Die kleine Meerhure. Andrea Pierus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andrea Pierus
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347052925
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die Sterne eingetragen. Die Brusatti kennt beinahe alle Namen im Sternenbuchverzeichnis – sie sind fast alle aus der Lagune, die Fischer, der Arzt, der Notar, nur die Studenten sind aus der Stadt. Sie ist berauscht. Berauscht von ihrem gerade im Entstehen begriffenen Gedanken.

      »Ein Beruf mit Zukunft!«

      Die Zukunft ist schon da! Und künftig wird sie selbst ein Sternenbuch führen. Am Heimweg sieht sie den alten Geronimo auf einem Felsen sitzen. Die Brandung kräuselt sich um seine nackten Füße. Wieso ist über ihn nichts im Sternenbuch der kleinen Meerhure zu finden? Sie setzt sich neben ihn.

      »Magst du etwas mit mir anfangen? Oben, unten, vorne, hinten – wie es dir gefällt, wie du es am liebsten treibst! Heute ist mein erster Arbeitstag und du bist mein erster Freier. Nächste Woche führe ich schon ein Sternenbuch.«

      Der alte Geronimo betrachtet die Brusatti ausgiebig.

      »Ich habe schon seit vielen Jahren keine Frau mehr gehabt, Brusatti. Die Frauen sind bezaubernd, von der Ferne sind sie bezaubernd, wirklich bezaubernd und ich erfreue mich an ihrem Anblick, an ihrem Lachen, doch wenn sie näher kommen, nahe kommen, zu nahe kommen, dann gibt es Kummer. So sehe ich sie mir lieber von der Weite an!«

      Brusatti kaut nachdenklich an ihrer Unterlippe.

      »Geronimo, das hast du dir wirklich gut ausgedacht. Keinen Wodka, keine Autos und keine Frauen. Was glaubst du, wie viel Maßhalten verträgt einer? Wann wird es maligne? Lass doch deine Augen grasen, grasen am üppigen Busen der Onda, an Mius runden Hüften! Nur kein Zaudern, komm zurück ins Leben!«

      Sanft aber bestimmt zieht sie Geronimo in den Sand.

      »Oben, unten, vorne, hinten – wie willst du beginnen?«

      Geronimo weiß es nicht, weiß nicht, wie er sich einer Frau nähern soll und überlässt der Brusatti das Arrangement, sie ist die Dirigentin seiner Lust. Am Anfang klappt gar nichts, weil Geronimo so nervös ist, nervöser als beim ersten Mal! Sein Vögelchen plustert sich aufgeregt, nur um sich gleich darauf wieder zu verstecken, doch die Brusatti lässt ihn nicht entkommen. Als es sich zum vierten Mal versteckt und Geronimo bereits völlig mutlos ist, erwacht die Güte in Brusatti. Sie beruhigt ihn, wie man einen ängstlichen Buben beruhigt, dann nimmt sie sein Vögelchen in die Hand, alles liegt jetzt in ihren Händen, sein Geschick liegt in ihren Händen, und da klappt es auf einmal und der alte Geronimo wird wieder zum Mann, im Rhythmus der Wellen wird er wieder zum Mann.

      Mius Bauch

      Schon als Baby war alles an Miu rund. Ihre kleinen, runden Ärmchen streckten sich dem Besucher freudig entgegen, ein süüßer, runder Kopf, selbst ihr Lächeln war rund. In der Pubertät wurde das Runde an ihr noch runder und ihre süüßen, runden Schenkel berührten sich bei jedem Schritt und machten dabei ein leises, hauchfeinreibendes Geräusch, ein verlockendes Knistern entstand so zwischen Mius Beinen, eine Ode an die Lust.

      Jetzt ist Miu 18. Alle Freundinnen hatten schon einen Mann, einige hatten schon einige Männer. Miu hat keinen. Sie sieht an ihrem Körper hinab und fixiert das bauchrunde Rund. Sehnsüchtig betrachtet sie Brusattis Bauch – ganz flach ist der und Miu denkt, dass aus ihr und ihrem weichen, anschmiegsamen Bauch keine von den neuen, frisch nachkommenden Huren werden kann. Sie merkt nicht, wie die jungen, glatten Fischer, die Lehrbuben der Fischer sich zuraunen:

      »Schau doch, dieser süüße Busen! Dieser süüße Bauch! Dieser süüße Po!«

      Miu merkt nichts. Sie ist traurig und wird immer trauriger.

