"Tja, es sieht nach Selbstmord aus, Herr Deming. Hier, wir haben einen Abschiedsbrief gefunden. Schauen Sie mal, ist das die Schrift Ihres Bruders?"
"Ich weiß nicht genau, aber... Doch, ich denke schon!"
"Naja, wir werden das noch genau überprüfen."
*
Einen Tag später kam Deming zu Gores auf das Polizeirevier und machte seine Aussage. Deming dachte, die Angelegenheit sei für ihn damit mehr oder weniger erledigt. Doch da sollte er sich getäuscht haben.
Es dauerte fast eine Wochen, bis Kommissar Gores wieder bei ihm auftauchte.
"Ah, Sie sind es, Kommissar. Haben Sie Ihre Ermittlungen abgeschlossen?"
"Ja, annähernd."
Deming führte den Kriminalbeamten in sein Wohnzimmer und fragte sich insgeheim, was dieser wohl noch von ihm wollte.
Der Fall lag doch klar auf der Hand.
Sie setzten sich.
Deming machte eine hilflose Geste.
"Ich verstehe nicht, wie mein Bruder sich umbringen konnte.
Gerade jetzt, wo er den künsterischen Durchbruch endlich geschafft hatte und er mit seinen Bildern Geld machen konnte.
Es lief in letzter Zeit doch alles so hervorragend für ihn...
In der Kunstszene war er bereits soetwas wie ein Star während ihm noch vor ein paar Jahren mniemand seine Sachen abnehmen wollte."
"Es war kein Selbstmord!" erklärte Gores sachlich.
"Aber... Sie haben mir doch den Abschiedsbrief gezeigt!"
"Richtig. Und das Merkwürdige ist, daß er auch von Ihrem Bruder geschrieben wurde!"
"Na, also!"
"Aber ebenso fest steht auch, daß er aus mehreren Metern Entfernung erschossen wurde! An der Wunde waren keinerlei Pulverspuren. Ihr Bruder müßte schon sehr lange Arme gehabt haben, wenn wir dabei bleiben wollten, daß er sich die Waffe selbst an den Kopf gesetzt hat..."
Deming zuckte mit den Schultern.
"Das hieße...Mord! Es fällt mir schwer, das zu glauben!"
"Sagen Sie, Sie sind doch der Erbe Ihres Bruders, nicht wahr? Ich meine, als einziger Angehöriger... "
"Ja, das stimmt."
"Das bedeutet, daß Sie ein reicher Mann sein werden, Herr Deming. Die Bilder Ihres Bruders werden im Wert um ein Vielfaches steigen. Das ist meistens so, wenn ein Künstler stirbt..."
Deming nickte.
"Ja, das ist wahr! Sie sind bereits gestiegen." Er zuckte mit den Schultern. "So ist das leider: Die Künstler kommen meistens erst in den vollen Genuß ihres Ruhmes, wenn Sie bereits tot sind..."
"Thomas Deming hatte hohe Schulden, nicht wahr? Trotz der Tatsache, daß er seine Bilder in letzter Zeit einigermaßen verkaufen konnte."
"Ja, das ist leider richtig. Er konnte nicht mit Geld umgehen..."
"Aber Sie können das, ja?"
Da war ein Unterton in der Stimme des Kommissars, der Deming nicht gefiel.
"Wie war übrigens Ihr Verhältnis zu Ihrem Bruder, Herr Deming?"
"Nun, wir hatten nicht viel miteinander zu tun..."
"Sie und Ihr Bruder sind eineiige Zwillinge, nicht war?"
"Ja, das ist richtig."
"Das heißt, Sie beide gleichen sich, gewissermaßen wie ein Ei dem anderen."
"Worauf wollen Sie hinaus, Kommissar?"
Gores holte zwei Papierbögen hervor.
"Sehen Sie sich dies an, Herr Deming: Das eine ist Ihre Aussage, die Sie bei uns auf dem Präsidium gemacht haben, das andere eine Kopie des Abschiedsbriefes von Thomas Deming."
Felix Deming sah auf die Papiere und zuckte mit den Schultern. "Ich verstehe nicht!"
"Sehen Sie sich die Unterschrift an! Richten Sie Ihr Augenmerk auf den Nachnamen: Deming. Die Unterschriften gleichen sich ebenfalls wie ein Ei dem anderen!
Bei Zwillingen ist vieles gleich, aber ich habe noch nicht gehört, daß das auch für die Handschrift gilt."
