Ich greife meine Messias-Version wieder auf, zürnt Gott. Hauptberuflich bin ich kein Erbsenzähler, aber eine Erfolgsgeschichte war es damals nicht, eher ein ziemliches Desaster! Was macht der arme Kerl, Jesus, heutzutage? Erstaunt blicke ich auf meinen alten Kumpel Walter, so direkt hat mir bisher nie jemand die Leviten gelesen. Ist wohl dem Ernst der Lage geschuldet, wie auch der Kleinigkeit das ich der Boss bin, bis dato. Vor einer Woche waren wir überzeugt, mein Ego & Wenigkeit, einen astreinen Job zu vollbringen. Der Übeltäter für den miserablen Zustand der Erde ist dieser Knebelvertrag mit der Klausel des freien Willens, nahm der alte Esel an! Wäre ich nicht selbst Gott, würde ich ihn in diesem Augenblick um Hilfe bitten. Walter, wie rette ich innerhalb von 6 Monaten die Welt, wenn die letzten 2000 Jahre schon nicht von Erfolg geprägt waren? Der Messias-Plan ist überzeugend, nur Jesus nun ja, Christus ist absolut charismatisch, was in Teilen zu Lasten der Durchsetzungsfähigkeit geht. Es war anders vorgesehen, ein wandelndes positives Vorbild für die Menschen war geplant, nur diese verdammte Kreuzigung war eine Verkettung unglücklicher Vorkommnisse. Das ist das Los eines alleinerziehenden Vaters, einmal nicht aufgepasst schon endet es im Desaster. Falls ich an meiner Idee mit dem Messias festhalte, stellt sich die Frage, ob Jesus wieder einsatzfähig ist, seit Jahrhunderten verfängt er sich in Selbsthilfegruppen und Therapien. Eine weitere Konfrontationstherapie mit den Menschen würde seinen Heilungsprozess fördern, eine Aussöhnung und ein erfreuliches Finale ermöglichen, ein glanzvoller Abschluss. Walters Blick lässt nichts Gutes erahnen, mit strenger Miene kontert er.
Hast du Jesus gefragt, ob er überhaupt Lust hat, soweit ich informiert bin, gilt der freie Wille auch in deinem Himmels-Office-Tower, oder nicht! Wie vertrauensvoll ist euer Verhältnis, bei dem letzten Jam-Festival hat man euch kaum miteinander gesehen. Ja, er ist ein wenig gekränkt, wir kämpfen die typischen Vater-Sohn-Problematiken, aber nichts Ernstes! Du hast Recht, die Fürsorgepflicht hat gelitten. Er fühlt sich scheinbar in Gruppen wohler, genau das ist die Lösung, ich werde ihn samt Abordnung auf die Mission 5.0 senden. Wie meinst du das mit Delegation, hast du vor deinen Sohnemann inklusive Engelslegionen auszusenden, du weißt, das widerspricht den Regularien, keine Tricks! Nein, nein er erhält Beistand in seiner Berufung als Messias, im Rahmen der Gleichstellung werden ihn Frauen wie Männer unterstützen, sonst kommen wir in Teufels Küche, im wahrsten Sinne. Meinst du nicht, dass den Erlöser eine Gefährtin nur ablenkt, ich erinnere dich an Maria, die Geschichten, die ich kenne, tja. Hilfreicher wäre die Fokusierung auf die wichtigen Aufgaben, sonst kommt ihm sein Ego in die Quere. Du weißt schon übers Meer laufen, Wasser zu Alkohol verwandeln, das leisten Männer indes, um das andere Geschlecht zu beeindrucken. Was, er hat das Wasser zu Wein verwandelt, um Frauen zu imponieren? Da ist Hilfe bitternötig, wir geben ihm eine Schwester mit auf dem Weg! Mutig, durchsetzungsfähig und Ahnung von Politik hat Sie, Jeanne d’Arc. Tja, Sie wird genauso wenig begeistert sein von einer weiteren Dienstreise wie Jesus. Sie wurde verbrannt, da ist ihre Vorfreude auf das Jobangebot sicherlich nicht sonderlich ausgeprägt. Papperlapapp, darum kümmere ich mich höchstpersönlich, um den beiden die Vorteile der Reise zu versüßen. Das jähe Ende wird sie einander näherbringen, wenigstens eine Gemeinsamkeit, vom Charakter her sind beide ja wie Feuer und Eis, abgesehen davon ist die Idee sagenhaft, oder?
