Die Autorin:
Tamara Brendel, geboren 1984, lebt mit ihrer Patchwork-Familie im Wetteraukreis in Hessen.
Die ursprünglich gelernte medizinische Fachangestellte arbeitet heute als staatlich anerkannte Sozialarbeiterin/ Sozialpädagogin im Jugendamt.
Mit dem Thema Kinderschutz beschäftigt sich die Autorin praktisch & theoretisch intensiv seit 2010 bis heute.
Studiert hat die Autorin an der University of Applied Sciences in Frankfurt am Main mit dem Schwerpunkt „Hilfen zur Erziehung“. Ihre staatliche Anerkennung absolvierte sie im ASD im Jugendamt.
Weitere Erfahrungen in der Kinder- und Jugendhilfe sammelte sie bisher durch ihre Tätigkeiten in der Heimerziehung sowie als sozialpädagogische Familienhilfe. Zudem war sie in einem Frauenhaus mit dem Schwerpunkt auf die psychosoziale Arbeit von häuslicher Gewalt betroffener Kinder und Mütter tätig.
Tamara Brendel
Psychodynamik der Kindesmisshandlung
Warum misshandeln Eltern ihre Kinder?
© 2020 Tamara Brendel
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN | |
Paperback: | 978-3-347-10341-2 |
Hardcover: | 978-3-347-10343-6 |
e-Book: | 978-3-347-10342-9 |
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
von Prof. Dr. Michael Behnisch, Professor für Konzepte und Methoden Sozialer Arbeit
1 Eine kurze Übersicht
2 Was ist eine Kindeswohlgefährdung?
2.1 Welche Definitionen und Formen der Kindesmisshandlung gibt es?
2.2 Was sind Gründe für Kindesmisshandlungen?
3 Psychodynamik der Kindesmisshandlung – Warum misshandeln Eltern ihre Kinder?
3.1 Das Erleben von Misshandlungssituationen aus Sicht des Kindes
3.2 Welche Abwehrmechanismen und Überlebensstrategien entwickelt das Kind?
3.2.1 Langzeitfolgen für das misshandelte Kind
3.3 Die eigene Misshandlungsgeschichte als zentraler Risikofaktor: Welche Hypothesen gibt es zur Transmission von Gewalt?
3.3.1 Die Identifikation mit dem Aggressor oder die Introjektion von Opfer- und Gewaltbeziehung als Abwehrmechanismus
3.3.2 Die Projektion elterlicher Selbstanteile und Empathiemangel, mithilfe von Fallbeispielen erklärt
3.4 Zahlen und Fakten
4 Die Wichtigkeit und Relevanz der Thematik für das Handeln im Allgemeinen Sozialen Dienst im Jugendamt
4.1 Ein Einblick in die Gefahreneinschätzung des Kindeswohls mithilfe von sozialpädagogischer Diagnostik und Fallverstehen
4.2 Über die Möglichkeiten und Grenzen im Umgang mit misshandelnden Eltern
4.3 Die Bedeutung der Kooperation und Supervision im ASD für den Kinderschutz
Schlusswort
Mögliche Anlauf- und Beratungsstellen
Quellenangaben
Vorwort
Dass Eltern ihre Kinder misshandeln, sie sexueller Gewalt aussetzen oder ihre Grundbedürfnisse missachten, wird zumeist mit Entsetzen und Unverständnis zur Kenntnis genommen. Dies ist angesichts der schweren Fälle von Kindeswohlgefährdung verständlich – und rückt zunächst, berechtigterweise, den Schutz dieser Kinder in den Fokus der fachlichen Bemühungen. Dennoch ist auch die Frage „Warum misshandeln Eltern ihre Kinder?“ in der Fachdiskussion von erheblicher Bedeutung. Die Aufklärung über die Ursachen von Gewalt und Misshandlung bietet einen wichtigen Ansatzpunkt, um mit Eltern – pädagogisch oder therapeutisch – zu arbeiten. Das Verstehen, das Durchschauen von Ursachen familiärer Gewalt bildet zudem eine Voraussetzung, um Kinder wirksam zu schützen. Mehr noch: Das Verstehen bildet die Voraussetzung, mit betroffenen Jungen und Mädchen so zu arbeiten, dass der Teufelskreis familiärer Gewalt im eigenen Erwachsenenleben durchbrochen werden kann.