Deming schluckte und Gores fuhr fort: "Sie sind Thomas Deming, der Künstler, nicht wahr? Sie haben Ihren Bruder umgebracht, und versucht, seine Identität anzunehmen. Auf diese Weise wollten Sie durch die Wertsteigerung Ihrer Bilder ein Vermögen machen..."
Die Lösung heißt Bankraub
Alfred Bekker
"Man hat uns hereingelegt!" schimpfte Herr Pohl, ein rüstig wirkender Rentner, während seine Frau den Tee einschenkte. Die beiden machten einen ziemlich ver-zweifelten Eindruck, aber Vogler, der Kreditberater der Bank, blieb hart.
"Tut mir leid, Herr Pohl. Die Bank kann da nichts machen. Sie sind auf einen Betrüger hereingefallen!" - "Wir werden unser Haus verlieren!" sagte Frau Pohl fast tonlos. Vogler zuckte mit den Achseln. "Die Gesellschaft, bei der Sie Ihr Geld angelegt haben, existiert nicht mehr. Die haben nur von den Anlegern das Geld eingesammelt und sich dann ins Ausland abgesetzt." - "Aber Sie haben uns diese Anlage doch empfohlen!"rief Herr Pohl empört.
"Ja, sicher... Unserer ersten Prüfung nach handelte es sich ja auch um ein seriöses Anlagebüro. Es gibt eben immer schwarze Schafe." - "Wir hätten doch nie die Hypothek auf unser Haus aufgenommen, wenn wir das geahnt hätten!"
weinte Frau Pohl. Vogler blickte auf. "Tut mir leid", sagte er.
"Und wenn Sie die Frist etwas strecken? Dann könnten wir die Sache von meiner Rente abstottern!" schlug Pohl vor. Vogler schüttelte energisch den Kopf.
"Darauf kann ich mich unmöglich einlassen. Der 30. steht als Rückzahltag im Vertrag." Er machte eine hilflose Geste. "Ich habe Verständnis für Ihre Lage, aber ich muß in diesem Fall auch die Interessen der Bank wahren muß..."
Am nächsten Tag hatten die beiden Alten Besuch von ihrem Neffen, der bei der Bank arbeitete und den sie deshalb als Fachmann ansahen. "Was sollen wir nur tun, Kurt! Wenn wir bis zum 30. nicht bezahlt haben, wird man eine Zwangsversteigerung durchführen!"rief Frau Pohl sehr verzweifelt.
"Ich habe euch von Anfang an gewarnt!" gab Kurt zurück. "Aber ihr wolltet ja nicht auf mich hören!" - "Ja, jetzt sind wir auch schlauer!"brummte Herr Pohl.
"Wenn jemand eine so hohe Rendite verspricht, muß man hellhörig werden!"
"Wir waren eben zu geldgierig!" gab Frau Pohl zu und hob die Hände. "Kurt, wir haben dreißig Jahre in diesem Haus gelebt! Kannst du dir vorstellen, was es für uns bedeutet, wenn wir hier heraus müssen!" Kurt nickte.
"Kurt ist mit seinem Bankerlatein wohl auch am Ende!" stellte Herr Pohl fest. "Was uns noch retten könnte, wäre wahrscheinlich nur noch ein Bankraub!"
Frau Pohl machte eine wegwerfende Handbewegung. "Das ist etwas für Jüngere!"
Es war der 29. Als der blaßgesichtige Vogler Herrn Pohl an diesem Tag vor seinem Schreibtisch auftauchen sah, runzelte er ein wenig die Stirn. Was wollte der noch hier? Einen letzten Rettungsversuch starten? Pohls Gesicht wirkte entschlossen, aber es würde ihm nichts nützen. Vogler atmete tief durch. Das Haus gehörte schon so gut wie der Bank - und vielleicht auch bald ihm selbst. Er suchte schon seit geraumer Zeit etwas in der Art,wie es die Pohls besaßen, allerdings ohne Erfolg. Und es war ja bekannt, daß Immobilien aus Zwangsversteigerungen oft besonders günstig waren... "Was kann ich für Sie tun?" fragte Vogler etwas gereizt und mit einem gezwungenen Lächeln.
"Sie für uns?" Pohl lachte. "Gar nichts!" Vogler stutzte. "Aber was wollen Sie dann von mir, wenn ich fragen darf?" - "Wir wollen unsere Schulden zurück-zahlen."