Laceys Bauchmuskeln verkrampften sich, als er leise über den selbst zugefügten Schmerz zischte. Sie schaute schnell hoch in sein Gesicht, als die Schuldgefühle dafür, dass er für sie leiden musste, um zu beweisen, dass er nicht log, über sie hereinschwappten. Irgendwie erinnerte er sie an Vincent… menschlich aber auch nicht.
„Wie du siehst… blute ich ganz normal und rot.“ Ren warf den Brieföffner zurück auf den Schreibtisch. „Ich bin völlig menschlich, solange ich nur von Menschen umgeben bin… aber zufällig gibt es hier in L.A. gerade einen Dämonenkrieg. Es wimmelt hier im Moment nur so vor Dämonen und Paranormalen. Ich kenne sogar ein paar Götter, die gerade in der Stadt sind. Meine Mächte verändern sich, je nachdem, wer gerade in meiner Reichweite ist.“
„Wieso erzählst du mir das?“, fragte Lacey, denn sie wusste, dass dies etwas war, das man besser geheim halten sollte… sie hätte es zumindest getan.
„Nimm es als Strafe dafür, dass ich die Wahrheit aus deinen Erinnerungen gestohlen habe. Es tut mir leid, dass es so weit gekommen ist“, sagte Ren ehrlich. „Ich habe meine Momente, in denen ich ein richtiges Arschloch sein kann, aber du sollst wissen… ich werde alles tun, um dich zu beschützen, wenn du mich lässt. Das bedeutet, das nächste Mal, wenn etwas aus dem Spiegel nach dir greift, lügst du mich nicht an… du schreist meinen Namen.“
Lacey blinzelte, als sie seine letzten Worte hörte, und ihre Gedanken in eine völlig falsche Richtung gingen. „Du kannst meine Gedanken jetzt nicht lesen, oder?“, fragte sie schnell, während sie fühlte, wie ihre Wangen heiß wurden.
Ren runzelte die Stirn, als er versuchte, zu hören, was sie dachte, aber nur Stille hörte… da dämmerte es ihm, dass sie mehr als nur eine Markierung auf ihrem Körper hatte. Er hatte sie gesehen, als sie nur halb mit einem Handtuch bedeckt im Badezimmer gewesen war. Dann fragte er sich, welche Geheimnisse sie sonst noch vor ihm versteckte.
„Dieses kleine Symbol, das unter deiner linken Brust tätowiert ist, wirkt als Barriere, sodass andere deine Gedanken nicht lesen können“, sagte er, denn das erklärte, weshalb er Nicks Gedanken hören konnte, ohne sich anzustrengen, aber ihre nicht einmal dann, wenn er sich sehr konzentrierte.
Lacey konnte fühlen, wie die Hitze wieder in ihre Wangen stieg, als sie zu ihm hochstarrte, unfähig zu entscheiden, ob sie erregt oder verärgert sein sollte. Es brauchte kein Genie, um zu erkennen, worauf seine Aufmerksamkeit gelegen hatte, als er vorhin ins Badezimmer gestürmt war. Sie hätte schwören können, dass sie das Silber seiner Augen durch seine Sonnenbrille leuchten sehen konnte, und wandte ihren Blick schnell ab, als ihr Herz schneller schlug.
„Nun… ich bin froh zu hören, dass die Tätowierung funktioniert“, brachte sie hervor, ihr Gesicht unbewegt, ehe sie sich schnell umdrehte, um die Schachtel aus dem Badezimmer zu holen. Sie würde bald tot sein, aber ihre Kleider mussten trotzdem aufgehängt werden, außerdem konnte sie nicht den ganzen Tag da stehen und ihn anstarren… er erregte sie zu sehr.
Nachdem er nichts mehr hörte, ging Nick weg vom oberen Ende der Treppe, von wo aus er gelauscht hatte, und zurück in den Hauptraum des Ladens. Er grinste, und bedeutete Gypsy mit hochgestrecktem Daumen, dass alles gut war, wodurch die junge Frau ihn glücklich anlächelte.
Er sah sich im Laden um und zählte, wie viele Kunden schon hier waren. Bisher waren es fünf und sie hatte keinem von ihnen eine Erlaubnis erteilen müssen. Er behielt die Anführerin der städtischen Wicca-Gruppe genau im Auge, als diese auf Gypsy zuging, um zu fragen, ob die Lieferung mit ihrer Bestellung schon angekommen war.
Gypsy ging ins Hinterzimmer und er wollte ihr gerade folgen, für den Fall, dass es etwas Schweres war, aber blieb dann stehen, als das Glöckchen über der Tür klingelte. Sein sechster Sinn war besser als bei einem normalen Menschen und Nick musste ein Knurren unterdrücken, als er die beiden Dämonen erblickte, die direkt vor der Tür standen.
