Toni der Hüttenwirt Classic 44 – Heimatroman. Friederike von Buchner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friederike von Buchner
Издательство: Bookwire
Серия: Toni der Hüttenwirt Classic
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740966669
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und Toni zu.

      Der alte Unterholzer, der Vater des jetzigen Bauern, war einer von Alois’ Schulkameraden. Er war immer ein bisserl aufbrausend und bestimmend gewesen. Wenn es nicht nach seinem Kopf ging, dann gab es Ärger und Streitereien.

      »Es war eben sein Charakter!« sagte der alte Alois.

      Als er heiratete und die beiden Kinder geboren wurden, wurde er ruhiger. Sein aufbrausender Charakter trat erst wieder hervor, als Ernst und seine Schwester Maria älter wurden. Der Unterholzer Hof galt schon immer als reicher Hof. So fehlte es der jungen Maria Unterholzer auch nicht an Verehrern. Aber die jüngere Schwester von Ernst, wollte sich nicht an einem Burschen aus der Gegend binden. Sie schlug da sehr nach ihrem Vater, der ja bei allen als richtiger Sturkopf bekannt war. Eines Tages verliebte sich die erwachsene Maria in einen Touristen aus Düsseldorf. Er kam scheinbar aus sehr gutem Hause. Unvermögend war er nicht, deutete Alois an. Er liebte die Maria wirklich. Er hielt nach mehreren Besuchen in Waldkogel um ihre Hand an. Aber der alte Unterholzer warf ihn hinaus. Einige Tage später verschwand Maria Unterholzer. Sie kam zu Lebzeiten des Vaters nie mehr auf den Hof zurück. Die Waldkogeler sahen sie erst wieder auf seiner Beerdigung. Aus dem einstigen Bauern-madl war eine elegante, junge verheiratete Frau geworden. Sie hieß mit Familiennamen jetzt Bender. Sie ließ sich auch nicht mehr Maria rufen, sondern wollte Mary genannt werden.

      Ernst, der damals den Hof übernahm, zahlte seine Schwester aus. Welchen Kontakt Ernst mit Maria in den davorliegenden Jahren hatte, das wußte der alte Alois nicht zu sagen. Er wußte nur, daß Ernst sehr bedauerte, daß seine Schwester so weit fort war.

      »So viel ich weiß, hat die Maria oder Mary, drei Kinder, zwei Buben und ein Madl.«

      Mit bedenklichem Gesicht schilderte Alois, wie seltsam sich Maria damals verhalten hatte. Sie spielte die vornehme Dame aus der Großstadt. In ihren gehobenen Kreisen schaute man verächtlich auf Bauern herab, zu deren Arbeit auch das Ausmisten des Kuhstalles gehörten.

      »Die Maria, die hat mit ihrer Herkunft gebrochen«, sagte Alois.

      Er dachte sich, daß Ernst sie und die ganze Familie Bender zu dem Fest einladen will. Damit das nicht so wird, wie damals auf der Beerdigung, wollen die Unterholzer wohl dafür sorgen, daß die Gäste unter sich bleiben, vermutete Alois. Dann kann es keinen Streit geben.

      »Mei, des klingt ja net gut. Des hab’ ich net gewußt. Des muß ja dem Ernst Unterholzer das Herz brechen, daß des Verhältnis zu seiner Schwester so gestört ist.«

      Toni war voller Mitgefühl.

      »Diese Familie Bender, des sind die einzigen leiblichen Verwandten, die der Ernst Unterholzer hat. Ich möchte net in seiner Haut stecken. Schließlich braucht er einen Erben für seinen Hof. Die Ehe mit seiner lieben Cäcilia, die er zärtlich Zilli ruft, ist gut. Der Ernst hat net den aufbrausenden Charakter seines Vaters geerbt. Die beiden sind noch wie ein junges Liebespaar. Leider hat ihnen das Schicksal Kinder versagt.«

      Toni, Anna und der alte Alois vermuteten, daß Ernst und Zilli das Fest nutzen wollten, um über die Nachfolge auf dem Unterholzer Hof zu sprechen. Vielleicht hatte die Nichte oder einer der Neffen Interesse, den Hof weiterzuführen.

      Anna war voller Mitgefühl für die beiden. Sie kannte Zilli und fand sie ausgesprochen warmherzig und lieb. Zilli war fünfundvierzig Jahre. Sie sah aber weit jünger aus mit ihrer zierlichen Figur. Auch ihr Mann, der Unterholzerbauer, wirkte auf niemand wie ein Fünfzigjähriger. Er machte noch einen sehr jugendlichen Eindruck mit seinen großen blauen Augen und seinem vollen hellblonden Haar. Man schätzte ihn höchstens auf Anfang Vierzig, eher sogar noch auf Ende Dreißig. Schade, daß sie keine Kinder hatten. Es war auch höchst unwahrscheinlich, daß sie in dem Alter noch Eltern werden würden.

      Erst jetzt fiel Anna auf, daß die beiden Bichler Kinder das Gespräch still verfolgten. Anna lächelte ihnen zu.

