Oder doch? Kurz überlegte er, ob er sie zwingen sollte. Aber solche Aktionen waren nicht sein Stil. Genau deswegen hatte er nie Fuß im gewöhnlichen Zuhältergeschäft gefasst, sondern mit Monas Hilfe das Edelbordell eröffnet und ein paar Leute fürs so genannte Grobe eingestellt. Sie waren ein erfolgreiches Team, auch ohne zimperliche Frauen wie Delia, und ihre Finanzen waren längst saniert.
Kapitel 5
Delia war von seinem dominanten Auftreten gleichermaßen eingeschüchtert wie fasziniert. Er jagte alleine durch seinen Blick prickelnde Schauer in kleinen Wellen über ihren Leib, wenn er sie auf seine eigentümliche Art mit den Augen abtastete. Kein Lidschlag, starr, unbeweglich. Minute um Minute. Sie hielt seinem Blick eine Weile stand, dann wich sie ihm verlegen aus, schaute kurz auf den Boden, ehe sie es wieder wagte, ihm zu begegnen. Ein zaghaftes Lächeln erschien auf ihren Lippen.
Es war wie jeden Freitag. Bereits zum fünften Mal stand sie ihm gegenüber, dem Bilderbuchmann. Immer war es dasselbe. Sie war nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, vergaß alles um sich herum und sah nur noch ihn. Makellos, fast zu schön, um ein Mann zu sein, und doch ganz ein Mann – durchtrainiert, sehnig, aber ohne den muskulösen Ausdruck eines Bodybuilders. Sein Blick alleine genügte, um Delias Knie aufzuweichen und den Takt ihres Herzens zu beschleunigen. Atmete sie überhaupt noch? In ihrem Slip wurde es warm und feucht. Ihre Perle pumpte nervös.
Was war mit ihrem Körper geschehen, der bisher im Gleichklang mit ihrem Verstand gehandelt und diese Art von Männern verabscheut hatte? Nun, genau genommen tat er es ja immer noch, nur bei diesem einen nicht. In magischer Weise ergriff er Besitz von ihren Hormonen und putschte sie auf.
Mit unendlicher Gelassenheit und ohne die geringste überflüssige Bewegung ging er einige Schritte rückwärts, betrachtete sie dabei weiter. Dann drehte er sich ohne Hast um und verschwand im Managerbüro, nachdem er angeklopft, aber nicht mehr als eine Sekunde auf eine Aufforderung zum Eintreten gewartet hatte.
Eine Gruppe von fünf Männern, die laut miteinander redend und lachend eintraten irritierten Delia und lenkten sie für einen Augenblick ab. Dadurch entging ihr der Moment, in dem er das Büro wieder verließ. Die Männer kamen direkt auf das Podest zu, einer leckte sich anzüglich über die Lippen, ein anderer stieg auf das Podest, umarmte sie, klatschte ihr auf den Po und presste seine feuchten Küsse auf ihr Dekolleté und ihren Hals. Delia hielt angeekelt den Atem an. Der Mann verströmte eine starke Wolke von Zigarettenqualm. Er knetete süffisant lächelnd ihren Po, flüsterte ihr einige Unanständigkeiten ins Ohr, klatschte dann munter auf ihre Schenkel. Delia suchte Iwans Blick. Ihre Hilflosigkeit schien ihn wie immer zu amüsieren. Nur langsam setzte er sich in Bewegung, um den Gast höflich vom Podest zu ziehen. Aber der hatte jemanden an der Bar erkannt und ließ im gleichen Augenblick von Delia ab.
Sie atmete erleichtert auf. Dann wurden ihre Ketten gelöst und Max reichte ihr die Hand. Während sie bisher stets in Haremskleidung auf dem Podest gestanden hatte, trug sie an diesem Abend zum ersten Mal eine weinrote, knapp geschnittene Korsage, schwarze Strümpfe, lange Handschuhe und High Heels.
«Nein», sagte Delia energisch, noch bevor Max ihr überhaupt erklärt hatte, warum er sie in sein Büro bat. Es folgte der immer gleich bleibende Austausch von Argumenten, die für oder gegen ein Treffen mit dem Fremden sprachen.
«Lass uns doch endlich damit aufhören, Max. Bitte! Posieren ist okay und an das Betatschen habe ich mich inzwischen auch gewöhnt, obwohl es mir immer noch nicht behagt – vor allem wenn die Männer alles andere als attraktiv oder besonders aufdringlich sind!»
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