Karin machte mit ihrem Handy Fotos und Klaus sammelte von allen Veranstaltungen die Einladungskarten zusammen.
Die Mitarbeiterin an der Information staunte und meinte: „Junge, Junge, da haben Sie ja viel vor.“
Klaus konterte: „Meine Frau und ich können von der Kunst nicht genug bekommen. Dafür reisen wir gern auch durch ganz Deutschland und ins Ausland.“
Sie verließen grinsend den Laden, schleppten Broschüren, Einladungskarten, Zeitungen und einen dicken Katalog zum Auto.
„So, so! Dann bin ich mit dir verheiratet – wusste ich noch gar nicht.“
„Na klar, schon immer.“ Klaus hielt Karin die Beifahrertür auf. Die Karten, den schweren Katalog und alle Infobroschüren hatte Karin in einer großen Plastiktüte, die Klaus immer im Auto liegen hatte, verstaut. „Im Präsidium schauen wir uns das genauer an.“
Auf der Rückfahrt nach Bochum schickte Karin die Fotos, die sie von der Pinnwand aufgenommen hatte, per Mail direkt an Wolly und Tina, die Aktenmenschen.
„Die beiden können schon mal eine Sichtung vornehmen. Die Karten schauen wir uns später an.“
Karin hatte es gerade ausgesprochen, da musste Klaus kurz bremsen und es rutschten ihr einige Karten aus der übervollen Plastiktüte, die sie auf dem Schoß liegen hatte. Sie kreischte kurz auf. Klaus zuckte zusammen.
„Karin, manno!“
„Sorry, ich habe was gefunden.“
„Was?“
Sie las vor:
EINLADUNG ZUR
PREISVERLEIHUNG IM
MÄRKISCHEN MUSEUM WITTEN
KUNSTPREIS AUS DER JÜRGEN-GRUME-STIFTUNG
Sonntag, 29. März um 19:30 Uhr
Märkisches Museum Witten, Husemannstraße 12, Witten
Musik: Musiker der Musikschule Witten
Begrüßung und Einführung Jürgen Grume
„Karin, das ist der Brüller. Das deckt sich mit der Tatzeit.“
„Genau, ich wusste es. Ich schicke schnell ein Foto von der Einladungskarte hinterher. Ich hatte von der Veranstaltung zwischendurch etwas in der Zeitung gelesen. Da ich Bereitschaft hatte, aber auch schnell wieder vergessen. Aber mein Unterbewusstsein hatte es abgespeichert.“
„Ich liebe dein Unterbewusstsein“, scherzte Klaus.
„Oh, sind wir schon da? Das habe ich vor lauter Aufregung nicht gemerkt.“
Klaus parkte den Wagen vor dem Präsidium.
„Ich fühle es, das ist unsere Spur.“
„Klaus, ich hoffe es.“
13. Video
– Bochum; Donnerstag –
Alle Kollegen der Mordkommssion Bochum zuckten von dem Lärm zusammen, als Karin und Klaus hereinstürmten. Beide schnappten sich einen Stuhl und setzten sich.
„Erst einmal durchatmen“, japste Klaus. Auf den Aufzug, der gern einmal muckte, hatten sie nicht warten wollen. Sie waren die Treppen hochgehastet.
Wolly und Franzi liefen schon zur Hochform auf und recherchierten im Netz.
„Kommt her“, riefen beide aufgeregt. „Wir haben ein Video und eine Menge Fotos vom Museumsfest gefunden.“
„Was? Super, lasst sehen.“
Klaus und Karin setzten sich zu ihnen und schauten gebannt auf den Bildschirm. Zunächst nahmen sie die Fotos unter die Lupe und danach das Video.
„Schaut, da ist das eine Opfer und dort das andere.“
„Wolly, zeig das Video nochmal von vorne. Da! Halt an“, stoppte Klaus das Geschehen.
Alle waren völlig aus dem Häuschen. Immer wieder sahen sie den Film an. Es wurde mucksmäuschenstill. Die Anspannung stieg im Raum, konzentriert starrte jeder auf den Computer.
Wolly schloss den Beamer an, sodass alle sehen konnten. Die gesamte Kunstszene mit allen, die Rang und Namen hatten, war vertreten.
