Ein wurmähnliches Wesen erschien auf dem Schirm. »Es spricht Rho-Dong, Oberhaupt des Nomadenrates der Dabsokaar! Die Fremden, die uns die Glückseligkeit streitig machen, werden hiermit ultimativ aufgefordert, diesen Ort zu verlassen! Andernfalls werden sie den geballten Zorn jener spüren, die den Herren des Glücks dienen und sich ihre Glückseligkeit nicht rauben lassen werden! Der Einsatz von Gewalt ist unvermeidlich, wenn unseren Forderungen nicht Rechnung getragen wird!«
Die Verbindung wurde beendet.
»Eine Unverschämtheit!«, urteilte Lurdre Traanlak. »Sie scheinen nicht einmal zu wissen, auf wessen Territorium sie sich befinden!«
»Besonders nachdrücklich hat das Reich von Aradan seine Besitzansprüche auf diese Ansammlung von Trümmerbrocken bislang ja auch nicht angemeldet«, kommentierte Sunfrost.
Traanlak verzog das Gesicht. »Da muss ich Ihnen natürlich Recht geben, Captain.«
»Kommunikation!«, wandte sich Rena an Susan Jamalkerim.
»Schalten Sie den Kanal frei und senden Sie in derselben Frequenz und Übertragungsqualität zurück.«
»Kanal frei, Ma'am!«
»Wir beanspruchen Ihre Glückseligkeit nicht und wurden im Übrigen von den Wesen, die Sie die Herren des Glücks nennen, ausdrücklich zu einem Besuch eingeladen. Die Dabsokaar sollten diese Entscheidung der Rodanag akzeptieren. Von uns werden keine Kampfhandlungen ausgehen, aber wir sind durchaus in der Lage, uns auch gegen eine Übermacht erfolgreich zu verteidigen. Darüber hinaus stehen die verbündeten Flotten zweier Sternenreiche hinter uns, sodass wir in Kürze Verstärkung herbeordern könnten. Sunfrost Ende.«
*
Die STERNENKRIEGER schwenkte unterdessen in einen stabilen Orbit um die Bewohnte Provinz ein. Ein Außenteam wurde zusammengestellt. Die Rodanag nahmen noch einmal Kontakt auf und stellten klar, dass es ihr Wunsch war, die höchste Autorität an Bord persönlich zu sprechen.
»Wir sollten diesem Wunsch nachkommen, Captain«, riet Bruder Guillermo. »Und da die Rodanag nun einmal Sie als unsere höchste Autorität kennen gelernt haben, müssen Sie auch das Außenteam leiten. Ich weiß, dass dies in Anbetracht einer möglichen Gefechtssituation nicht nach Ihrem Geschmack ist, aber wir sollten unsere Gesprächspartner nicht schon vornherein verprellen.«
Er hat Recht, dachte Rena nach kurzem Nachdenken und wandte sich an Van Doren. »Sie haben das Kommando, I.O.«
»Aye, Captain.«
Zehn Minuten später ging das Außenteam an Bord der Fähre L-1, die von ihrem etatmäßigen Piloten Yakuf Bogdan geflogen wurde. Dem Außenteam gehörten außer Captain Sunfrost selbst und Lurdre Traanlak noch Bruder Guillermo, der Leitende Ingenieur Lieutenant Simon E. Erixon, der ebenfalls zum technischen Stab gehörende Fähnrich Clayton Gomes sowie Sergeant Ray Kelleney, der neue Kommandant der an Bord der STERNENKRIEGER stationierten Marines-Einheit an.
Ray Kelleney vertrat Sergeant Oliver Rolfson, der ein Offiziersstipendium an der Space Army Corps Akademy angetreten hatte. Kelleney wurde von drei seiner Männer in schweren Kampfanzügen begleitet. Ihre Aufgabe war es, für die Sicherheit des Teams zu sorgen.
Ein Peilstrahl erreichte das Beiboot bereits kurz nach der Ausschleusung aus seinem Hangar an Bord der STERNENKRIEGER.
»Hauptsache, Sie wissen, wo Sie andocken müssen, Bogdan!«, sagte Lieutenant Erixon etwas spöttisch.
Der zur Methanatmung fähige Genetic hatte eine Zusatzausbildung in Fremdtechnik und war daher für diese Mission genau der richtige Experte. Schließlich ging es unter anderem darum, Daten aus uralten, vermutlich sehr fremdartigen Rechnersystemen auf die STERNENKRIEGER zu transferieren – falls das überhaupt möglich war. Die ausschließlich zur Infrarotsicht fähigen Facettenaugen gaben Erixons Gesicht etwas Nicht-Menschliches, dass es immer ein bisschen schwierig machte, seine Mimik richtig zu interpretieren.
