Der exzellente Butler Parker 32 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Der exzellente Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740966126
Скачать книгу
auf eine plausible Erklärung hoffen, was Ihre nicht alltägliche Art angeht, sich in der freien Natur zu bewegen, Mister Walker«, griff Parker in das festgefahrene Frage- und Antwort-Spiel ein.

      »Ich bin Mitglied in einem Sportclub«, gab der Mann im Kampfanzug Auskunft. »Heute nachmittag stand eine Geländeübung auf dem Plan.«

      »Das muß ja ein merkwürdiger Verein sein, der seine Mitglieder mit Stahlhelm und Gewehr durch den Wald schickt«, höhnte Agatha Simpson. »Habe ich so was schon mal gehört, Mister Parker?«

      »Mylady dürften gelegentlich von sogenannten Wehrsportgruppen erfahren haben«, gab der Butler zur Antwort. »Vereinigungen der genannten Art dienen jedoch weniger der körperlichen Ertüchtigung als der Durchsetzung politischer Ziele, die man nur als radikal bezeichnen kann und muß.«

      »Keine Belehrungen, Mister Parker«, winkte Mylady ab. »Natürlich weiß ich, was eine Lehrsportgruppe ist.«

      »Verzeihung, Mylady«, korrigierte Parker mit höflicher Verbeugung. »Man war so frei, von Wehrsportgruppen zu sprechen, falls der Hinweis erlaubt ist.«

      »Nichts anderes habe ich doch gesagt, Mister Parker«, behauptete Agatha Simpson umgehend und wandte sich wieder dem Mann im Stahlhelm zu: »Sie geben also zu, ein politischer Krimineller zu sein?«

      »Ich ein Krimineller?« entrüstete sich Walker. »Ich sagte Ihnen doch, daß ich Mitglied in einem Sportclub bin.«

      »... der illegale Ziele verfolgt«, ergänzte Mylady.

      »Nicht die Spur, Madam«, versicherte Walker treuherzig. »Wenn Sie’s nicht glauben, kann ich Sie ja zum Commander führen.«

      »Commander?« wiederholte die Detektivin.

      »Eigentlich heißt er Eric Millstone und ist unser Übungsleiter«, erläuterte Walker. »Aber wir nennen ihn Commander.«

      »Eine bemerkenswerte Gepflogenheit für Mitglieder eines Sportclubs«, ließ der Butler sich vernehmen. »Falls man nicht sehr irrt, dürfte Mylady durchaus interessiert sein, Mister Millstone näher kennenzulernen.«

      »Selbstverständlich, Mister Parker«, nickte die ältere Dame. »Ich werde diesen Mister Killbone unter die Lupe nehmen.«

      »Millstone, Madam«, meldete Walker sich schüchtern zu Wort. »Nicht Killbone.«

      »Reden Sie, wenn Sie gefragt werden, junger Mann«, reagierte Agatha Simpson frostig.

      Wenig später saß Parker am Steuer seines hochbeinigen Monstrums, Patrick Walker auf dem Beifahrersitz. Mylady teilte sich den Fond mit dem üppigen Picknickkorb, dessen Inhalt noch unberührt war.

      »An der Waldarbeiterhütte rechts ab und dann immer geradeaus«, wies Walker den Weg, während Lady Simpson sich eingehend einer knusprig gebratenen Hühnerkeule widmete.

      *

      »Ich hoffe, Sie haben alle nötigen Vorkehrungen getroffen, damit ich einen eventuellen Hinterhalt erkenne, Mister Parker?« vernahm der Butler Agatha Simpsons Stimme.

      »Mylady rechnen mit einer Falle?« erkundigte er sich.

      »Sie nicht, Mister Parker?«

      »Myladys Besuch dürfte für Mister Millstone ohne Zweifel überraschend kommen, falls die Anmerkung erlaubt ist.«

      »Wie auch immer, Mister Parker. Ich traue dem Lümmel nicht über den Weg«, erwiderte die passionierte Detektivin, ohne von Walkers Anwesenheit Notiz zu nehmen.

      »Mit einem begeisterten Empfang dürfte kaum zu rechnen sein«, bemerkte Parker, während er sein eckiges Gefährt über eine schmale Forststraße lenkte.

      »Da ist es schon«, sagte Walker in diesem Moment und deutete nach vorn. »Das ist Oakhill Manor.«

      Der Wald öffnete sich. In einer flachen Talmulde war ein burgähnlich befestigter Landsitz auszumachen, der nach Parkers Einschätzung aus dem 18. Jahrhundert stammte. Die Gebäude machten einen leicht heruntergekommenen, aber durchaus wehrhaften Eindruck. Umgeben war das Gemäuer von einem ringförmigen Wassergraben, der von einer offenbar noch intakten Zugbrücke überspannt wurde.

