Sie sah uns entgeistert an und schüttelte stumm den Kopf. Joanne Steinman war für Augenblicke völlig unfähig, auch nur einen einzigen Ton herauszubringen. Sie ließ sich in einen Sessel fallen und schluckte. „Wieso hat dieser Bykov das getan?“
„Offenbar hat Ihre Mitbewohnerin Bykov dabei geholfen unterzutauchen. Sie wusste einfach zuviel über ihn. Darum war er wohl der Ansicht, sie nicht am Leben lassen zu können“, sagte Milo.
„Aber er läuft immer noch frei herum!“
„Ja. Bitte, Miss Steinman, versuchen Sie sich an alles zu erinnern und helfen Sie uns.“
„Aber womit? Ich habe keine Ahnung wie ich etwas dazu beitragen könnte, dass dieser Kerl hinter Schloss und Riegel kommt!“
„Es geht um den Wagen den Nora gekauft hat“, ergriff nun Milo das Wort.
„Mit Bykovs Geld natürlich!“, sagte Nora. Sie war jetzt uns gegenüber sehr viel aufgeschlossener als bei unserem ersten Gespräch.
„Erinnern Sie sich an den Typ? Das Kennzeichen?“
„Bin ich ein Computer?“, fuhr sie auf. Sie wirkte jetzt ziemlich gereizt. „Ich kann mir nicht alles merken!“
„Wissen Sie vielleicht, bei welchem Händler sie den Wagen gekauft hat?“
„Bei Jamieson & Co. in New Rochelle. Das weiß ich so genau, weil ich den Kaufvertrag kurz gesehen habe. Ich glaube, es war ein Ford Maverick.“
„Na, dann wissen wir immerhin, wonach wir fahnden müssen“, sagte ich.
36
Wir suchten den Autohändler auf, der Nora Crawley den Wagen verkauft hatte.
Wie vermutet, war der Ford Maverick bar bezahlt worden und wir wussten jetzt die genaue Typbezeichnung und die Zulassungsnummer.
„Okay, wir haben uns gewundert, weshalb die Lady auf Barzahlung bestand“, meinte Clive Johnson, einer der drei Besitzer des Autohauses. „Ich dachte nur, dass so ein paar verrückte Hippies den Kreditkarten immer noch misstrauen.“
Ich ging auf seine Bemerkungen nicht weiter ein. Stattdessen versuchte ich aus Johnson herauszuholen, ob ihm vielleicht noch irgendetwas anderes im Gedächtnis geblieben war. „Vielleicht eine Bemerkung, die Miss Crawley fallen ließ oder irgendwelche besonderen Extras.“
Johnson schüttelte den Kopf. „Nein. Aber wissen Sie, was meine Hauptsorge ist?“
„Wovon sprechen Sie?“
„Dass morgen der ganze Big Apple in der Zeitung und im Kabelfernsehen mitbekommt, dass wir etwas mit einem Mord und dem organisierten Verbrechen zu tun haben! Hier kauft doch niemand mehr einen Wagen!“
„Wir werden tun, was wir können, um Sie da herauszuhalten“, erwiderte ich.
Und Milo ergänzte: „Schließlich sind wir vom FBI und keine Korrespondenten einer Nachrichtenagentur.“
„Das soll mich jetzt beruhigen, oder was?“
„Mister Johnson, es ist einfach Ihre Pflicht dabei mitzuwirken, dass Polizei und Justiz ihre Arbeit machen können“, sagte ich ernst. „Schließlich könnte es ja auch einmal sein, dass Sie unseren Schutz brauchen und darauf angewiesen sind, dass jemand sein Wissen mit uns teilt!“
„Ist ja schon gut, Mister Trevellian!“
„Für Sie Agent Trevellian!“, erwiderte ich kühl.
Er sah mich an und verengte dabei die Augen. Schließlich erklärte er: „Da ist vielleicht noch etwas, das Sie interessieren könnte!“
„Was?“
„Sehen Sie, wir bieten auch den Einbau von Mobiltelefonen samt Freisprechanlage an. Deswegen kann man hier auch Handys erwerben. Ist für uns ein Zusatzgeschäft und wie heißt es so schön? Man soll geschäftlich nie alle Eier in einen Korb legen.“
„Heißt das, Miss Crawley hat hier ein Handy erworben?“, hakte ich sofort nach.
Johnson nickte. „Ja. Allerdings nur eins dieser billigen Dinger ohne Vertrag, die man mit einer Prepaid-Karte betreiben muss. Man hat dann keinen festen Vertag, sondern kann immer nur den Betrag vertelefonieren, der noch auf der Karte gespeichert ist.“
Prepaid-Handys waren das Kommunikationsmittel, das bei den Gangstern den höchsten Beliebtheitsgrad hatte, da man das Gerät nur schwer einem einzelnen zuordnen konnte und es normalerweise sehr abhörsicher war.
„Wir brauchen die Nummer, die für Miss Crawley eingerichtet worden ist!“, verlangte ich.
„Ich suche sie Ihnen heraus“, versprach Johnson.
„Okay.“ Während ich mich an Milo wandte, verschwand Johnson in einem Nebenraum. „Wenn wir Glück haben, können wir Bykov mit dem Ding orten!“
„Falls er es irgendwann mal einschalten sollte.“
„Ich will nicht hoffen, dass es sein Ersatzgerät ist!“
Milo hob die Augenbrauen. „Dass Nora Crawley es gleich an ihn weitergereicht hat, stellst du gar nicht erst in Frage, oder?“
„Sie hat es für Bykov besorgt, da wette ich drauf!“
Nachdem wir das Gespräch mit Johnson beendet hatten, fuhren wir zurück zur Federal Plaza.
Die Fahndung nach Bykov lief auf Hochtouren – nur leider bislang ziemlich erfolglos.
Nicht einmal was die Kennzeichen anging, machte ich mir große Hoffnungen, dass sie einen Fahndungserfolg brachten. Bykov war schließlich mit allen Wassern gewaschen und hatte sicher für Ersatz gesorgt.
37
Am nächsten Tag fand sich Marenkov zusammen mit Max Carter in unserem gemeinsamen Dienstzimmer ein.
„Wie war Ihr Rendezvous mit dem geheimnisvollen Informanten, Valerij?“, fragte ich ihn.
Major Marenkov vollführte eine wegwerfende Handbewegung. „Hat leider nicht stattgefunden!“
„Sagen Sie bloß, der Kerl ist unzuverlässig“, mischte sich Milo ein.
Marenkov schüttelte den Kopf. „Nein, wir haben die Sache aus Sicherheitsgründen abgeblasen. Mein Informant war sich nicht sicher, ob er verfolgt wird. Er wird sich morgen wieder bei mir melden.“
„Viel Glück dabei“, sagte ich.
Max Carter hatte immerhin ein paar Neuigkeiten auf Lager.
„Habt