Ja, zumindest klingt es durchdachter wie vor 2000 Jahren, nur reicht das? Brauchst du nicht mehr Fachleute, die Menschheit steht auf dem Spiel, die Erde ist seit geraumer Zeit vor dem Kollaps. Bei aller Liebe, du benötigst neben der Rettung des Seelenlebens mindestens 2 weitere Experten um den Planeten zu retten, du weißt MINT-Fächer und so. Boah, du hörst dich an wie die Typen in meinem Führungskräfteseminar. Die haben mir die Ohren voll gejault, dass ich bei der Erschaffung der Welt mehr Wert auf die Flora & Fauna anstatt auf künstliche Intelligenz gelegt hätte. Deswegen ist die Rettung der Erde parallel anzugehen. Handle gewieft mein alter Freund, raunt Walter Gott zu, ich habe dich immer für deine Weisheit bewundert, durchdachte Entschlüsse zu treffen. Ein tiefer Seufzer folgt über den Tresen. Ich habe gehofft, die Menschen erwachen eines fernen Tages, um ihre Mission zu erfüllen, aber ich habe die letzten Jahrhunderte genauso verschlafen und mich zu wenig gekümmert.
Ich habe die Auswirkungen der Kreuzigung & der kleinen Möchtegern-Götter die Religionen angeblich in meinem Namen gegründet haben, unterschätzt. Der direkte Kontakt zu mir ist völlig abgebrochen, die Angst beherrscht ihr Handeln, das Gegenteil von dem, was meine Utopie für die Erde war. Komm schon, deine Reue ist genug, ran an die Arbeit, Jesus 5.0 steht an, lächelt Walter. Gott lugt erstaunt in das Gesicht seines Gegenübers, Jesus 5.0, klingt etwas zu hip für meinen Geschmack, aber es ist die letzte Chance!
Zielvereinbarungsgespräch – Rettung der Welt oder neuer Job?
Schreibtischarbeit ist schlicht und einfach nicht meine Lieblingsbeschäftigung. Seit einer Woche tüftle ich an diesem Projektplan für das Zielvereinbarungsgespräch mit der Obrigkeit. Die Welt habe ich locker in ein paar Tagen erschaffen, im Augenblick scheitere ich an 20 Seiten Papier, ein Skandal! Zumindest bei meiner Crew für die Mission bin ich mir sicher. Jesus ist klar gesetzt in Gestalt des charismatischen Messias, er benötigt trotz alledem Schützenhilfe in Form einer fabelhaften Frau an seiner Seite, praktisch eine Doppelspitze! Jeanne d’Arc ist die richtige Partnerin, mutig und durchsetzungsfähig, die Mischung macht es. Die Besetzung als Geschwister ist wichtig, andernfalls kommen wieder Emotionen ins Spiel, wo Jesus ohne jeden Zweifel romantisch veranlagt ist. Er lässt mir unter Umständen die ganze Dienstreise platzen.
Nur wie werden die beiden die Menschen überzeugen? Glaube ohne neue Religion ist mein Ziel, schließlich bin ich Gott. Keine Gottheiten außer mir, nur kapieren das diese Erdlinge seit über 2000 Jahren nicht. Da expandiert ihr Ego, jedes Mal wenn jemand meine Worte verkündet, drehen sie am Rad. Sie streiten und schreiben wirre Geschichten in Bücher, um sich anschließend gegenseitig den Garaus zu bereiten. Seufzend suche ich die Zielvorgaben aus dem letzten Gespräch. Schwarz auf weiß finden sich die 10 Punkte für die Weltrettung wieder, ein Tipp für die Jobgarantie? Wobei ich mir gar nicht mehr sicher bin, ob ich für den Chefsessel geeignet bin. Egal die Passagen fließen ein, mal sehen wie weit ich bin:
Zielvorgaben für die Rettung der Erde:
1. Freier Wille der Menschen ist unabdingbar
2. Keine weiteren Religionen
3. Ausbau künstlicher Intelligenz
4. Direkter Kontakt & Coaching durch Gott
5. Einklang von Mensch, Natur & Technik
6. Warnsystem für die 7 Todsünden, Belohnungssystem
7. Jesus als positives Vorbild & Happy End
8. Stärkung der Humanität & Liebe der Kinder Gottes zueinander 9. Eigenverantwortung der Menschen stärken, Konsequenzen des jeweiligen Handelns/Nichthandelns sichtbar machen.
10. Erweiterung der Gehirnkapazitäten, Intuition dient als direkter Kontakt zu Gott.
Hm, an den ersten beiden Absätzen bin ich ja öfters gescheitert, Himmel noch mal. Punkt 1 wird mit Punkt 4 gelöst, ich werde Milliarden von Menschen einfach selbst coachen, mithilfe von künstlicher Intelligenz. Ich schmücke mich dennoch nicht mit fremden Federn, es war nicht meine Idee! Die Chefetage hat mir die Ohren vollgejault, ich sei von je her nicht technikaffin und hätte versäumt, die Erde damit auszustatten. Andere Sternenführer wären da weiter und erzielten erstaunliche Erfolge. Mag sein, dafür ist meine blaue Kugel die Schönste, die Flora und Fauna ist bezaubernd, liegt am grünen Daumen, der mir praktisch in die Wiege gelegt wurde. Das diese kleinen Menschen meinen Garten Eden 2 innerhalb