Morgen kommt der Weihnachtsmann. Andreas Scheepker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andreas Scheepker
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783839264485
Скачать книгу
war am nächsten Tag auf den Titelseiten der Tageszeitungen zu sehen gewesen.

      Tjarksen genoss den Konflikt mit Gewerkschaften, Kirche und Regierung, und er trug seinen Spitznamen Mister Christmas wie einen Ehrentitel.

      In diesem Jahr hatte Tjarksen den Totensonntag zum »Nullten Advent« erklärt und seine Buden mit Glühwein und Würstchen auf dem Markt postiert. Er selbst hatte im Weihnachtsmannkostüm bedient. Zum Eklat war es nach dem Totensonntagsgottesdienst gekommen, in dem der Verstorbenen des vergangenen Kirchenjahres gedacht worden war. Als die Angehörigen beim Verlassen der Ludgerikirche mit Rudolph the Rednosed Reindeer beschallt worden waren, war es zu Beschimpfungen und Handgreiflichkeiten gekommen. Schließlich hatte jemand die Polizei eingeschaltet.

      Der Fürst hatte sich bisher nur sehr zurückhaltend zu diesem Konflikt geäußert. Aber nun musste er handeln. Am Montag war in allen Tageszeitungen ein Appell Carl Edzards an Tjarksen und seinen immer größer werdenden Unterstützerkreis veröffentlicht worden, auf geschmacklose Aktionen dieser Art künftig zu verzichten.

      Tammo Tjarksen hatte im Zorn sofort eine Antwort verfasst und umgehend an alle Zeitungen gefaxt. In diesem Brief machte Tjarksen den Fürsten persönlich verantwortlich für die schwierige wirtschaftliche Situation in Ostfriesland und verdächtigte ihn, von Einzelhandelsverbänden aus Niedersachsen und der Provinz Groningen Geld dafür zu bekommen, dass Ostfriesland an strengeren Ladenschlussgesetzen festhalte und im Wettbewerb benachteiligt werde.

      Der Regierungspräsident hatte Tjarksen daraufhin wegen Majestätsbeleidigung angezeigt. Die Liberalen hatten sich geschlossen hinter Tjarksen gestellt und forderten die Abschaffung der Gesetze, die Majestätsbeleidigung betrafen.

      Schließlich hatte sich Tjarksen überreden lassen, sich für seine Entgleisung öffentlich zu entschuldigen, während der Regierungspräsident seine Anzeige fallen ließ.

      »Gehört der Fürst zu den Tatverdächtigen?«, fragte Roolfs seinen Oberinspektor, von dem er wusste, dass er ein überzeugter Monarchist war.

      »Niemals!«, empörte sich Habbo Janssen und erläuterte verständnisvoll: »Aber das ist für den Fürsten ja jetzt eine schwierige Situation. Bestimmt macht man ihn mitverantwortlich. Oder was denkst du, Gerrit? Jedenfalls hat der Mörder Tjarksen in einem Weihnachtskostüm erhängt. Da muss es doch einen Zusammenhang geben.«

      »Na denn, fröhliche Weihnachten!«

      Der Weihnachtskodex

      »Der Weihnachtskodex?« Johannes Fabricius runzelte die Stirn und sah den Verlagsvertreter fragend an.

      Der Verlagsvertreter roch durchdringend nach Schweiß. Und er hatte – was Johannes Fabricius noch unangenehmer fand – schlechte Manieren. Während er sprach, fingerte er ständig an Johannes’ Sakko herum.

      »Also, Herr Fabricius, so was haben Sie noch nicht gelesen. Das ist der echte Wahnsinn! Das ist ein Thriller, in dem alle Register gezogen werden. Es geht um geheime Papiere, die wiederentdeckten Tagebücher des Zimmermanns Joseph von Nazareth. Da steht drin, dass Jesus gar nicht Gottes Sohn, sondern …«

      »… Inhaber einer Herrenboutique in Wuppertal ist«, unterbrach Fabricius.

      »Nee, er hat an das Gute im Menschen geglaubt, und daraus haben seine Anhänger dann eine Religion gemacht. Eine Forscherin hat auf der Suche nach dem Heiligen Gral diese geheimen Tagebücher entdeckt, und nun machen alle Jagd auf sie – besonders die Kirche, die das natürlich unterdrücken will.«

      »Na klar. Und CIA und Mossad sicher auch?«, fragte Fabricius.

