneben lag der halbe gefällte Baum. Die andere Hälfte hatte Eddy noch stehen gelassen, denn er hatte die Kanzlertanne einfach in der Mitte abgebrochen.
„Fein! Gibt es jetzt die Würste?“
Es gab keine Würste, im Gegenteil, es begann die allgemeine Schreierei.
Grit versicherte, dass sie den Baum bezahlen würde. Die Kapelle ging murrend nach Hause. Mein Papa knurrte andauernd: „Alles kaputt, alles umsonst!“ Der andere Förster weinte und die Waldarbeiter tranken am Bratwurststand lachend ein Bier.
„Ach was brauchen die in Berlin auch einen Baum aus Hechingen. Das war eine blöde Sache von vornherein!“, lamentierte meine Mama und Inge pflichtete ihr bei. Pia machte noch mehr Selfies mit dem kaputten Baum, aber Jürgen wollte nicht mehr drauf sein.
Eddy verstand nicht, was er denn falsch gemacht haben sollte.
„Sei du lieber still! Sonst spreche ich auch noch ein Jeep-Verbot für dich aus!“, zischte ihn mein Papa an.
Nun fuhren wir alle mit hungrigen Mägen und mit sehr gedrückter Stimmung nach Hause.
Jürgen hatte sogar die Deutschlandfahne abmontiert und dafür einen schwarzen Lappen an die Antenne gebunden.
„Dann gibt es dieses Jahr eben keinen Tannenbaum für die Frau Kanzlerin!“, brummte ein wütender Papa.
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