      Mit Besuch schien Eric Millstone nicht zu rechnen. Der Wachposten, der es sich auf einem Mauervorsprung neben dem Tor in der Sonne bequem gemacht hatte, schreckte erst aus seinem Schlummer, als das hochbeinige Monstrum schon über die Brücke rollte.

      »Was halte ich denn davon, Mister Parker?« fragte die ältere Dame irritiert, während der Butler sein altertümlich wirkendes Vehikel auf dem gepflasterten Innenhof zum Stehen brachte.

      »Mylady dürften sich auf einer Art Exerzierplatz befinden, sofern der Augenschein nicht trügt«, gab Parker zur Antwort.

      Schätzungsweise drei Dutzend junger Männer waren in Reih und Glied auf dem Burghof angetreten. Sie hatten ihre Gewehre geschultert und trugen Kampfanzüge und Stahlhelme wie Patrick Walker.

      Wie elektrisiert fuhr der untersetzte Mittfünfziger, der das Kommando führte, auf dem Absatz herum und sah den Ankömmlingen mit unverhohlenem Mißtrauen entgegen.

      »Das ist der Commander«, erklärte Walker, der sich nicht besonders wohl in seiner Haut zu fühlen schien.

      »Mylady halten nach wie vor an der Absicht fest, Mister Millstone einer Befragung zu unterziehen?« erkundigte sich der Butler vorsichtshalber.

      »Selbstverständlich, Mister Parker«, erwiderte die resolute Dame. »Ich werde diesem Killbone und seiner Privatarmee schon zeigen, was eine Harke ist. Oder zweifeln Sie daran?«

      »Keineswegs und mitnichten, Mylady«, versicherte Parker und verließ in würdevoller Haltung das Fahrzeug.

      In seinen dezent gestreiften Beinkleidern, mit schwarzem Covercoat und Melone, den altväterlich gebundenen Regenschirm am angewinkelten Unterarm, stellte Josuah Parker das Urbild eines hochherrschaftlichen Butlers dar.

      Makellose Umgangsformen korrespondierten mit seinem äußeren Erscheinungsbild. Das glatte, alterslos wirkende Gesicht spiegelte nur selten eine Gefühlsregung wider.

      Steif, als hätte er einen Ladestock

      verschluckt, schritt Parker zur Fondtür und half seiner Herrin diskret beim Aussteigen.

      Lady Agatha, die die Sechzig längst überschritten hatte, war eine Erscheinung, die man nur als beeindruckend bezeichnen konnte. Zudem wußte sie sich mit dem Pathos einer Bühnenheroine in Szene zu setzen.

      Mylady war mit einem derben Lodenkostüm bekleidet, das zwar nicht der neuesten Mode entsprach, dafür aber ihre ausufernde Leibesfülle einigermaßen bändigte. Ergänzt wurde der Aufzug der steinreichen Witwe durch rustikale Schnürschuhe und eine Hutschöpfung von zeitloser Form. Zwei Hutnadeln, deren Format an Grillspieße erinnerte, steckten in dem phantasievollen Filzgebilde.

      Aus den Augenwinkeln registrierte Parker, daß Millstones Truppe sich ausgesprochen diszipliniert verhielt. Die Männer standen stramm und hatten die Blicke ins Leere gerichtet.

      Sie rührten sich auch nicht, als Agatha Simpson erhobenen Hauptes an ihnen vorüberschritt. Mylady ihrerseits bedachte die Behelmten mit huldvollem Nicken, als handelte es sich um das Abschreiten einer Ehrenformation.

      »Mister Patrick Walker war so freundlich, Mylady und meiner Wenigkeit den Weg zu Ihnen zu weisen, Mister Millstone«, sprach Parker den »Commander« an.

      Obwohl Millstone sich intensiv bemühte, Haltung und Fassung zu bewahren, war der Ärger, der in seinem Innern brodelte, nicht zu übersehen. Sein Gesicht zeigte ungesunde Rotfärbung. Heftig zuckende Mundwinkel ließen auf eine gewisse Nervosität schließen.

      »So, Patrick hat Sie hergeführt«, wiederholte der »Commander« zähneknirschend und bedachte seinen Untergebenen, der wie eine begossener Pudel abseits stand, mit frostigem Blick. »Darf man denn fragen, welchem Zweck Ihr Besuch dient?«

      »Zunächst muß ich mich über diesen Rüpel beschweren, Mister Killbone«, nahm Lady Agatha das Wort.