Ja und eines weiß ich ganz gewiss. Ich will nie aufhören, Kind sein zu dürfen, was ich mir glücklicherweise auch nicht einreden muss. Ich möchte abenteuerlustig, wissbegierig und mit vielen Fragen durchs Leben turnen — ja, das ist es, was ich wirklich will. Denn dann bin ich lebendig und brauche nicht mit der Spitzhacke in der Hand nach dem „wahren Glück“ zu graben. Eben drum, weil ich es viel zu sehr liebe, mir meine wenigen Erdentage so zurecht zu basteln, wie ich das für richtig halte — meine unbezahlbaren Momente. Und Ihr seid herzlich dazu eingeladen, davon zu lesen.
PS: Ich darf auch jetzt schon mal verraten, dass ich noch ein zweites Buch geschrieben habe, wo es weniger um meine Reisen geht, dafür gebe ich aber einen großen Einblick zu jenen Themen, die mich durch das ungezwungene Verreisen und der damit verbundenen freien Zeit angetrieben haben, eine tiefere Sicht in die etwas versteckteren Blickwinkel zu wagen.
Einleitung
Mein erstes kleines Erlebnis auf der Suche nach Freiheit begann als Kind und Winnetou-Fan in der ehemaligen, begrenzten DDR. Mit einem kurzen Einblick in die Geschehnisse zu dieser Zeit, zeige ich, dass mein Drang nach Freiheit schon von klein auf in mir keimte und ich natürlich riesig froh darüber war, als die Wende den roten Wind aus der für mich verkehrten Republik pustete. Ja, erst dadurch wurden mir neue Richtungen sowie einige Jahre später die Möglichkeit eröffnet, meine erste große Reise zum roten Kontinent anzutreten. Einen Trip, bei dem ich noch Berührungsängste vom Alleinreisen hatte, aber dennoch in manch Augenblicken spürte, dass mich das Gefühl von Freiheit mit jeder vergangenen Woche des Wegseins von der Heimat fangen kann —ein Gefühl, das im Laufe der folgenden Reisejahre stets und ständig in mir blühen und wachsen konnte.
Somit offenbare ich bei all den dann folgenden Reisen die großen Unterschiede des „alleine“, „zu zweit“ oder auch „zu dritt“ Reisens sowie die unterschiedlichen Begleiter, egal, ob ich mit Bus, Bahn oder eigenem Auto unterwegs bin. Zudem beschreibe ich, welch Eindrücke sowie welch Wissen ich auf diesen Wegen erlangte und anhand welcher Erlebnisse, ich zu welchen Erkenntnissen gekommen bin, was mir wiederum den Anlass dazu gab, sehr ausführlich von meinen Geschichten zu berichten. Und dennoch bin ich mir durchaus bewusst, dass ich deshalb manch Momente zu detailverliebt beschrieben habe. Ja, ich weiß auch …
Und ich bin mir natürlich darüber im Klaren, dass man solch einen Satz, wie ich ihn gerade aufgedeckt habe, genau hier an dieser Stelle am besten vermeiden sollte, wenn man die Menschen nicht davon abhalten möchte, ein paar Kröten für mein Buch zu investieren. Aber wie Ihr seht, hab ich es ja trotzdem getan. Warum? Weil es nun mal die Wahrheit ist und genau dieser gewichtige Hintergrund mein Anliegen dieses Buches darstellt. Eben nicht permanent bloß von den „Schönwetter-Begegnungen“ zu berichten, sondern von vielen kleinen Momenten, die alltäglich beim ungeplanten Unterwegssein entstehen können — um damit sehr gut zu beschreiben, was wirklich eine Reise ausmacht und all das ohne verfälschten Blick sowie sehr authentisch, was sich für meine Begriffe am ansehnlichsten darstellen lässt, wenn ich dabei ins Detail gehen darf.
Überdies erzähle ich diese Geschichten in Anlehnung an die damalige Zeit sowie der damit verbundenen Sichtweise. Doch mein Werk besteht nicht nur aus meiner Biografie jener Reiseerlebnisse sowie der mir immer wieder selbststellenden Frage nach der Tragweite der Zeit. Eine ganz besondere Bedeutsamkeit bekommen auch all meine Erlebnisse, die mit dem Heimkehren im Zusammenhang stehen. Hierbei bringe ich zum Vorschein, wie ich mein Leben auch außerhalb der Reiseabenteuer gestalte. Dabei schlittere ich stets wieder in einen Zwiespalt zwischen Fernweh und der Suche nach meinem Heimatgefühl und zeige, wie ich mir bei jeder Heimkehr immer mehr die Frage stelle, ob es vielleicht doch besser wäre, endlich sesshaft zu sein. Somit verwickele ich mich selbst zunehmend in einen inneren Konflikt und dabei lasse ich Euch ganz nah an meine Gedanken und Gefühle heran. Außerdem vertraue ich Euch mit meinen Worten einen sehr genauen Einblick an, ob mich mein sehr freies Leben ohne festen Job oder sonst irgendwelche Hindernisse der Gesellschaft wirklich glücklich macht und stelle mir beständig aufs Neue die folgende Frage: Bin ich wirklich frei?
