Meine irdischen und himmlischen Wege. Manfred Höhne. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Manfred Höhne
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783749781386
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kein Geld mehr zur Verfügung stand. Er habe aber aus eigener Leidenschaft ständig an der Aufarbeitung weitergearbeitet, wo das ohne Ersatz von Originalteilen möglich war. Er zeigte Gunther mit großem Stolz die beiden fahrtüchtigen Nobelkarossen und der bat Albrecht, unbedingt an der Aufarbeitung des dritten Wagens weiterzumachen und alles Notwendige für die Beschaffung der zu ersetzenden oder zu erneuernden Teile in die Wege zu leiten. „Ich werde mit der Gräfin bei unserem nächsten 5-Uhr Tee über diesen wertvollen Nachlass ihres Sohnes sprechen.“

      Für jetzt vereinbarten sie erst einmal, dass Hannas Einkaufswagen zu den Oldtimern gestellt werden sollte und Gunthers ‚Mondeo‘ und Almuths VW zu Anna-Marias ‚Fiesta‘ in die Garage auf der anderen Seite des Burgtores.

      In diesen Wochen meldeten sich auch mehrere Interessenten für sein ins Internet gestelltes Haus. Er entschied sich schließlich für einen Käufer, der das Haus kaufen wollte, wie es steht und liegt, mit allen Möbeln, die er selbst nicht mehr benötigte und allem, was in Kellern und auf dem Dachboden noch hätte entsorgt werden müssen. Der notarielle Verkauf sicherte ihm noch drei Monate das Wohnrecht zu, so dass ihm Zeit blieb, zwei weitere Möbel-und Inventartransporte auf den Weg zu bringen.

      Albrecht hatte mit den Baufirmen, die schon bei Graf Thilo unter Vertrag standen, die Wohnung im Südwest-Flügel hergerichtet und die Fußbodenheizung im Turm an die Solar und Ölheizung angeschlossen.

      Gunther hatte sich im Wohnturm für ein Eiche-Schiffsplanken-Parkett entschieden und dafür ein 20 Jahre getrocknetes Holz erhalten.

      Er war viele Male zwischen seinem Wohnort und Hohenfelden hin-und her gependelt, um ein wenig einzurichten und vorzubereiten und Almuth nicht völlig in ein Chaos fallen zu lassen.

      Er hatte sogar schon einmal provisorisch dort übernachtet. Anne hatte ihm ein Abendbrot auf die Terrasse gebracht und ihm, auf seine Bitte hin, Gesellschaft geleistet. Gunther konnte sich später nicht mehr recht an den Inhalt ihres Gespräches erinnern. Er hatte ihr wohl von seinen Plänen der Wohnungseinrichtung erzählt.

      Das war ihm aber auch nicht so wichtig. Wichtig waren ihm ihre Stimme und ihre Anwesenheit.

      Am 20. September konnte dann mit einem Rest an Hausrat und den Betten, der endgültige Aus-und Umzug erfolgen und die Hausschlüssel unwiderruflich an den Nachfolger übergeben werden.

      Gunther hatte 48 Jahren in diesem Haus gewohnt und erlebte diesen Moment mit einer Portion Wehmut, die er nur ertrug, in der Freude und Erwartung auf das neue Zuhause.

      Kap 13

      Drei Wochen spätere gab es die Einweihung, die gleichzeitig Gunthers nachgeholter 83. Geburtstag sein sollte, der dem Umzugstrubel geopfert werden musste. Alle waren gekommen. Auch Sören hatte seine Vorlesungen geschwänzt, Maibrit und Gunnar ihren geplanten Urlaubsantritt um zwei Tage verschoben. Bertram und Susanne hatten Ivette im ‚Gepäck‘ und Almuths Sohn Lothar aus erster Ehe, der inzwischen eine lukrative Anstellung als Arzt in Dresden gefunden hatte, war mit Frau und beiden Kindern angereist. Natürlich auch seine Schwester und sein Bruder aus Hamburg.

      Da die Wirren des langen Umzuges sich über fast drei Monate hingezogen hatten und sich ohne Hannas Hilfe keine Lampe und keine Gabel hätten finden lassen, war Gunther mit seinem älteren Bruder übereingekommen, beider Geburtstage zusammenzulegen und deren Würdigung mit der Feier der Einweihung des neuen Wohndomizils zu verbinden. Da es bei beiden kein ‚runder‘, herauszuhebender Geburtstag war, stand dem mental nichts im Wege.

      Auch die Geburtstage von Anna-Maria und Hanna waren in der Vorbereitung und der unvermeidlichen Hektik der letzten Hausrattransporte und dem Abschluss der letzten Bauarbeiten fast untergegangen. Gunther hatte von Anne aber die Geburtstage ihrer Eltern erfragt, als sie ihn bat, an ihrer eigenen Kaffeetafel teilzunehmen.

      Trotz anderer Aufgaben, hatte er sich diesen Nachmittag frei genommen und war nach Hohenfelden gefahren. Er wollte diesen Besuch mit einem Bautermin verbinden, so dass es für die Familie ohne erkennbare Bedeutung blieb, die er dieser Begegnung beimaß. Da Hannas Geburtstag schon eine Woche später folgte und sie ihn bescheiden bat, ob er den nächsten Bautermin mit Albrecht so vereinbaren könne, auch an ihrer Kaffeetafel teilzunehmen, blieb ihm nur übrig, dies zu zusagen.

