entre dos tierras. Peter Geipel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Peter Geipel
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783746948416
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bis zur Hüfte, dann wieder bis zum Brustkorb und komme nicht voran, immer noch Diogen am Halsband. Mir bleibt nichts anderes übrig, als um Hilfe zu schreien und zu winken. Ganz in der Nähe sitzt ein Pärchen am Strand und sieht dem Treiben da unten im Wasser zu. Sie sind noch einen Moment verhalten. Aber dann verstehen sie, die Situation ist ernst. Sie springen von ihren Handtüchern auf und kommen in unsere Richtung gerannt. Sie sind schon im Wasser dicht vor uns, mit einem Mal, wie auf ein vereinbartes Zeichen, lässt das Ziehen nach, ich merke, dass Diogen wieder Boden unter den Füßen hat, endlich kann ich ihn loslassen. Meine Anspannung lässt nach und meine Muskeln können sich wieder entspannen. Jetzt haben uns die beiden erreicht. Das Mädchen schnappt den Hund, der Junge stützt mich und mit schweren, langsamen Schritten kann ich nur langsam an Land gehen. Dass ich so schnell die Kraft verliere, dass hätte ich nicht gedacht. Kaum im Halbtrockenen sacke ich zusammen, bleibe erst mal so sitzen und atme tief durch. Diogen macht das Gleiche, auch er muss sich erst einmal hinsetzten.

       Diogen drückt sich ganz fest an meine Seite, deutlich kann ich es spüren

      Er drückt sich ganz fest an meine Seite, ganz deutlich kann ich das spüren. Ganz so, als wolle er mir sagen, wir beide gehören ganz fest zusammen. Das junge Pärchen zieht sich wieder auf seine Handtücher zurück. Das war knapp, schießt es mir durch den Kopf. Langsam fange ich an zu denken. Noch ein oder zwei von diesen Wellen hinterher … Weiter male ich mir die Situation nicht mehr aus. Ich streichle Diogen und rede mit ihm, ganz deutlich zeigt er mir seine Freude, ja, er schmust mit mir, so, wie das Hunde eben ausdrücken können.

       Die Steckdose und der Mann für alles

      Tunesien, 14.03.2001

      Nach dem Betreten meines Hotelzimmers und den ersten flüchtigen Blicken aus der Balkontüre auf die nähere Umgebung packe ich meinen Koffer aus, um alles hinter einer gewaltigen Spiegelglas-Schiebetüre zu verstauen, um sie auch gleich wieder mit einem deutlichen, dunklen Rumpeln zu verschließen. Das Badezimmer kommt mir recht komfortabel vor. Nachdem ich alles ordentlich auf der Marmorplatte verteilt habe und den Rasierapparat als Letztes drapierte habe, wage ich einen Blick in den Spiegel und beschließe sogleich, den Rasierapparat seine Arbeit verrichten zu lassen, denn heute Morgen um vier Uhr hatte ich einfach noch keinen Nerv dafür.