Das Thema Freiheit wird somit zu meinem Hauptbegleiter in meinem Buch. Ich zeige, was ich damit alles in Verbindung bringe und wie mich dieses große Wort in all meinem Handeln prägt und das nicht nur anhand meiner eigens erlebten Geschichten, sondern auch immer in Bezug zu den Ländern, in welche ich meine neugierigen Füße setzen durfte. Auf die Geschichte der jeweiligen Länder werde ich zum größten Teil aber im Anhang eingehen. Doch ganz ausführlich, detailliert und völlig ungeschnitten nehme ich Euch von Tag zu Tag mit auf eine besondere Asien Reise, bei der ich meine live geschriebenen Tagebucheinträge in mein Druckerzeugnis fließen lasse. Denn bei diesem Trip empfand ich wie noch nie zuvor und das innerhalb kürzester Zeit, dass ein Menschenkind wie ich es bin, gleichzeitig von sehr vielen unterschiedlichen Gefühlen umkreist sein kann. Nebstdem umgaben mich ganz neue Arten von Furcht und ich erkannte auch echte Angst in mir …
Kapitel 1
Kindertage, die DDR und der Friedhof
Als Kind liebte ich es, die wunderbaren Filme Winnetous zu sehen und natürlich wünschte ich mir, wie dieser Ureinwohner Amerikas zu sein. Ich fand den fremden Indianer einfach toll: er war stark und charakterlich einfach ganz anders als die hinterhältigen weißen Männer. Deshalb wollte ich auch ständig Verfilmungen mit dem Häuptling der Apachen anschauen. Sie kamen, so denke ich, auf ARD oder ZDF. Doch selbst das Einschalten dieser Sender wurde in der ehemaligen DDR wie ein kleines Verbrechen behandelt, aber meine Familie ließ sich davon nicht beeindrucken und sich auch nicht dieses kleine Stückchen Freiheit nehmen. Und so sah ich, wie Winnetou völlig freiheitsliebend durch großartige Landschaften ritt und sehnte mich bereits damals, im Jahr 1985 als kleiner fünfjähriger Knirps, nach diesem Leben.
Meine Eltern bemerkten schon bald die Begeisterung, die ich für das Indianerleben empfand und schenkten mir — es war, so glaube ich, der fünfte Geburtstag — ein rotes, klappriges Indianerzelt. Zusammengehalten wurde es von drei Holzstöcken sowie dünnem roten Stoff und ich hoffte, dass diese Zweige das Wigwam ebenfalls bei einem schwachen Wind noch befestigen würden. Ja, ich nahm mir sogar vor, ganz bald mal darin zu übernachten, aber stellte es zunächst erstmal an die äußerste Gartengrenze zwischen alte Holunderbäume und spielte sowie vergnügte mich tagsüber im Zelt, denn noch war ich äußerst glücklich über meine ersten eigenen drei Wände und über diesen Stellplatz. Allerdings wollte ich irgendwann mehr und über den Gartenrand hinaus. So frohlockte es mich des Öfteren, einfach das Zelt zu schnappen und etwas weiter weg vom Haus sowie Garten, meinen Eltern, Brüdern und unserem aufmerksamen Hund zu sein. Mein heimlicher Wunsch war es, endlich mal aufzubrechen und so packte ich eines Tages etwas Essbares in meinen grauen DDR-Beutel, klemmte das rote Indianerzelt unter den Arm und war frohen Mutes, den rechten Weg zu finden. Allerdings schon nach etwa fünfminütigem Fußmarsch hinaus aus dem Dorf verharrte ich auf einem Feld neben dem dort fließenden Fluss und überlegte, ob ich mich noch weiter weg bewegen sollte. Und weil mir das Geplätscher des Gewässers an dieser Stelle gefiel, beschloss ich, einfach dort zu bleiben, schmiss den Beutel ins Gras, bohrte zaghaft die dünnen Zeltwandstöcke in den Boden und blickte, nachdem ich die wenigen Handgriffe erledigt hatte, unter der flachen Hand — die ich an die Stirn hielt — in die Ferne und erschien mir dabei selbst fast wie ein richtiger Indianer. Bald darauf jedoch begann es, zu dämmern an diesem lauen Sommerabend und so verkroch ich mich lieber ins Zelt. Dazu ließ ich den Eingang geöffnet, starrte in den Himmel und wartete auf die funkelnden Sterne. Doch je dunkler es wurde, umso unbehaglicher fühlte ich mich und war mir auch nicht mehr ganz so sicher, völlig alleine sein zu wollen, bis dieses unwohle Gefühl plötzlich in Angst umschlug, als ich irgendein Tier hörte, was laut an meinem Zelt herumschnüffelte. Während ich dann hektisch darum bemüht war, meinen Eingang zu verschließen, erkannte ich den Unruhestifter. Freude stieg in mir auf, da mir Augenblicke später unser treuer Irish Setter über meine Finger leckte. Levis freute sich natürlich überschwänglich, mich zu sehen und auch ich war erleichtert, weil mich mein Vati und unser Hund wieder mit zurück nach Hause begleiteten.
Nach diesem ersten kleinen Moment der Freiheitssuche sollten