Die denkbar kürzeste Definition könnte lauten: Um Trivialwissen handelt es sich, wenn absolut jeder verständige Mensch einer Aussage zustimmen oder sie zumindest annehmen würde. Beispiel: Die Erde ist eine Kugel. Jeder? Verständige? Wir stehen selbst hier erneut vor einem Problem. Entweder ist dieses Wissenspartikel nicht trivial oder der Mensch, der es bestreitet, ist nicht verständig. Noch einmal also: Was sind denn jetzt Trivia, und warum muss man die mit einem Tag bedenken?
Nähern wir uns einer Antwort mit einem weiteren Beispiel, es lautet: „Nehmen Sie einen Hamster, der nicht aufhört zu wachsen. Der normale Hamster verdoppelt jede Woche sein Gewicht, bis er etwa zwei Monate alt ist. Wenn er dann nicht aufhört und sein Gewicht weiter verdoppelt, hätten Sie nach einem Jahr einen Hamster von einer Milliarde Tonnen Gewicht, der an einem einzigen Tag die weltweite Maisproduktion eines ganzen Jahres auffressen könnte.“
Man könnte sagen: ein klassisches Beispiel für ein absolut irrelevantes Wissenspartikel, weil es in seiner Extrapolation einer völlig ausgeschlossenen Entwicklung eine reine Spielerei darstellt. Mithin handelt es sich aufgrund der unsinnigen Prämissen um nutzloses Wissen.
Das gilt aber nur, solange es jenseits jeglichen spezifischen Kontext steht, also etwa in einem Partygespräch, in dem eine solche Aussage als Eisbrecher dient. Gibt man aber Kontext dazu, sieht die Sache ganz anders aus: Das Zitat stammt von Andrew Simms, seines Zeichens Mitarbeiter am Zentrum für globale politische Wirtschaftsforschung der Universität von Sussex und ein Fellow an der New Economics Foundation; also ein Ökonom, ein Experte mit hohen akademischen Weihen. Warum redet er solch einen 'Bullshit'? Klarer wird der Zusammenhang, wenn man weiß, dass seine Worte völlig isoliert in einer Satiresendung des Fernsehens auftauchen [extra 3, NDR-Fernsehen, 30.10.2019], die hier ganz und gar unkommentiert bleiben – also immer noch 'Bullshit' sind und im Grunde allenfalls der Bloßstellung von Expertenwissen dient.
Tatsächlich entstammt der Ausschnitt einer langen Dokumentation des Senders arte über Sinn und Unsinn grenzenlosen Wachstums. [„Wachstum, was nun?“, arte, 10.9.2019] Erfährt man darüber hinaus noch zusätzlich, dass Simms den Earth Overshoot Day (Welterschöpfungstag, Erdüberlastungstag) initiierte, mit dem jedes Jahr das Datum neu bestimmt wird, an dem die Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen die Reproduktionsfähigkeit der Erde zu übersteigen beginnt, dann ist klar, dass der Ökonom zu einem der heftigsten Kritiker der Logik bedingungslosen Wachstums zählt. Außerdem entwickelt er Auswege aus der Klimakrise und unterstützt Extinction Rebellion, die Bewegung, die Kampagnen zu zivilem Ungehorsam in der Klimafrage organisiert. So ahnt man, dass Simms auf den ersten Blick unsinnige Hamster-Aussage zu einem Modell greift, mit dem er die fatalen Folgen von als alternativlos propagierten Reproduktionskreisläufen illustrieren will.
Bezogen auf die Frage, was nun Trivialwissen von nicht-trivialem, elaboriertem Wissen unterscheidet, legt das letzte Beispiel nahe, dass es vor allem anderen auf die Funktion ankommt. Und die hängt eben vom Kontext ab. Sind Wissenspartikel im Rahmen institutionalisierter, hochspezialisierter Diskurse anzutreffen, so können die gleichen trivial erscheinen, wenn sie in alltagskulturellen Zusammenhängen auftauchen. Sie müssen gar nicht mal in elaborierter Fachsprache, in Formeln und Matrizen o.ä. daherkommen, sondern können durchaus anschaulich sein wie das Hamster-Modell. Das Letztere aber hat den Vorteil, gerade anschließbar an Alltagsdiskurse zu sein, die zu einem überwiegenden Teil aus symbolischen, metaphorischen, kurz: anschaulichen, so genannten interdiskursiven Redeelementen bestehen. Dieses Unspezifische, viele spezialisierte Diskurse zwar integrierende, aber sie auch damit 'überwindend', ermöglicht es uns miteinander zu kommunizieren, die wir in ganz unterschiedlichen Sach- und Fachzusammenhängen unterwegs sind.