      Es hatte ihn eigentümlich berührt, dass Anne nur ihre Freundin, mit der sie noch immer seine Bücher in der Bibliothek katalogisierte und einordnete, zu ihrem Geburtstag eingeladen hatte und keinen Freund, der zu ihrem Alter und ihrer Attraktivität eigentlich gehört hätte. Aber er wischte diesen Gedanken rasch und – wie ihm schien - mit einer gewissen Befriedigung, beiseite.

      Da er von ihr erfahren hatte, dass sie schon während der Schulzeit auf der Gitarre ihrer Freundin Unterricht nahm, überreichte er ihr eine schöne Gitarre, von der ihm der Verkäufer in Weimar versicherte, sie spiele schon allein bei bloßer Berührung. Das Geschenk machte ihr sichtlich Freude und da Karen, ihre Freundin, ihre Gitarre mitgebracht hatte, fanden sich die beiden jungen Damen sogar zu einem Duett bereit. Nicht meisterlich, aber Gunther kannte inzwischen Annes Ehrgeiz und war überzeugt, dass sie zum nächsten Geburtstag schon mit einer Glanznummer würde aufwarten können.

      Es war eine schöne Kaffeestunde und Gunther war klug genug, sich zu verabschieden, ehe man das von ihm schicklicherweise erwarten würde.

      An Hannas Geburtstag konnte sich Gunther nicht mehr so genau erinnern. Er hatte ihr einen Blumenstrauß überreicht, aber darauf geachtet, dass er nicht schöner und teurer war, als der von Albrecht. Der Clou war trotzdem ein Geschenk, das er mitbrachte. Er hatte ihr den Titel einer ‚Beschließerin‘ verliehen und dazu eine antik anmutende Urkunde anfertigen und rahmen lassen. Hanna war gerührt und hängte sie sofort in ihrer ‚gute Stube‘ an die Stelle eines kleinen Landschaftsbildes, das sicher nur ein Fläche füllender ‚Notnagel‘ war. Gunther blieb noch kürzer, als zu Annes Geburtstag, um jeden Eindruck zu vermeiden, dass er sich in die Familie drängen wollte.

      Albrechts Geburtstag war der letzte im Jahr und da der kurz vor Weihnachten lag, hatte er eh und je darauf verzichtet, Aufhebens davon zu machen. Trotzdem nahm Gunther sich vor, diesen Tag nicht zu vergessen.

      Nun aber begingen sie alle zur Einweihung des Hauses erst einmal seinen und seines Bruders Geburtstag.

      Gunther war sich natürlich im Klaren, dass es weniger die nachgeholten Geburtstage, als die Neugierde auf sein neues Domizil war, die seine Familie sich so vollzählig auf Hohenfelden hatte versammeln lassen. Natürlich wurde jetzt erst einmal das Haus gezeigt und unvermeidlich - nach dem Kaufpreis und den Kosten des Ausbaus seiner Wohnung gefragt.

      Die kolossale Anlage, die Lage im See und der Anblick des Sees selbst, wurden aufrichtig bewundert.

      Wie nicht anders zu erwarten, war die Besichtigung der Pulverkammern, der Schweinekoben-großen Zellen für die Gefangenen und das Verließ ein Höhepunkt, besonders für die Kinder. Ungeteiltes Interesse fand auch die Folterkammer mit ihrem Inventar an Grausamkeiten, wie dem Nagelstuhl und der Streckbank. Gunther erklärte deren Handhabung und berichtete aus der Chronik, die ihm Gräfin Mathilde zur treuen Verwahrung übergeben hatte, dass damit einmal eine ‚Körperverlängerung‘ von 9 cm erreicht worden sei, was der Delinquent allerdings nicht überlebte.

      Über der Tür hatte Gunther in mittelalterlichen Minuskeln die Schrift "Raum der Wahrheit" anbringen lassen, was besser die makabre Relativität der Wahrheit bei der Wahrheitsfindung dort nicht ausdrücken konnte.

      Das Essen fand im Festsaal statt. Es war das erste Mal, dass Gunther sein Essen hier einnahm. Hanna und Anna-Marie bugsierten die kleinen Servierwagen mit den Speisen von der Küche herein und Gunther achtete darauf, dass erst mit dem Essen begonnen wurde, als beide mit an der Tafel saßen. Er hatte Wert darauf gelegt, dass Gräfin Mathilde an seiner rechten Seite Platz nahm. Sie hielt sich sehr aufrecht und ließ ihre Gefühlswallungen, die sie bei diesem Diner empfand, nicht erkennen. Nur Hanna und Gunther mochten ahnen, was in ihr vorging, da ihr letztes festliches Essen hier zum 60. Geburtstag ihres Sohnes im Kreis der Familie stattgefunden hatte. Als Gunther die Trauer in ihren Augen sah, nahm er ihre Hand und hob sein Glas, um mit ihr auf noch viele schöne Jahre hier im Haus anzustoßen. Gräfin Mathilde dankte sichtlich gerührt für diese Geste.

      Zwei