Sie sahen beide aus, als wären sie gerade vom Militärdienst gekommen, mit sehr kurzem Haarschnitt und grimmigem Gesichtsausdruck, aber in letzter Zeit war er zum Profi darin geworden, Dämonen zu erkennen. Wie seelenlose Vampire verriet sie ihr Geruch sofort.
Ein sehr gutaussehender Mann trat an ihnen vorbei in den Laden, ehe er stehenblieb. Er schaute über seine Schulter auf seine beiden Begleiter, die immer noch an der Türschwelle standen, und wollte lachen, als er bemerkte, wie sie wütend auf den Boden direkt vor ihnen starrten.
Als sie beide verärgert zu ihm hochsahen, grinste er nur und zuckte die Schultern. „Tut mir leid, Jungs.“ Er erkannte an ihren bösen Blicken, dass sie wussten, dass es ihm überhaupt nicht leidtat, aber es war ihm auch herzlich egal, was sie dachten. „Es sieht so aus, als würde ich das hier schlussendlich doch alleine machen müssen.“
Er ließ sie einfach stehen und drehte sich um, sah sich im Laden um nach dem alten Ladenbesitzer oder seiner Enkelin, die er suchte.
Nick richtete sich zu seiner vollen Größe auf und steckte die Hand tief in die Tasche seines Mantels, wo das Futter herausgeschnitten war, sodass er Zugriff auf die Dinge hatte, die in das Leder eingenäht waren. Er hatte ein kleines Arsenal von Waffen und er hatte keine Hemmungen, diese zu benutzen. Es waren leise Gegenstände, die er anwenden konnte, ohne die Aufmerksamkeit der anderen Kunden zu erregen.
Er folgte dem Mann, als dieser zur Ladentheke ging und bemerkte, dass er nicht wie ein normaler Kunde die Dinge im Laden betrachtete. Nick hatte das Gefühl, dass der Fremde nicht zum Einkaufen gekommen war, und die dämonischen Wachhunde, die ihn durch die Fenster genau beobachteten, waren auch kein gutes Zeichen für Gypsys ersten Tag zurück im Geschäft.
Der Fremde sah neugierig in Richtung Gypsy, als diese mit einer Schachtel aus dem Hinterzimmer zurückkam und zur Ladentheke ging, wo die Frau noch auf sie wartete.
Nick ging schnell ein paar Schritte mit und stellte sich zwischen Gypsy und den fremden Mann, der sie beobachtete. „Kann ich Ihnen helfen?“
Der Mann betrachtete ihn mit gelangweiltem Gesichtsausdruck. Er wollte den Türsteher des Ladens ja nicht enttäuschen, aber so einfach ließ er sich nicht einschüchtern. Er steckte seine Hand in die Innentasche seiner Jacke und zog einen offiziell aussehenden Umschlag heraus. „Ich bin nur der Bote und tue niemandem etwas zuleide. Ich habe hier eine Einladung für den Besitzer dieses Ladens.“
Nick streckte die Hand nach dem Umschlag aus, aber der Mann zog ihn zurück und steckte ihn wieder in seine Jacke.
„Ich soll ihn direkt an den Besitzer übergeben“, erklärte der Fremde mit einem britischen Akzent und gehobener Augenbraue.
Nick atmete tief ein, aber der Geruch des Mannes war völlig menschlich. Er drehte sich um und lehnte sich an die Theke, starrte hinaus auf die beiden Dämonen, die den Fremden mit dunklen, nachdenklichen Blicken beobachteten.
„Für einen Menschen haben Sie ziemlich komische Begleitung“, bemerkte Nick, erwartete keine Antwort und bekam auch keine.
Gypsy schielte zum Fenster und sah die beiden Männer, die durchs Fenster starrten, anstatt einzutreten. Schnell suchte ihr Blick Nick und erblickte ihn mit einem Mann, den sie nie zuvor gesehen hatte.
Der Mann hatte seidiges, schwarzes Haar, das leicht gewellt war und kaum seine Schultern erreichte, und einen goldenen Ohrring in einem Ohr. Seine gebräunten Wangen waren glattrasiert, aber er hatte einen sorgfältig rasierten Bart und Schnurbart, die seine perfekten Lippen umrahmten. Die Perfektion endete damit auch nicht, denn sie bemerkte die langen, dunklen Wimpern, die seine dunkelbraunen Augen umrahmten, die das Sinnbild von Schlafzimmeraugen waren.
Sie hatte keinen Zweifel, dass er vermutlich ohne viel Aufwand jede Frau verführen konnte, die ihm über den Weg lief. Ja, der Mann sah einfach zu gut aus, und wenn sie in den letzten Tagen etwas gelernt hatte, dann, dass normale Menschen nie so schön waren. Dieses Wissen machte sie nervös und sie beeilte sich, die Bestellung der Frau zu verrechnen.
Frustriert, weil es so lange dauerte, schielte Gypsy an der Kasse vorbei auf die hübsche Frau, die immer so viel Geld in ihrem Laden ausgab, und seufzte dann dankbar, als sie ihr ein dickes Bündel Geldscheine