Für diese Herausforderungen in der Arbeit mit Eltern und Kindern eröffnet die Arbeit von Tamara Brendel wichtige Erkenntnisse. Das Buch erläutert – anschaulich und mit Rückgriff auf Theorieelemente der Psychoanalyse –, wie sich die eigene Misshandlungsgeschichte der Eltern bei deren Kindern als „Elend der Wiederholung“ (Nienstedt/ Westermann) aus wirken kann. Wichtige Dynamiken einer solchen Transmission von Gewalt werden von der Autorin aufgegriffen. So erfahren die Leserinnen, wie sich traumatische Erfahrungen der Eltern durch Abwehr, Rollenumkehr, unrealistische Erwartungen und Enttäuschungswut auf die Kinder projizieren und übertragen können und dadurch schließlich im Gewalthandeln eskalieren. Der Ausarbeitung von Tamara Brendel fällt dabei der Verdienst zu, konsequent die Perspektive des Kindes einzunehmen, zugleich aber auch Möglichkeiten im Umgang mit misshandelnden Eltern aufzuzeigen. Leser/innen, die sich über innerfamiliäre, psychodynamische Ursachen von Kindeswohlgefährdung informieren und einen Überblick über Handlungsmöglichkeiten erhalten wollen, werden in dem Buch von Tamara Brendel wichtige Hinweise finden.
Prof. Dr. Michael Behnisch
Frankfurt am Main, 10.07.2020
1 Eine kurze Übersicht
Im vorliegenden Buch geht es um die Grundlagen der Psychodynamik der Kindesmisshandlung mit Fokus auf die damit verbundene Hypothese der Transmission von Gewalt und was das Wissen darüber für das Handeln im Kinderschutz bedeutet. Die zentrale Forschungsfrage lautet daher: Warum misshandeln Eltern ihre Kinder?
Für einen guten Einstieg in die Thematik werden zu Beginn in Kapitel 2 und 2.1 die Begrifflichkeiten wie Kindeswohlgefährdung und Kindesmisshandlung, die dazugehörigen unterschiedlichen Misshandlungsformen und deren Definitionen kurz erfasst. Des Weiteren werden in Kapitel 2.2, in komprimierter Weise, einige Gründe genannt, warum Eltern ihre Kinder misshandeln. Hierbei werden die psychopathologische Erklärungshypothese sowie andere begünstigende Faktoren, wie beispielsweise soziale und ökonomische Faktoren, die zur Entstehung einer Kindesmisshandlung beitragen, grob beschrieben. Im darauffolgenden Kapitel 3 geht es in die Tiefe, indem in Kapitel 3.1 Bezug auf das Erleben des Kindes und seine innere Welt genommen wird. Das Erlebte aus der Perspektive des Kindes heraus zu sehen, ist von hoher Relevanz, damit die darauffolgenden einsetzenden Abwehrmechanismen und Überlebensstrategien wie Freeze, Dissoziation und das Wiedererleben durch Trigger besser verstanden werden können, beschrieben in Kapitel 3.2. Im Besonderen, weil hieraus dann die Langzeitfolgen für die Betroffenen, wie Posttraumatisches Belastungssyndrom, Wiederholungszwang und psychische Störungen resultieren, welche in Kapitel 3.2.1 erläutert werden. Die Schwerpunktsetzung erfolgt in Kapitel 3.3, welches die eigene Misshandlungsgeschichte der Eltern als einen ganz zentralen Risikofaktor, von der Opfer- in die Täterrolle zu wechseln darstellt. In Kapitel 3.3.1 wird verdeutlicht, wie die Identifikation und die Introjektion mit dem Aggressor eine Abwehrfunktion darstellt und als Folge einer Misshandlung beim Kind auftritt. Gleichzeitig ist dieser Mechanismus später im Erwachsenenalter dafür verantwortlich, das eigene Kind zu misshandeln. Jedoch nicht nur die Identifikation, sondern auch die Projektion elterlicher Selbstanteile,