      »Mein runder Bauch«, seufzt sie und mit einem Ruck reißt sie sich den Wunsch, eine von den frischen Huren zu werden, aus der Haut.

      Sorgsam wickelt sie den Wunsch in ein Kissen, rollt ihn ein, legt ihn zum Sterben. Legt ihn in die dunkels - te Ecke des Nachtkästchens.

      »Ade! Gute Reise!«, flüstert sie.

      Die Nixe Brusatti beäugt Miu aufmerksam, wie diese müde am Segelmast lehnt. Die Brusatti ist in der Zwischenzeit, seit dem vorigen Kapitel also, auf satte 24 Jahre angewachsen und sie übertrifft, trotz ihrer Jugendlichkeit, selbst die Uralten in der Lagune an Weisheit. Sie ist weise und gütig. Die Nixe Brusatti, die gütige Junghure. Ihr Blick klebt an Mius dunkel beringten Augen.

      »Komm, meine Schöne, wir machen einen Segeltörn, nur wir zwei!«, lacht sie verschwörerisch.

      Bald ist das Boot auf hoher See, bald hat Miu den zum Sterben gelegten Wunsch vergessen, bald ist sie gefangen von Brusattis Sternenbuch. Ein Sternenbuch – hat man sowas schon gehört? Sie blättert durch die Seiten und hört Brusattis Stimme.

      »Kennst du den mageren Presto im Rollstuhl? Er hat schon vier Sterne! Er hatte solche Angst vor den Huren, Angst, dass sie ihn auslachen würden wegen seiner lahmen Beine. Ich war ganz vorsichtig mit ihm – oben, unten, vorne, hinten – wie es dir leicht fällt, habe ich zu ihm gesagt.

      Oder Pablo? Du weißt schon, der scheue Pablo. Pablo mit dem Zitterbart? Er hat gestern seinen ersten Stern bekommen, stell dir vor! Ha, wie schnell der laufen kann! Dreimal ist er mir entwischt, wieder und wieder durch die Finger geschlüpft. Aber gestern habe ich ihn rasch in eine Ecke gedrückt – oben, unten, vorne, hinten – ich zeig dir, wie es geht!

      Und Lorenz, der mutlose Lorenz? Ja! Der, der immer mit hängendem Kopf und hängenden Schultern nahe der Häuserwände entlang streift, der keine Frau auch nur aus den Augenwinkeln ansieht, so verzagt wie er ist. Er hat schon drei Sterne!«

      Die Nixe Brusatti hält atemlos inne. Sie lebt mit, mit jedem Freier lebt sie mit, denkt sich hinein, ganz hinein in das Innenrund der anderen. Brusatti rückt noch näher an Miu heran und streicht ihr sanft über den Bauch.

      »So süüß und so rund, so lau, so mild, so zärtlich ist dein Bauch.«

      Miu erschrickt. Doch mitten hinein in ihr Erschrecken reicht ihr die Brusatti ein anderes Buch.

      »Da hast du, es ist das Sternenbuch der kleinen Meerhure. Ich brauche es nicht mehr, ich habe mein eigenes Sternenbuch.«

      »Das Sternenbuch der kleinen Meerhure!«

      Zurück in der Lagune bleibt Miu am Strand, legt sich ins angeschwemmte Seegras. Sie liegt und liest. Sie liest und wartet, bis der Himmel sein Nachtkleid über sie breitet.

      Am nächsten Morgen findet sie Poseidon, der kräftigste und schönste unter den Fischern, im Seegras. Er beugt sich zu ihr, berührt mit seinen rauen Händen ihre Haut, die so weiß wie Schlagobers, so weiß wie Meerschaum strahlt.

      »Oben, unten, vorne, hinten – wie magst du es?«, murmelt Miu im Schlaf.

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