Auf dem Schalensitz neben ihm hatte Clayton Gomes Platz genommen. Der überaus begabte Fähnrich litt unter dem so genannten Wolfssyndrom, einem Gen-Defekt, der dafür verantwortlich war, dass er nahezu vollkommen von Haaren bedeckt war. Selbst seine Stirn war von einem dichten Pelz bedeckt.
Die L-1 folgte dem Peilstrahl und dockte schließlich auf der Oberfläche der Dunkelwelt an. Die Rodanag übersandten Daten von Schwerkraft, Sauerstoffgehalt und Temperatur, die innerhalb der Bewohnten Provinz herrschten. Die Werte waren für Menschen allesamt akzeptabel.
Dennoch legten alle Angehörigen des Außenteams Druckanzüge an, die im Notfall geschlossen werden konnten.
Nur bei den Marines war das nicht nötig. Ihre Panzeranzüge waren weltraumtauglich.
Zuerst verließ Kelleney die Schleuse, dann folgten seine Marines Raggie S. Terrifor, James Levoiseur und Norbert Gento. Sie waren schwer bewaffnet, wobei Gento anstatt des Gauss-Gewehrs mit einem Thermostrahler ausgerüstet war, während der Rest des Außenteams lediglich mit Nadlern bewaffnet war.
»Alles klar!«, meldete Kelleney von außen über Funk. Danach verließen auch die anderen das Schiff – mit Ausnahme von Bogdan, der an Bord die Stellung halten musste.
Sunfrost und ihre Crew befanden sich am Anfang eines breiten Korridors.
Vielarmige Kopffüßler kamen ihnen entgegen. Etwa ein Dutzend waren es. Sie blieben in einiger Entfernung stehen.
»Wir grüßen euch«, sagte einer von ihnen und die Translatoren der Menschen hatte kaum noch Schwierigkeiten mit der Übersetzung. »Mein Name ist Maltranar, ich bin ein Berater des Obersten Krisenfall-Entscheiders.«
»Captain Sunfrost. Wir wünschen mit dem Krisenfall-Entscheider zu sprechen.«
»Ich werde euch zu dem schönen Geralgar führen«, versprach Maltranar.
Sunfrost sah ihren Gesprächspartner etwas verwirrt an. »Den schönen Geralgar?«, fragte sie verwirrt.
»Größe ist Schönheit, sagt unsere Überlieferung«, erklärte Maltranar. »Folgt mir bitte.«
*
Das Team wurde in einen hallenartigen Raum mit zahlreichen quaderförmigen Konsolen geführt. Zahlreiche Rodanag waren in diesem Raum versammelt. Ihre Glupschaugen musterten die Gäste auf eine Weise, die Sunfrost nicht interpretieren konnte.
»Schönheit ist Größe«, wiederholte Bruder Guillermo leise den letzten Satz Maltranars.
Sunfrost war der Riese unter den Rodanag auch sofort aufgefallen. Je nachdem, wie er sich auf seine unterschiedlich stabilen Tentakelbeine stützte, musste er zwischen zwei Meter fünfzig und drei Metern hoch aufragen.
Die Marines gingen unwillkürlich in Abwehrhaltung.
Das gewaltige Monstrum bewegte sich auf die Delegation zu.
Der Riesen-Rodanag stieß ein paar schnalzende Laute zur Begrüßung aus, die laut der Interpretation des Translators durchaus freundlich gemeint waren.
Schönheit ist eben etwas sehr Relatives, überlegte Sunfrost.
»Der Oberste Krisenfall-Entscheider der Rodanag des Verheerten Landes sei gegrüßt«, ergriff jetzt Bruder Guillermo das Wort. »Unser Captain freut sich mit dir zu sprechen, Geralgar!«
»Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, erklärte Geralgar. Er musterte den Olvanorer. »Und wer bist du?«
»Ein Berater unseres Captains.«
»Es ist wichtig, den richtigen Rat einzuholen«, sagte Geralgar. »Kein Entscheider kann erfolgreich sein, dem nicht die beste Beratung zur Verfügung steht.«
»Da stimme ich dir ausdrücklich zu«, erklärte Sunfrost.
»Wie gesagt, wir sind bereit euch am Wissen, das diese Anlage hat, teilhaben zu lassen.«
»Was müssen wir dafür tun?«, mischte