      »Arme Leute, die Unterholzer alle beide. Sie hatten nicht so viel Glück, daß sie so liebe Kinder fanden und aufnehmen konnten wie der Toni und ich.«

      »Dann seid ihr uns nimmer bös’, daß wir einfach fortgelaufen sind?«

      »Naa, Basti, naa! Ich kann dich sogar verstehen. Außerdem will ich dir jetzt mal erzählen, was ich so alles gemacht habe, als ich in deinem Alter gewesen bin. Der alte Alois, der kann ein Lied davon singen. Weißt was? Wir beide Männer machen jetzt eine kleine Wanderung und reden mal so richtig von Mann zu Mann. Wie gefällt dir des, Basti?«

      Sebastian Bichler sprang auf.

      »Des ist gut! Ich richte mal gleich meinen kleinen Wanderrucksack.«

      Sebastian rannte in sein Zimmer.

      Anna wandte sich Franziska zu.

      »Wenn die Männer fort sind, dann haben wir beiden Frauen hier das Regiment, Franzi. Ich habe viel in der Küche zu tun. Du könntest ein bisserl auf die Gäste achten, hast du Lust dazu?«

      Franziska nickte eifrig. Sie betonte aber, daß sie als kleine Hüttenwirtin auch ein schönes Dirndl tragen müßte. Anna schmunzelte und erlaubte Franzi, ihr bestes Sonntagsdirndl anzuziehen. Es bestand aus hellblauer Seide mit weißer Bluse und weißer Schürze.

      Nachdem Toni mit Sebastian weggegangen war, bezog der alte Alois den Platz hinter dem Tresen in der Wirtsstube der Berghütte. Er zapfte das Bier und kümmerte sich um die Getränke. Anna war meistens in der Küche. Die kleine Franziska wirbelte zwischen den Hüttengäste herum.

      »Des Madl hat Talent zu einer Hüttenwirtin, Anna!« bemerkte Alois und beobachte Franzi mit Freude in den Augen.

      »Ja, das hat sie, Alois. Doch die Franzi ist erst zehn Jahre. Sie soll später das machen, worauf sie Lust hat. Sicher sind wir glücklich mit den beiden Bichler Kinder. Doch der Bichler Hof, ihr Erbe, wartet auf sie. Toni und ich würden uns schon freuen, wenn einer der beiden einmal die Berghütte übernehmen würde. Aber erstens ist bis dorthin noch lange Zeit und zweitens sollen sich die Kinder frei entscheiden. Ich habe Mitgefühl mit dem Ernst und der Zilli. Es muß schlimm sein, keine Erben zu haben.«

      Der alte Alois bekam feuchte Augen.

      »Kinder sind auch keine Gewähr, daß es mit etwas weitergeht. Du weißt ja, Anna! Ich selbst hab’ zwei Buben. Keiner wollte die Berghütte. Ich bin dem Himmel und sämtlichen Heiligen dankbar, daß sie dich geschickt haben. Du und Toni, ihr seid wie Kinder für mich.«

      Anna holte ihr Taschentuch aus der Dirndlschürze und tupfte dem alten Alois die Tränen ab, die jetzt über seine faltigen Wangen liefen.

      »Wir lieben dich, Alois, genau wie jemanden, der zur Familie gehört.«

      Alois räusperte sich. Dann schenkte er sich einen Schnaps ein. Er trank ihn in einem Zug aus.

      Anna war von den Tränen des alten Mannes erschüttert. Sie nahm sich vor, mit Toni darüber zu sprechen. Alois hatte seit Jahren keinen Kontakt mehr mit seinen Söhnen und deren Familie. Vielleicht konnten sie helfen. Toni, der mit Alois’ Enkeln in die Schule gegangen war, könnte vermitteln. Anna hielt dies für ein gute Idee.

      Die nächsten Stunden vergingen. Es war herrliches Sommerwetter und viele Bergwanderer kamen vorbei. Die drei hatten alle Hände voll zu tun.

      *

      Die Abendsonne stand tief über Waldkogel. Nach dem Abendessen gingen Ernst und Zilli in den Garten. Dort setzten sie sich auf die Bank unter den alten Apfelbaum. Es war eine Gewohnheit, die sie seit vielen Jahren pflegten, wenn es das Wetter erlaubte.

      »Es ist ein besonders schöner Tag gewesen, Zilli!«

      »Ja, Ernst, das war er. Ich bin froh, daß alles so gut geklappt hat. Auf die Meta und den Xaver können wir uns verlassen. Sie richten uns ein schönes Fest aus. Es wird ländlich traditionell werden und doch auch ein bisserl elegant. Ich hoffe, daß deine liebe Schwester sich wohlfühlt.«

      »Ja, des hoffe ich auch. Die Maria, die ist nicht so, wie sie sich gibt, denke ich. Als Kinder haben wir uns gut verstanden. Es kam erst zu Mißverständnissen, als der Vater ihr die Hand ihres Liebsten verweigert hatte. Da ist des Madl seinen