Trivialwissen ist also gewissermaßen grundsätzlich dysfunktionales Wissen; es ist nicht in erster Linie an bedeutendem, wissenschaftlichem oder auch nur alltagspraktischem Erkenntnisgewinn orientiert. Unterstützer des Tages des Trivialwissens heben aber unbeirrt hervor, dass jeder dazu ermutigt sei, sich neues Wissens anzueignen oder vorhandenes einmal unter einem anderem Gesichtspunkt zu betrachten: „Let National Trivia Day be an opportunity to learn something new – gain some knowledge or gain a new perspective. Discovering a new tidbit might be refreshing, enlightening or epically awesome. If you aren't constantly learning, you aren't truly living.“ [https://nationaltoday. com/national-trivia-day/] Ein Angebot, dass man schwerlich ablehnen kann.
Machen wir uns also gemein mit dem Mut zum Wissen, zur Not zum Trivialen. Es hat so viele Facetten. Mal ist es funktionales, mal eher dysfunktionales (Trivial-) Wissen. Heute wissen wir ja, dass Wissen in jedem Fall Macht konstituiert, ohne dieses ist ein modernes Subjekt ganz unvorstellbar – um es einmal so holzschnittartig zu formulieren. Wenn man schon über etwas Bescheid weiß, sollte man andere daran teilhaben lassen, so sie denn offen dafür sind. Denn man kann den Umgang mit Trivialwissen als ein Spiel betrachten, bei dem man allerdings mitmachen wollen muss. Wenn man ständig alles anzweifelt und sofort googelt, kommt das Spiel nicht in Gang.
Manchmal unterlässt man das aber gerade sehr gerne. Dann etwa, wenn das triviale Wissen so schön zupass kommt und man sich von diversen Traumata entlastet fühlt. Nehmen wir doch nur mal die Sache mit Albert Einstein und seinen miserablen Schulnoten in den Naturwissenschaften. Manche wissen, dass er sein Abitur in der Schweiz gemacht hat und ziehen ihre Schlüsse: So also erklären sich die Fünfen und Sechsen seiner Matura. Die anderen müssen googeln – oder sie verkneifen es sich.
8. Januar – Männerbeobachtungstag
Watching me, watching you – aha-a
An plane spotter hat man sich inzwischen gewöhnt, das ist ja auch eine harmlose Spezies. Was um alles in der Welt jemanden dazu bewogen hat – und das auch noch in einschlägigen Jahrestageskalendern zu implementieren –, die indiskrete Praxis der Observation von Männern zu feiern, muss schon sehr befremden. Das zeugt schon von einem besonderen Geschmack, über den man auch in diesem Fall wohl nicht streiten darf. Neben Wal- und Wahlbeobachtern ist das schon ein besonders skurriles Hobby. Was gibt’s denn da zu sehen?
Ob gewollt oder nicht, man muss als Mann am 8. Januar jeden Jahres damit rechnen, genau fixiert zu werden, wenn sich das Wissen um diesen Aktionstag ausbreitet, was mit diesen Zeilen überhaupt nicht intendiert ist. Da heißt es, sich gut gepflegt und ordentlich gekleidet in die Öffentlichkeit zu begeben, sich zu benehmen, also einen insgesamt guten Eindruck zu machen oder – wenn man keinen großen Wert auf gute Bewertungen legt – sich im Rahmen des Üblichen zu bewegen.
Stellen Sie die vor allem bei Frauen beliebtesten Charaktereigenschaften heraus, über die jeder Mann geheim im Übermaß verfügt: Zeigen Sie Emotionalität und Humor. Ad 1, Emotionalität: „Gestern Abend haben wir Mensch ärger dich nicht gespielt, da habe ich mal so richtig die Sau 'rausgelassen.“ So wie der tagein tagaus tief in sich ruhende Ex-Innenminister De Maizière seine im seelischen Untergrund brodelnde Leidenschaft kundzutun einmal willens und in der Lage war, kann das jeder Mann. Ad 2, Humor: Lachen Sie doch ab heute mal über die Witze, die andere und nicht Sie selbst machen. Fällt schwer, klar, kann aber, wenn Sie sich entspannt zusammenreißen, gelingen.
Wo findet man heute überhaupt noch Männer? Wenn man absolut sicher gehen will, besuchen Sie die Aufsichtsratssitzung eines DAX-Konzerns. Sicherer noch: Schummeln Sie sich mal in eine Klausur der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, möglichst als Mann oder als solcher verkleidet, damit Sie nicht so auffallen. Während des Karnevals ist der Elferrat jeder beliebigen Großen Prunksitzung ein wahrer Augenschmaus.
Männer-Überhang: Sometimes it’s a long way up for man watching.
Jüngere Vertreter der male community trifft man im Knabenchor an, nach bevorstehenden höchstrichterlichen Entscheidungen über die zulässige Exklusion