Die Zielsetzung meines Reifegrad-Modells besteht darin, Unternehmen dabei zu helfen, ihre Fähigkeiten bei der Bereitstellung und Nutzung von (kritischen) Datenbeständen zu verbessern. Gleichzeitig will ich einen Maßstab festlegen, der sich für die kontinuierliche Verbesserung der notwendigen Prozesse, die Einhaltung von Vorschriften und für die - allenfalls notwendigen - Audits von Datenbeständen eignet.
Das Reifegrad-Modell weist sechs (6) Stufen über die Fähigkeiten und Reife der jeweiligen Datendisziplin auf, welche ich nachfolgend beschreibe:
Die sechs Stufen der Reifegrade von Datendisziplinen
Stufe 0 - Nicht betrachtet: Die Datendisziplin wurde nicht betrachtet und deshalb nicht bewertet.
Stufe 1 - Ad hoc: Prozesse werden ad hoc durchgeführt, hauptsächlich auf der Projektebene. Prozesse werden in der Regel nicht geschäftsbereichsübergreifend angewendet. Die Prozessdisziplin ist in erster Linie reaktiv, beispielsweise wird bei Datenqualitätsprozessen die Reparatur der Prävention vorgezogen. Grundlegende Verbesserungen können vorhanden sein, aber Verbesserungen werden innerhalb des Unternehmens noch nicht erweitert oder beibehalten. Daten werden als eine Voraussetzung für die Durchführung von Projekten verwaltet.
Stufe 2 - Verwaltet: Prozesse werden in Übereinstimmung mit den Richtlinien geplant und ausgeführt; es werden qualifizierte Mitarbeiter mit angemessenen Ressourcen beschäftigt, um kontrollierte Ergebnisse zu erzielen; beziehen relevante Interessengruppen mit ein; werden überwacht und kontrolliert und hinsichtlich der Einhaltung des definierten Prozesses bewertet. Es besteht ein Bewusstsein für die Bedeutung der Datenbereitstellung als kritische Infrastruktur.
Stufe 3 - Definiert: Es werden eine Reihe von Standardprozessen angewandt und konsequent befolgt. Prozesse zur Erfüllung spezifischer Bedürfnisse werden aus dem Satz von Standardprozessen gemäß den Richtlinien des Unternehmens maßgeschneidert. Daten werden auf organisatorischer Ebene als entscheidend für die erfolgreiche Durchführung von Innovationen behandelt.
Stufe 4 - Gemessen: Prozess-Metriken wurden definiert und werden für die Datenbereitstellung verwendet. Dazu gehört die Verwaltung von Varianz, Vorhersage und Analyse unter Verwendung statistischer und anderer quantitativer Techniken. Die Prozessleistung wird über die gesamte Lebensdauer des Prozesses verwaltet. Daten werden als die Quelle von Wettbewerbsvorteilen beurteilt und behandelt.
Stufe 5 - Optimiert: Die Prozessleistung wird durch die Anwendung der Level-4-Analyse zur Zielfindung von Verbesserungsmöglichkeiten optimiert. Best Practices werden mit Kollegen und der Industrie ausgetauscht. Daten werden als entscheidend für das Überleben des Unternehmens in einem dynamischen und wettbewerbsorientierten Markt angesehen.
Meine Definition der Reifegrad-Beurteilung
Eine Reifegrad-Beurteilung wird sporadisch oder aus aktuellem Anlass - beispielsweise nach einem „Data Breach“, das heißt dem nicht autorisierten Transfer von vertraulichen Daten nach außen - durchgeführt. Vor allem ist die Reifegrad-Beurteilung ein wichtiger Punkt bei der Entwicklung einer Datenstrategie, um die Ausgangssituation der Fähigkeiten der Datendisziplinen zu ermitteln.
Die Reifegrad-Beurteilung erfordert im Unterschied zur weiter hinten beschriebenen Datendisziplin Fähigkeitsmessung, dass hier die zu messenden Prozessbereiche oder Geschäftsprozesse betreffend deren Funktions- und Leistungsfähigkeit über alle Datendisziplinen hinweg betrachtet werden. Das grundlegende Vorgehen dafür wird in der nachstehenden Grafik skizziert:
Das Vorgehen für eine Reifegrad-Beurteilung
Die Reifegrad-Stufe kann für einzelne Prozessbereiche, einzelne Geschäftsprozesse oder eine beliebige Kombination davon bis hin zum gesamten Geschäftsprozessmodell gemessen werden.