Der Stifter Jürgen Grume stellte die Preisträger vor: „Der dritte Preis geht an Carmen Zille“, verkündete er feierlich, die dann die Bühne betrat.
„Carmen Zille heißt also unser Opfer aus dem Muttental“, wiederholte Karin mit Nachdruck.
Franzi gab sofort die Daten ein und rief dazwischen: „Carmen Zille, geboren am 4.3.1987, wohnt in der Mozartstraße Witten, hat dort auch ihr Atelier.“
„Die Wohnung schauen wir uns an“, antwortete Ulf. „Unser zweites Opfer scheint jedoch keine Preisträgerin zu sein. Sie sitzt zwar in der ersten Reihe, aber vorgestellt wird sie nicht. Mist. Zoom sie mal näher ran. Wer ist sie?“
Klaus dachte laut nach: „Mhm, die sagt mir gar nichts.“ Er zeigte wieder auf das Video. „Lass uns mal sehen, wer die anderen Preisträger sind.“
Wolly spulte zurück und alle spitzten die Ohren. Jürgen Grume verkündete, dass eine Violetta Fey den ersten und Lena Beck den zweiten Preis gewonnen hatten.
Lotter stand schwitzend hinter Karin. Der Schweiß tropfte ihr auf den Kopf. Sie schaute ihn strafend an, sagte aber nichts. Der trat sofort einen Schritt zurück. Auch er verkniff sich einen Kommentar und tupfte sich die Stirn trocken.
In diesem Augenblick betrat Rolf Sahner den Besprechungsraum. „Leute, was ist passiert? Habt ihr was gefunden?“
„Ja“, antwortete Klaus Pfeffer aufgeregt. „Wir sind bei der Firma Dröse in Herbede auf eine Spur gestoßen. Karin hatte den richtigen Riecher.“
Schnell fasste Karin die Fakten zusammen und erklärte die Zusammenhänge. Wolly ließ das Video noch einmal laufen. Rolf wandte sich an Karin und Klaus. Er schlug vor, Jürgen Grume einen Besuch abzustatten und die Wohnung von Carmen Zille in Augenschein zu nehmen.
„Lasst euch die Einladungslisten aushändigen. Dann werden wir die gesamte Kunstszene verhören. Dazu holen wir uns die Wittener Kollegen mit ins Boot.“
„Klar, machen wir. Anschließend fahren wir noch zum Museum, sprechen mit der Museumsleitung und den Mitarbeitern.“
„Gute Idee, Karin.“ Rolf schlug ihr anerkennend auf die Schulter. Lotter machte ein Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Da Rolf das mitbekam, wandte er sich an Lotter: „Du fährst mit Elke und Ulf zur Wohnung in der Mozartstraße und noch mal zu den Fundorten. Schaut euch die Umgebung genau an. Nicht, dass wir etwas übersehen haben. Wir ziehen die beiden Fälle ab sofort zusammen.“
Sogleich war Lotter wieder versöhnt. „Das wollte ich auch vorschlagen, Chef. Es war ja schon dämmerig und man weiß ja nie.“
„Genau! Haben wir schon Ergebnisse von der Kriminaltechnik?“
„Nee, noch nichts Weltbewegendes. Wir warten noch. Ein paar Resultate liegen drüben auf dem Schreibtisch“, warf Elke schnell ein.
Lotter drehte sich um. Er wollte die Ergebnisse der KTU noch zügig durchsehen. Dabei rannte er den Pressesprecher Siegfried Westermann fast um, der gerade den Raum betrat.
„Mensch, Lotter! Pass doch auf!“
„T’schuldigung Siegfried“, murmelte er. Lotter, Ulf und Elke schwirrten ab.
Rolf zog Siegfried, Karin und Klaus zur Seite. „Habt mit Lotter ein wenig Nachsehen. Er hat ein dickes Problem. Ich darf euch noch nichts sagen. Auf jeden Fall braucht er zurzeit viel Verständnis und Hilfe.“
„Aber wenn wir wüssten, was los ist, könnten wir doch besser damit umgehen“, bemerkte Karin.