      »Sie kennen das Buch ja schon«, lächelte der Vertreter.

      »Ja, so ungefähr. Könnte man in die Handlung nicht auch noch das Verschwinden des Bernsteinzimmers reinbringen?«

      Glücklicherweise unterbrach seine Mitarbeiterin Tanja das Gespräch. »Chef, Telefon für Sie. Der Fürst.« Ehrfurchtsvoll reichte sie Fabricius das Handy.

      »Vielen Dank, Tanja, ich telefoniere hinten in meinem Büro.«

      »Und was ist mit meinem Weihnachtskodex?«, fragte der Vertreter.

      »Geben Sie mir ein Dutzend davon. Tanja, stellen Sie die Bücher zu den Promi-Autobiografien.«

      Lametta

      Mit ein paar Schritten hatte Johannes Fabricius sein kleines Büro in den hinteren Räumen der Buchhandlung erreicht und schloss die Tür hinter sich.

      »Hallo, hier ist Johannes. Jetzt können wir reden.«

      »Johannes, das nützt nun alles nichts, du musst mir helfen!« Der Fürst klang sehr aufgeregt.

      »Entschuldige bitte, so schnell komme ich da nicht mit. Was nützt nichts und wobei soll ich dir helfen?«

      »Tammo Tjarksen wurde ermordet. Der Mörder muss so schnell wie möglich gefunden werden. Sonst wird die Sache zu einem Politikum. Das ist sie im Grund jetzt schon.«

      »Aber darum kümmert sich doch die Polizei.« Johannes Fabricius versuchte, seinen fürstlichen Patenonkel zu beruhigen.

      »Der Kriminaldirektor war schon hier, um mir die Nachricht zu überbringen«, bestätigte der Fürst. »Er setzt Hauptkommissar Roolfs und Oberinspektor Janssen auf den Fall an.«

      Johannes beschlich eine dunkle Ahnung, was Carl Edzard von ihm wollte. Er sagte: »Das ist das beste Team, das Uphoff hat. Je ungestörter sie arbeiten können, umso schneller werden sie die Sache aufklären. Du gehörst doch nicht wirklich zu den Verdächtigen, oder?«

      Der Fürst ignorierte Johannes Fabricius’ Versuch, den eigentlichen Grund seines Anrufes abzuwimmeln. Er kam gleich zur Sache. »Morgen wird der Hofrat zu einer Sondersitzung einberufen. Dabei werde ich dich als beratendes Mitglied der Sonderkommission vorschlagen.«

      »Gerrit Roolfs wird mich zu Lametta verarbeiten, wenn er davon erfährt. Das mache ich auf keinen Fall noch einmal mit. Hast du vergessen, wie das im vergangenen Jahr gelaufen ist?«

      Auf einmal klang der Fürst sehr viel entspannter. »Keine Sorge, mein Lieber, darum habe ich mich schon gekümmert. Du, ich muss Schluss machen, wir sehen uns morgen!« Er hatte aufgelegt.

      Johannes Fabricius hatte gerade Zeit, einmal zu seufzen, dann klopfte es an der Tür. Tanja schaute herein: »Sind Sie fertig mit Telefonieren? Herr Roolfs will Sie dringend sprechen. Kann ich ihn …«

      In diesem Moment wurde Tanja von Hauptkommissar Gerrit Roolfs beiseite gedrängt. Er war außer sich. »Entschuldigen Sie bitte, Tanja. Es ist enorm wichtig. Würden Sie uns für einen Moment allein lassen?«

      Gerrit Roolfs setzte sich seinem Freund gegenüber, legte die Hände auf der Tischplatte übereinander und schloss für einen Moment die Augen. »Johannes, der Fürst hat bei mir angerufen. Es ist absolut unglaublich. Er wird morgen eine Sonderkommission nach fürstlichem Recht für den Tjarksen-Fall einberufen.«

      Johannes Fabricius schluckte. »Also, ich …«

      »Johannes, tu mir einen großen Gefallen. Ruf bitte sofort beim Fürsten an und bitte ihn, dass du der Sonderkommission zugeordnet wirst!«

      Überraschung

      »Was soll ich?«, fragte Fabricius erstaunt.

      »Johannes, kannst du nicht irgendwie versuchen, in diese Sonderkommission hineinzukommen? Der Fürst ist doch dein Patenonkel.