Um beispielsweise eine Reifegrad-Bewertung der Stufe 3 in der Datendisziplin „Datenqualität“ zu erreichen, muss ein Unternehmen mindestens die Funktionsfähigkeit Stufe 3 für alle Prozessbereiche in der Datenbereitstellung und der Datennutzung sowie die Funktionsfähigkeit Stufe 3 in der Datendisziplin „Datenqualität“ erreichen.
Die Durchführung der Reifegrad-Beurteilung erfolgt durch die mit der Daten-Governance beauftragten Organisationseinheit - meist ist dies eine zentrale Funktion. Der bestehende Reifegrad von Prozessbereichen, Geschäftsprozessen oder ganzen Datendisziplinen wird regelmäßig - in der Regel ist das einmal jährlich - an die Unternehmensführung berichtet.
Vier Schritte zur Reifegrad-Beurteilung
1. Gewünschten Soll-Reifegrad festlegen: Für die zu untersuchenden Datendisziplinen wird ein gewünschter Soll-Reifegrad - in der Regel zumindest 3 oder grösser - festgelegt, wobei nicht jede Datendisziplin den gleichen Reifegrad aufweisen muss.
2. Aktuellen Ist-Reifegrad erheben: Für die zu untersuchenden Datendisziplinen wird für alle zugehörigen Geschäftsbereiche und - falls erforderlich - ebenso die Geschäftsprozesse der Ist-Reifegrad durch die jeweiligen Fachabteilungen erhoben und dokumentiert.
3. Reifegrad-Lücken bestimmen: Die Lücke vom Ist-Reifegrad zum Soll-Reifegrad wird für alle zu untersuchenden Datendisziplinen im Rahmen der Daten-Governance bestimmt und dokumentiert. Die Schritte 2 und 3 können ad hoc bei Bedarf oder periodisch für bestimmte Datendisziplinen wiederholt werden, um die Weiterentwicklung des Reifegrades für diese im Zeitverlauf zu betrachten.
4. Derzeitigen Ist-Reifegrad berichten: Der bestehende Reifegrad pro Datendisziplin wird regelmäßig an das Management berichtet, um allfällige Maßnahmen zur punktuellen oder flächendeckenden Verbesserung der betroffenen Datendisziplinen zu identifizieren.
Meine Definition der Fähigkeitsmessung für Datendisziplinen
Im Gegensatz zur soeben beschriebenen Reifegrad-Beurteilung sollte die Fähigkeitsmessung der Datendisziplinen auf Basis der vorher definierten Reifegrade für die Datendisziplinen regelmäßig durchgeführt werden.
Sollte aus einer Reifegrad-Beurteilung heraus der gewünschte Soll-Reifegrad für einzelne Geschäftsprozesse, Prozessbereiche oder eine ganze Datendisziplin nicht dem aktuellen Ist-Reifegrad entsprechen, so sind entsprechende Handlungsfelder zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zur Behebung der Defizite festzulegen.
Diese Maßnahmen werden dann im Rahmen von Fach- oder IT-Projekten umgesetzt, damit diese Lücken für die betroffene Datendisziplin geschlossen werden können.
Das grundlegende Vorgehen hierfür wird in der nachstehenden Grafik dargestellt, wobei der Prozess ebenfalls von der mit der Daten-Governance beauftragten Organisationseinheit getrieben wird:
Das Vorgehen für eine Datendisziplin-Fähigkeitsmessung
Nötige Schritte zur Messung der Datendisziplin-Fähigkeiten
1. Mögliche Handlungsfelder identifizieren: Auf Basis identifizierter Lücken aus einer Reifegrad-Beurteilung werden geeignete Handlungsfelder für die zu untersuchenden Datendisziplinen identifiziert.
2. Handlungsfelder analysieren und abstimmen: Für definierte Handlungsfelder werden Themen erhoben, in Bezug auf ihre Wesentlichkeit und Wirtschaftlichkeit analysiert und bewertet sowie mit den Fachbereichen abgestimmt.
3. Maßnahmen vorschlagen und abstimmen: Zu ausgewählten Handlungsfeldern werden entsprechende Maßnahmen und deren Nutzen identifiziert, bewertet und durch das Management zur