Sammelband 7 Krimis: Tuch und Tod und sechs andere Thriller auf 1000 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783745204469
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Sie, Herr ...“

      „Berringer!“

      Sie kam aus der Tür heraus, ließ sie halb offen und trat einen Schritt auf den Detektiv zu. „Sie war hier“, bestätigte sie schließlich. „Eigentlich sogar ziemlich regelmäßig.

      Er hat sie immer Regina genannt, daher hatte ich keine Ahnung, wer sie ist.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und fügte noch hinzu: „Klingt ziemlich dreist, was Sie da von Herrn Severin berichten.“

      „Ich bin kein Treue-Tester oder so was. Mir geht es darum, ob einer der beiden etwas damit zu tun hat, dass Peter Gerath das Pferd unter dem ... äh, Gesäß weggeschossen wurde.“

      „Dann wundert es mich allerdings, dass Frank Severin nicht getroffen hat.“

      „Wieso?“

      „Na ja, man unterhält sich ja ab und zu mal. Und irgendwann erwähnte er, dass er Leutnant der Reserve bei der Bundeswehr ist. Da sollte man schießen gelernt haben, oder?“

      „Ja, vorausgesetzt, man will überhaupt treffen“, murmelte Berringer. „Ist Herr Severin zufällig auch Jäger?“

      Sie schüttelte den Kopf. „Nein, das wäre mir neu.“ Berringer zuckte mit den Schultern. „Hätte ja sein können. Sie sagten, Herr Severin fährt einen BMW.“

      „Ja, in Rot.“

      „Danke.“ Berringer holte eine seiner Visitenkarten hervor und reichte sie Sabine Horstkotte. „Falls Ihnen noch irgendetwas Wichtiges einfällt, rufen Sie mich bitte an.“

      Eine Viertelstunde später erreichte Berringer den im Nordosten von Krefeld gelegenen Elfrather See. Er klapperte die verschiedenen Parkplätze in der Umgebung ab. Da zu dieser Jahreszeit so gut wie nichts am See los war, fand er den roten BMW

      recht schnell. Er ging davon aus, dass Severin in der Nähe war.

      Er ging in Richtung Seeufer. An einem der Stege hatten sich ein paar Menschen versammelt. Ein Angler, dessen Gummihose bis zur Brust reichte, ein Spaziergänger mit seinem Hund und ein Rentnerehepaar, die sich gegenseitig beim Gehen stützten.

      Auf dem Boden lag ein Mann, der offenbar eine Weile im Wasser gelegen hatte. Er war Anfang bis Mitte fünfzig. Seine Augen blickten starr ins Nichts. Dass er nicht mehr lebte, war ziemlich eindeutig.

      „Was ist hier geschehen?“, fragte Berringer.

      Der Angler war ein wahrer Hüne. Bei einer Größe von fast zwei Metern wog er sicher hundertzwanzig Kilo, und es wunderte Berringer, dass es in dieser Größe überhaupt Anglerhosen gab. Der Riese deutete auf den Toten. „Ich hab keine Ahnung. Hab nur was im Wasser bemerkt, bin hin und ... Tja, war keine angenehme Überraschung.

      Haben Sie vielleicht 'n Handy?“

      „Ja.“

      „Bei meinem ist leider der Akku leer. Vielleicht rufen Sie die Polizei.“

      „Das mache ich“, sagte Berringer. „Gleich.“

      Er kniete neben dem Toten nieder und begann, die Taschen zu durchsuchen. Der Tote trug eine Avlar-Sport-Polarjacke. In der linken Seitentasche fand Berringer einen Autoschlüssel mit einem BMW-Anhänger. Die Brieftasche steckte innen, und darin fanden sich Führerschein und Personalausweis. Die Lichtbilder auf beiden Dokumenten ließen keinen Zweifel an der Identität des Toten.

      „Kennen Sie den Mann?“, fragte der Spaziergänger mit dem Hund, einem Terrier, der unentwegt an der Leine zog und offenbar darauf brannte, den unterbrochenen Spaziergang endlich fortzusetzen.

      „Wie man’s nimmt“, murmelte Berringer. „Sagen wir mal so: Ich hätte ihn gern noch gesprochen ...“

      Er griff zum Handy, um Kriminalhauptkommissar Björn Dietrich zu kontaktieren.

