Das galt für Bolan ebenso; Selbstmord käme ihm nicht in den Sinn. Aber zu seinen Gefangenen sagte er: "Jeder stirbt irgendwann, Jungs. Ich schätze, es liegt an euch, ob es diesmal für uns so weit ist. Bleibt cool, dann sind vielleicht sie dran. Komm mir nur für eine Sekunde blöd, und ich fürchte, wir sind alle fällig, wir verrückten Bastarde."
"Ich bin kein verrückter Bastard", protestierte der Fahrer schaudernd.
"Na, dann beweise es mir", schlug Bolan vor. "Du auch, Danny. Beweis mir, wie zurechnungsfähig du bist."
Bolan wettete allerdings keinen müden Cent auf die Zurechnungsfähigkeit der beiden. Er setzte ausschließlich auf sich selbst.
Kapitel 4: Harter Kontakt
Die AutoMag ist eine ziemlich beeindruckende Waffe. Von einem Büchsenmacher an der Westküste in den späten sechziger Jahren entwickelt, wurde die selbstladende .44 Magnum nach Jahren frustrierender Fehlversuche zu einem Triumph der Waffentechnologie. Die riesige Handfeuerwaffe maß von einem Ende zum anderen fast dreißig Zentimeter, wog ungeladen dreieinhalb Pfund und war größtenteils aus rostfreiem Stahl gefertigt. Sie galt als reine Männerwaffe – am besten geeignet für einen großen Mann, denn es bedurfte einer ziemlich großen Hand und eines starken Griffs, um die Waffe bequem zu handhaben. Die große silberne Pistole, die in erster Linie als Handfeuerwaffe für die Jagd konzipiert war, konnte fast alles, was ein Gewehr für die Großwildjagd konnte, außer in Situationen mit extrem großer Reichweite.
Die schwere Hohlmantelmunition Kaliber .44 hatte eine hohe Mann-Stopp-Wirkung und sofortige Durchschlagskraft auf mehr als neunzig Metern – also etwa der Länge eines Fußballfeldes. Bolan stellte seine eigene Munition aus zerlegten .308-Patronen her, wobei er eine Treibladung mit zwanzig Körnern hinter einem Geschoss mit 240 Körnern verwendete, die eine Mündungsgeschwindigkeit von etwa 400 Metern pro Sekunde erzeugte. Mit einer solchen Ladung war die Leistung der raffiniert konstruierten Waffe wirklich hervorragend und bemerkenswert konstant. Auf zweiundzwanzig Meter konnte Bolan in Kampfhaltung im Schnellfeuermodus ein Ziel von einem Zentimeter Durchmesser treffen. Auf neunzig Meter konnte er in dieser Haltung und mit beiden Händen an der Waffe gezielt feuern und ein ganzes Magazin der großen Kugeln allesamt in einem Bereich von der Größe eines Männerkopfes gruppieren.
Er war schon recht gut im Schießen.
*
Bolan war bereits zu Beginn seiner Armeelaufbahn ein bemerkenswerter Schütze gewesen. In diesen frühen Jahren lag sein Hauptinteresse jedoch bei den Waffen selbst – den technischen Details. Er war ein geborener Waffenmeister, der von Anfang an ein fast instinktives Verständnis für die Dinger hatte. Jede Waffe ist natürlich nur so gut wie ihre Leistung, und Bolans wachsendes Interesse daran führte ihn unweigerlich auf die Schießplätze und dann zu Wettkämpfen, wo er mit seinem phänomenalen Auge und seiner kühlen Selbstbeherrschung Meisterschaften in verschiedenen Waffenkategorien gewann.
Mehr als ein Jahr lang war er für den Rekrutierungsdienst durch das Land gereist, um Schießdemonstrationen zu veranstalten und – gegen Ende dieser Zeit – Showschießen mit Gewehren und Handfeuerwaffen vorzuführen.
Bei der traditionellen Kampfstellung für Schießwettbewerbe hat man die Knie leicht gebeugt und die Waffe in einer Hand gerade vor der Brust ausgestreckt; das Hauptaugenmerk liegt hier auf der Schnelligkeit beim Schießen und Nachladen. Bolan hatte diese Vorführungen normalerweise mit einer Standard-Armeeversion des .45 Colt Halbautomatik absolviert, und seine Geschwindigkeit war phänomenal – er warf die verbrauchten Magazine aus und lud in weniger als einer Sekunde nach. Als Variation dieser Routine entwickelte der junge Bolan einige interessante Choreographien für sein Publikum, wobei er blitzschnell die Haltung wechselte – von der normalen Kampfposition runter auf den Bauch und dann aus dem Liegen zu einer Rolle, während er nachlud und mit unglaublicher Präzision weiterschoss. Ähnliche Choreographien führte er mit einem Karabiner und einer kleinkalibrigen Automatik vor.