      Doch wo ist denn diese heiß geliebte kleine Steckdose? Die brauche ich jetzt schon, sonst bin ich hoffnungslos verloren. Oder bin ich einfach noch zu müde, um zu erkennen, was eine Steckdose ist? Das mag ja sein. Noch ein zweites und drittes Mal bemühe ich mich gründlichst und redlichst, alles auf seine Richtigkeit zu untersuchen. Wie ein Kriminologe mache ich mich jetzt an die Arbeit. Untersuche aber jetzt alles und alles. Keine Chance, da ist absolut nichts zu machen. Wirklich, neben dem Spiegel vielleicht? Nichts. In der Ecke an der Wand? Nichts. Neben dem Handtuchhalter? Nichts. Überall liegen ordentlich viele Handtücher herum, gehängt und gefaltet, liegend und hängend, so viele Handtücher, wofür braucht man die denn alle? Ja, ja, dann, neben dem Lichtschalter ist ja meistens etwas zu finden oder besser unter dem Lichtschalter. Das wäre zwar ein bisschen weit weg vom Spiegel, aber zur Not könnte das schon noch gehen. Aber hier ist auch nichts. Auch nicht unter dem Lichtschalter. Noch mal, bin ich denn schon so neben der Kappe? Oder was ist das hier für ein merkwürdiges Hotel, in dem man sich offensichtlich nicht mit dem Rasierapparat rasieren darf? Ja aber, dann doch da, neben dem an der Wand angebrachten Föhn. Da müsste doch so was sein. Das wäre ja auch noch ganz schön in der Nähe des Spiegels und in einer angenehmen Höhe. Nun denn, so lang ist das Kabel meines Rasierapparats ja auch nicht. Also halte ich mit der einen Hand den Rasierapparat an mein Kinn, in der anderen Hand halte ich den Stecker, überlege, na also, so weit kann diese kleine miese Steckdose doch nicht weg sein. Ich mache mehrere Tests. Es ist und bleibt eine unbestrittene Tatsache: definitiv keine Steckdose. Das kann aber jetzt nicht sein, mich über die Maßen lang hier mit dieser Problematik zu beschäftigen. Ich sehe in den Spiegel und komme mir schon etwas sonderbar vor. Dieses merkwürdige Hotel ohne Steckdose im Bad. Ich habe weiß Gott anderes vor, als Steckdosen zu suchen. Und hier ist absolut nichts zu finden. Mein Unbehagen gegen dieses Hotel wächst schon in den ersten Minuten. Worauf habe ich mich da eingelassen? Die Hoteldirektion befindet über mich und lässt mich suchen, mich mir nichts, dir nichts jetzt schon fast über zehn Minuten hier mit diesem Thema auseinandersetzen. Das gibt’s doch nicht, ich bin doch nicht bekloppt oder was? Nichts, nichts und noch mal nichts. Das gibt’s doch nicht. Muss ich denn jetzt wieder auf Nass-Rasieren umsteigen? Das habe ich doch gar nicht dabei. Aber was soll ich denn jetzt machen? Wie soll ich mich denn jetzt rasieren? Irgendetwas muss jetzt geschehen. Ich fühle mich nicht wohl, so wie ich jetzt aussehe, mit den Stoppeln da um das Kinn herum. Das kann doch nicht wahr sein. Wieder und wieder suche ich alles ab. Das geht jetzt schon fast fünfzehn Minuten so. Aber beim besten Willen, wenn ich nicht schon ganz bekloppt bin, es ist nichts zu finden. Wie ich so mit der einen Hand mit dem Rasierapparat am Kinn und mit der anderen Hand den Stecker in der Hand und zwischen meinem ausgestreckten Arm das durchhängende Kabel, dastehe da komme ich mir doch schon ganz schön sonderbar vor. Das kann doch nicht sein. Ich bin gewiss bei gutem Verstand. So in dieser Haltung marschiere ich aus dem Badezimmer, stehe vor der Badezimmertüre und suche. Auch vor der Türe, da sind Lichtschalter, aber keine Steckdosen. Immer noch die eine Hand mit dem Rasierapparat am Kinn, die andere Hand mit dem Stecker leicht ausgestreckt marschiere ich Richtung Fernseher, da gibt es bestimmt Strom. Aber wenn ich so dem Kabel aus dem Fernseher folge, verschwindet das Kabel hinter einem massiven großen Schreibtisch, der auf der einen Seite mit diversen Schubladen ausgestattet ist und auf der anderen Seite befindet sich ein prall gefüllter Kühlschrank mit allen möglichen Sorten von Getränken und Kleinigkeiten zum Knabbern. Den kriege ich nur schwer bewegt. Aber das kann es ja nicht sein. Erst muss ich einen massiven Schreibtisch bewegen, den Stecker herausziehen, den Rasierapparat einstöpseln und dann habe ich immer noch keinen Spiegel. Das wird nichts. Ich lasse von diesem Vorhaben ab. Das erscheint mir jetzt als eine zu große Nummer für das bisschen Rasieren. Zielstrebig und zielgerichtet nehme ich mir jetzt jede Wand vor. Hinter dem Vorhang vielleicht. Nichts. Neben dem Bett. Nichts. Bei der kleinen Sitzgruppe, ein Tisch, zwei Sessel. Nichts. Sitzend auf einem der beiden Sessel, drehe ich mich um, schaue rücklings hinter den Sessel. Der Sessel steht dicht neben der Balkontüre. Ahh, ja, na endlich. Ich hab sie gefunden. Eine wahrhaftige Steckdose.

      Neben der Balkontüre hinter einem Sessel verdeckt, entdecke ich endlich eine Steckdose. Aber was soll das? Das kann doch nicht wahr sein. Soll ich mich jetzt hinhocken und mir da unten den Bart rasieren? Ohne Spiegel, in der Hocke. Das geht ja schon ganz schön gut los, denke ich. Nun denn, in was für ein Land habe ich mich da hineinbewegt? In der Hocke und ohne Spiegel beginne ich mich zu rasieren und ein Fluch ereilt das merkwürdige Hotel ohne Badezimmersteckdose. Wie geht denn das? Keine Steckdose im Badezimmer. Das habe ich überhaupt noch nicht erlebt. Es gibt ja viel. Ein Zimmer ohne Fernseher. Ein Zimmer ohne Kühlschrank, ein Zimmer ohne Schreibtisch, ein Bad ohne Föhn.

      Nachdem der Rasierapparat mit seinem emsigen Geschnurre auf etwas umständliche Art und Weise seine Arbeit verrichtet hat, fühlte ich mich sofort wohler. Dem zufällig vorbeikommenden Pagen schildere ich meine momentane Problematik auf Französisch, er versteht und nun macht auch er sich auch auf die Suche nach einer Steckdose. Er sucht alles ab. Er verhält sich wie ich mich vorhin verhalten habe. Er geht auch ziemlich systematisch vor. Weit und breit nichts, auch er findet nichts. Jetzt fühle ich mich schon etwas bestärkt, was ich da vorhin tat. Dann aber, plötzlich nach diesem längeren Herumsuchen und Gucken macht er sich an dem Föhn zu schaffen. Das verstehe ich jetzt zwar nun überhaupt nicht, aber warum nicht? Mit zwei Fingern fummelt er an einer Art Typenschild herum, es ist weiß wie der Föhn und hat keinerlei Beschriftung oder etwas Ähnliches, etwas Geprägtes oder Erhabenes, an dem man erkennen könnte, um was es sich da handelt. Er schiebt eine kleine, weiße, gemeine und schadenfrohe, unbeschriftete Schiebeklappe, ohne erhabenes oder in der Gussform schon aufgebrachtes Piktogramm, nach oben und voilà. Ganz schön an der Nase herumgeführt, was? Da war sie also, diese gemeine kleine, heiß geliebte, versteckte Steckdose und mein Groll gegen dieses merkwürdige Hotel ohne Badezimmersteckdose drehte sich im Nu in ein fröhliches, verhaltenes, zufriedenes Lächeln. Nachdem wir nun beide sichtlich zufriedener wirken und in etwas aufgelöster Stimmung sind, tauschen wir noch relative Belanglosigkeiten aus, plötzlich fragt er mich, was ich denn da in der Hand halte. Ich verstehe nicht. Was meint er denn jetzt?