      Berringer berichtete, was geschehen war, und fügte zum Schluss noch hinzu: „Tu mir einen Gefallen, Björn. Fahr selber raus und schick nicht den Arno!“

      „Die Polizei wird gleich hier sein“, versprach Berringer, nachdem er das Gespräch beendet und das Handy wieder eingesteckt hatte. Er schloss den Reißverschluss seines Long-Jacketts und ärgerte sich darüber, seine Mütze im Auto gelassen zu haben. Zwar schien die Sonne, aber das täuschte gewaltig. Ein eisiger Wind strich über den See und ließ das Wasser sich etwas kräuseln. Zugefroren war der Elfrather See zwar noch nicht, aber ein paar Tage strenger Frost würden das im Handumdrehen ändern.

      Die Stege waren vollkommen leer. Nicht ein einziges Boot lag dort um diese Jahreszeit.

      Berringer ließ den Blick schweifen. Wenn die ehrgeizigen Pläne von Peter Gerath irgendwann mal Wirklichkeit wurden, würden vielleicht auch an diesem Platz Surfer, Taucher und Badegäste selbst bei null Grad noch ihrem Vergnügen nachgehen – in Anzügen aus Hightech-Fasern, die den Körper vollkommen gegen Nässe und Kälte abschirmten, dachte er.

      Er hielt Ausschau nach dem Modell-Segelboot und entdeckte es schließlich ein Stück entfernt im Gras an der Uferzone. Das weiße Segel stach wie eine Signalfahne aus dem Grün hervor.

      Die Fernbedienung war vermutlich ins Wasser gefallen, als ...

      Als was?, fragte sich Berringer. Was war hier geschehen? Eine Schussverletzung war an der Leiche nicht zu sehen. Aber andererseits war es wohl auch mehr als unwahrscheinlich, dass Frank Severin freiwillig ins Wasser gegangen war.

      „Dann können wir jetzt ja gehen“, meinte der Spaziergänger und wollte schon seinem Hund nachgeben.

      „Nein, bleiben Sie bitte in der Nähe und halten Sie sich als Zeuge zur Verfügung“, widersprach Berringer.

      „Ist das wirklich nötig?“, fragte der Mann des älteren Ehepaars, ein Herr mit schlohweißem Haar, die der Wind ziemlich wirr durcheinander gewirbelt hatte.

      Berringer streckte die Hand aus. „Dort vorne ist eine Bank, vielleicht setzen Sie sich einfach einen Augenblick, bis die Kollegen eintreffen.“

      „Sie sind auch von der Polizei?“, fragte die Frau, die sich bei ihrem Mann fest untergehakt hatte. Sie hatte leuchtend blaue und sehr aufmerksam blickende Augen, und ihr Gesicht erschien Berringer wie eine plastische Illustration der Begriffe Misstrauen und Skepsis. „Sie haben uns Ihren Dienstausweis noch gar nicht gezeigt.

      Es heißt doch immer, man soll keinem Beamten trauen – keinem angeblichen Beamten -, der seinen Dienstausweis nicht vorzeigen kann!“ Berringer seufzte. Diese Nervensäge!, dachte er, hatte sich aber genug unter Kontrolle, um das für sich zu behalten. Er öffnete sein Long-Jackett, langte in die Innentasche und holte einen Ausweis hervor, den er der alten Dame zeigte.

      Sie blinzelte. Glück gehabt, dachte Berringer. Die Gute hatte die Lesebrille nicht dabei. Wozu auch? Dies war schließlich keine Bibliothek.

      Ihre Stirn legte sich in tiefe Falten. Sie nahm Berringer den Ausweis aus der Hand und hielt ihn ganz nahe an ihre schmal gewordenen blauen Augen. „Immerhin stimmt das Bild überein“, sagte sie und wollte das Dokument noch an ihren Mann weitergeben. Aber das konnte Berringer im letzten Moment verhindern, indem er beherzt zugriff.

      „Am Besten, ich nehme einfach schon mal Ihre Personalien auf“, sagte er. „Dann brauchen Sie nicht so lange hier herumzustehen und zu frieren.“

      „Gute Idee“, sagte der Spaziergänger mit dem Hund. „Leiche hin oder her, mein Rex fordert auch sein Recht.“

      „Zuerst hätte ich eine Frage an alle. Hat jemand von Ihnen heute Morgen – ich wiederhole: heute Morgen – eine Frau gesehen, auf die folgende Beschreibung zutrifft: Mitte vierzig, blonde Haare, starke Höhensonnenbräunung und helle Kleidung.“

      „Als ich herkam, hab ich niemanden gesehen, auf den die Beschreibung passt“, erklärte der Angler. „Ehrlich gesagt, kann ich mich an überhaupt keine Frau hier erinnern. Wenn eine hier gewesen wär, ich hätt das in Erinnerung behalten.

      Schließlich