Glückliche Familien ähneln einander. Aber jede glückliche
Familie ist auf ihre eigene Art und Weise unglücklich.
LEW N. TOLSTOJ
Irka Ingo
Die Breitseite des Lebens
Berichte eines Verbrechens in der Linzer Stahlstadt
© 2020, Ingo Irka
Autor: Ingo Irka
Umschlaggestaltung, Illustration: Ingo Irka
Lektorat, Korrektorat: Ingo Irka
Übersetzung: Ingo Irka
weitere Mitwirkende: Nina Kurz, Tobias Kurz, Niklas Kurz,
Iris Loitzberger
ISBN: 978-3-347-07712-6 (Paperback)
ISBN: 978-3-347-07713-3 (Hardcover)
ISBN: 978-3-347-07714-0 (e-Book)
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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Inhalt
PROLOG
Jede Entscheidung ist der Tod tausend anderer Möglichkeiten
Mit einer neuen Frau im Haus, tauscht man nur den Teufel aus
Wer die Wahl hat, hat die Qual
Ordnung ist das halbe Leben
Home, sweet home
Wie man das Bäumchen biegt, so wächst es
In der Lüge liegt die Kraft
In vino veritas
Liebe geht durch den Magen
Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde?
Arbeite nur, die Freude kommt von selbst
Lieber die Taube auf dem Dach, als den Spatz in der Hand
Und wenn du denkst es geht nicht mehr, von wo kommt dann das
Lichtlein her?
Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste
Gelegenheit macht Diebe
Schlafes Bruder
… und trübe war das Aug‘ und wollt‘ nicht recht mehr sehen
ZWISCHENBERICHT
(K)ein Silberstreif am Horizont
Schlaf, Kindlein schlaf!
Auge um Auge, Zahn um Zahn
Die Polizei, dein Freund und Helfer
…und wehe, wenn Sie losgelassen
Halb erlistet ist nicht ganz gewonnen
Wer suchet, der findet
Blut ist dicker als Wasser
Fürchtet nicht das Gesetz, fürchtet den Richter
Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende
EPILOG
PROLOG
Konrad feilte immer noch herum an einer passenden Einleitung für seine Linzer Tagesberichte. Langsam, aber sicher war Eile geboten. Es war ja schließlich nicht so, dass es mit diesen ersten paar Zeilen schon wieder abgetan gewesen wäre. Auch das Schreiben der ganzen Berichte stand ihm noch bevor. Also hieß es, schleunigst in die Gänge zu kommen. Er musste beginnen, bevor der Verlag ihm Druck machen würde. Wenigstens war es diesmal ein dankbares Thema.
Dieses Mal würden seine Berichte sich um das Schicksal eines Familienvaters drehen. Ein Mann, der vorhatte, aus seinem unerfüllten Leben auszusteigen und es neu aufzustellen. Nur ein frommer Wunsch, wie sich alsbald herausstellen sollte. Denn die Realität hielt nach diesem missglückten Ausstieg etwas ganz anderes als Glück und Freude für ihn bereit. Was genau, das war noch Zukunftsmusik. Das würde sich nach und nach erst weisen. Für den Augenblick jedenfalls hieß es, überhaupt erst einmal etwas zu Papier zu bringen.
Er griff nach einem Stift und fing an: Wir alle sind Baumeister. Die Homo faber unseres eigenen Lebens. Jeder von uns. Ohne Ausnahme. Unser ganzes Dasein ist darauf ausgerichtet, etwas zu schaffen. Oder noch besser, etwas zu erschaffen. Wir halten unentwegt Ausschau nach dem richtigen Werkzeug, um die Baustelle, die sich “Leben“ nennt, zu bearbeiten und zu ebnen. Wir versuchen Stein für Stein präzise und unverrückbar zu setzen. Auf dass auf diesem sicheren Fundament das Lebenswerk eine gefestigte Ausprägung erfahre. Wie man sich bettet, so liegt man schließlich. Und wer möchte schon freiwillig mit dem Nagelbett eines Fakirs tauschen, wenn er doch auf einem weichen Satinkissen zu ruhen vermag.
So sind wir unentwegt auf der Suche nach dem besten Material mit dem wir unseren Traum vom eigenen Lebenswerk erfüllen wollen. Wir legen Grundbausteine aus Geld, Arbeit, Familie, Liebe und anderen Idealen. Wir verbinden sie mit Ordnung, Moral, Motivation oder Disziplin, kurz den Werkstoffen, die das Leben für uns bereithält. Jeden Morgen stehen wir auf und gehen all unseren Verpflichtungen nach. Wir fahren zur Arbeit, erledigen unseren Job, kochen mittags das Essen und kümmern uns am Nachmittag um den Nachwuchs. Und dann, wenn endlich der Abend Einzug gehalten hat, setzen wir getrost einen neuen Stein auf unser Gebäude. So lange, bis es hoch genug ist und unseren eigenen Ansprüchen genügt. Erst wenn die oberste Dachschindel befestigt ist und die goldenen Fähnchen aus den Fenstern wehen, dann ist das Bauwerk komplett. Dann ist die Baustelle einem stattlichen Haus gewichen in dem es sich gut leben lässt.
Wer jedoch denkt, dass damit schon der Abschluss gefunden wäre, der irrt. Das bloße Errichten seiner Welt ist nur die halbe Miete. Schließlich gehört sein Eigentum auch beschützt und verteidigt gegen allerlei Einflüsse von außen. Niemand kann ernsthaft wollen, dass jemand ungefragt in sein Leben eindringt und sich einfach seiner Habe bemächtigt.
Und was wäre wohl die beste Maßnahme, als einfach eine riesengroße Blase rund um diese unsere Welt zu stülpen. Wie eine Käseglocke, die jedem Befall von außen trotzt. Also wird alles eingepackt in diese Blase und versiegelt mit dem Wunsch nach Ruhe und Glückseligkeit. Garantierter Schutz auf allen Linien.
Wenngleich damit nun neue und weitaus dringlichere Fragen auftauchen: Wer schützt uns jetzt eigentlich vor uns selbst? Was, wenn der Feind nicht von außen zuschlägt, sondern sich vielmehr in den eigenen Reihen befindet? In einem selbst? Was, wenn mit der Zeit all die Ideale verblassen oder die Werkstoffe allesamt unauffindbar sind?
Dann beginnt am Haus der Verputz zu bröckeln und der harte Beton zerbröselt zu feinem Staub. Alles wird instabil, Verbindungen lösen sich und das gesamte Werk droht einzustürzen. Wollen wir dann überhaupt noch weiterhin darin wohnen? In einem Gebäude, das nicht mehr hält, was es einst versprochen hat? Wohl kaum. Nein, dann kommt die Zeit in der wir einfach ein Loch in die Blase schneiden und aussteigen aus dieser Welt. Wir zimmern uns unseren eigenen Ausgang.
Was wir dabei jedoch nicht bedenken ist, dass wir mit dem Loch gleichsam auch einen Einstieg geschaffen haben. Einen Einlass für all jene, die wir doch niemals hier haben wollten. Für all die ungebetenen Subjekte, die selbst auf der Suche sind nach einer besseren Welt als der ihren und sich wie ein Kuckuck ins gemachte Nest setzen wollen. Sie steigen ein in unsere Welt und beginnen unser Haus umzugestalten. Sie verändern alles nach ihrem eigenen