Dann kam Vietnam, und Sergeant Bolans Fachkenntnisse wurden für die ernsthafteren Aufgaben eines Soldaten benötigt.
*
Nun war er also im Hafen von Seattle, die beeindruckende .44 gezückt, und es war wieder Zeit für das Showschießen, und er würde sein ganzes Fachwissen brauchen, um hier heil herauszukommen.
Es war keine Situation, die er sich normalerweise selbst ausgesucht hätte. Er zog es vor, eine Gefechtssituation von der Planungsphase an vollständig zu beherrschen. Wenn sich hier überhaupt etwas entwickelte, dann eher eine Art wilde Schießerei – eine plötzliche Konfrontation, bei der man spontan sein musste und jene Seite die besseren Chancen hatte, die ihre Vorteile schneller und spontaner ausspielte.
Es gab natürlich ein oder zwei Punkte, die er wenigstens zum Teil kontrollieren konnte. Und er hatte den Vorteil der Überraschung, um die zahlenmäßige Überlegenheit der anderen Seite ein bisschen auszugleichen.
Die Joker in diesem Spiel waren natürlich Flora und Trinity – seine momentanen und höchst nervösen Begleiter. Er konnte nicht wissen, wie sie sich verhalten würden, sobald er sie losließe. Bolan konnte nur versuchen, ihnen die Richtung zu zeigen.
"Okay, halt genau hier an", befahl er dem Fahrer. Sie hatten die Stelle erreicht, an der Bolan vorhin auf den Späher gestoßen war. Der Typ war jetzt nirgendwo in Sicht.
Ontario Charlie brachte den großen Wagen sanft zum Stehen.
"Schalt das Standlicht ein!"
Der Fahrer gehorchte.
Trinity starrte angespannt nach vorn. "Sie laden immer noch um da unten", beobachtete er mürrisch.
"Wie viele Jungs, sagen Sie?"
"Acht, verdammt. Acht richtig fiese Typen. Das ist verrückt."
"Nur so verrückt, wie man es werden lässt", erinnerte Bolan ihn. "Ich steige hier aus, aber ich werde nicht mehr als zehn Schritte hinter euch sein. Auf diese Entfernung, Danny, kann ich einer Fliege die Augen aus dem Kopf schießen. Ihr Jungs fahrt da runter, mit derselben Geschwindigkeit, die wir eben hatten. Eine falsche Entscheidung, und du bist fällig. Sobald du anfährst, stell die Scheinwerfer auf Fernlicht. Lass es an. Halt unten beim Laster und warte einfach ab."
"Warten ... bis was?", krächzte Flora.
"Bis die Schießerei beginnt. Dann, schlage ich vor, verschwindest du schnell in einem Loch."
Danny Trinity lachte nervös. "Es ist trotzdem verrückt. Du kannst es nicht allein mit acht bösen Buben aufnehmen."
"Dann pass mal auf ", sagte Bolan und stieg aus. "Los!", befahl er und schloss die Tür.
Die Limousine kroch vorwärts. Die Scheinwerfer gingen an und wurden von der dicken Luft fast verschluckt, reflektierten den Nebel und erzeugten eine gespenstische Aura.
Bolan blieb zurück und bewegte sich entlang der Lagerwand.
Auf halbem Weg rannten zwei Männer neben dem geparkten Lastwagen auf den Kai hinaus. Das Mafia-Fahrzeug drängte plötzlich nach vorne, hupte und nahm, Bleifuß auf dem Gaspedal, schnell Fahrt auf.
Manche Leute wussten einfach nicht, was gut für sie war.
Bolan lächelte grimmig und schoss auf sie, wie er es versprochen hatte, vier große rollende Knaller im Schnellfeuer, die das Schicksal des Fahrzeugs besiegelten – als reagiere die AutoMag wie eine Verlängerung des Mannes selbst auf die Situation. Die Geschosse schlugen in einem gezielten Suchmuster etwa auf Schulterhöhe in die Heckscheibe ein.
Offensichtlich fanden sie etwas, denn die Limousine geriet ins Schleudern und rutschte scharf nach Steuerbord, traf das Lagerhaus und überschlug sich. Bolan schoss drei Runden in die Beifahrertür, während das Fahrzeug umkippte. Er lud nach, während er um das Wrack herum und direkt auf die beiden Gangster auf dem Kai zu lief. Sie waren bereits dabei, auf ihn zu feuern, wenn auch ohne Wirkung – ihre Schüsse richteten nur an dem bereits durchlöcherten Fahrzeug