Die Göttin nebenan. Nicolas Scheerbarth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nicolas Scheerbarth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783956953002
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zog ich einige Runden im Pool, als plötzlich Stimmen an mein Ohr drangen. Zwei Jugendliche standen auf der Terrasse. Eine war eindeutig ein Mädchen, doch bei der zweiten Person war ich mir unsicher. Von meiner Position im Pool aus war die androgyne Gestalt jedenfalls keinem Geschlecht zuzuordnen. Nathalie begrüßte die Ankömmlinge mit herzlicher Umarmung, ohne dass sich einer der drei an ihrer Nacktheit zu stören schien. Dann wurden unter lautem Rufen, Gekicher und einigem Hin und Her Getränke aus dem Haus herbeigeschafft und Stühle auf der Terrasse zurecht gerückt.

      Sie setzten sich zu Nathalie und begannen eine angeregte Unterhaltung. Doch die brennende Sonne machte dem rasch ein Ende. Die beiden anderen - zwei Mädchen, wie sich zeigte - zogen sich ohne Zögern ebenfalls aus und sprangen gemeinsam mit Nathalie ins Wasser.

      Bald wurde das Plantschen und Toben im Pool so heftig, dass ich die Lust am Schwimmen verlor. Wild jagten sich die drei umher, spritzen sich an, kabbelten miteinander und störten sich nicht im geringsten an meiner Anwesenheit. Zur quietschenden Freude der beiden anderen spielte Nathalie die mutwillige Angreiferin. Immer wieder nahm sie die Jagd auf, während die beiden Besucherinnen die Rolle der Verfolgten übernahmen. Von meiner Liege aus beobachtete ich das Treiben amüsiert, auch wenn ich meist nur ihre Köpfe sehen konnte. Die Androgyne trug ihre braunen Haare sehr kurz und wirkte so eher wie ein hübscher Junge; die andere hatte lange, blonde Haare und einen so zarten Körperbau, dass sie in jedem Film oder Theaterstück die Idealbesetzung einer Elfe abgegeben hätte. Ob es zum Spiel gehört, oder ob die beiden frisch verliebt waren - jedenfalls nutzten sie jede Sekunde, die ihnen Nathalie ließ, um sich zu umarmen, zu küssen und zu streicheln.

      Nach einer Weile ebbte der Eifer ab. Alle drei hielten sich am Beckenrand und aneinander fest, küssten sich und waren den Bewegungen nach auch unter der Wasseroberfläche nicht untätig. So ging es eine Zeit lang, und so anziehend der Anblick war, verlor ich schließlich doch das Interesse und auch die Lust, ständig in die blendenden Sonnenreflexe auf der Wasseroberfläche zu starren. Ich vertiefte mich wieder in meinen Roman, und als ich irgendwann wieder aufblickte, waren die Mädchen verschwunden.

      Den Rest des Nachmittags blieb ich allein. Weder Larissa noch ihre Töchter oder eines der anderen Mädchen zeigte sich. Natürlich hatte ich im Stillen gehofft, vor allem Larissa oder Johanna wiederzusehen, vielleicht die Gespräche des letzten Abends fortzusetzen. Andererseits hatte ich kein Recht, von ihnen irgend etwas zu erwarten. Vermutlich waren sie weggefahren, denn dass sie mich nicht einmal kurz begrüßen wollten, konnte ich mir nach der letzten Nacht kaum vorstellen. Schließlich wurde mir auch mein Roman zu langweilig. Ich packte meine Sachen zusammen und ging in meinen Bungalow hinüber, um mir mein Abendessen zu richten.

      ***

      Später stand ich, immer noch nackt, in der Küche und richtete eine Schüssel Salat, als ich aus dem Wohnzimmer ein Klopfen und ein helles "Hallo?" hörte.

      "Ich bin hier!" antwortete ich.

      Es war Nathalie, und sie war nicht allein. Sich neugierig umschauend kamen sie und die Elfe näher, blieben schließlich am Durchgang zwischen dem Esszimmer und der offenen Küche stehen, vielleicht auch leicht überrascht über meinen häuslichen Bekleidungszustand. Nathalie trug wieder ein enges Topp und dazu ein leichtes Tuch, das sie lässig um ihre Hüfte gebunden hatte, die Elfe das sandfarbene Sommerkleid, mit dem sie heute nachmittag gekommen war. Während die Elfe sich zunächst verlegen lächelnd abwendete und in der Küche umherblickte, fing Nathalie sich sehr rasch, grinste mich an und wiederholte ihr "Hallo".

      "Was verschafft mir die Ehre?" fragte ich, " ... heute schon zum zweiten Mal?"

      "Ja, also, wir haben gekocht, bei mir drüben, Spaghetti, und es ist zuviel geworden. Da dachten wir, wir fragen dich, ob du einen Teller willst ... falls du noch nicht gegessen hast," mit einem Blick auf meine Salatschüssel, in der bereits das Dressing schwamm.

      "Nein, ich wollte mir gerade was machen. Spaghetti, sagst du ..."

      "Ja, Spaghetti à la Bobby, also nix Großartiges, aber wir dachten, du hast vielleicht Lust, in netter Damengesellschaft zu Abend zu essen," mit einem künstlichen, koketten Unterton.

      "Spaghetti à la Bobby?"

      "Ja, naja, wir können alle nicht so doll kochen, und Bobby nimmt einfach alles an Soßen, was da ist, und schüttet es drüber."

      "Ah so. Und du bist Bobby?" wendete ich mich an die Elfe.

      "Nein," antwortete sie leise, doch mit einer Stimme, die viel kräftiger klingen konnte, als man dem zarten Äußeren nach vermutet hätte; am Nachmittag im Pool hatte sie die beiden anderen problemlos übertönt. "Ich bin Eva. Bobby ist meine Freundin ... die heute mittag dabei war. Du hast uns ja gesehen."

      "Ok. Also denke ich, bei einer so netten Einladung werde ich heute abend mal Spaghetti à la Bobby probieren. Ich stell nur schnell alles hier wieder in den Kühlschrank und zieh mir was über."

      "Du kannst auch so kommen," antwortete Nathalie grinsend. "Wir haben dich ja alle schon so gesehen jetzt. Aber nimm dir einen Wein mit. Mama und Johanna sind nicht da, und alleine mag ich bei uns keinen nehmen."

      "Nee, ich werd mir schon was überziehen. Zum Essen sowieso. Larissa und die anderen sind nicht da?"

      "Nein, die sind heute morgen weggefahren. Zu irgend so einem komischen von Mamas Hexentreffen. Die kommen auch erst morgen wieder."

      Eigenartig, dachte ich, während ich in mein Schlafzimmer ging, um mir ein Hemd und ein Paar Shorts zu suchen, da war es nun zum zweiten Mal, dieses Stichwort: "Hexe". Und diesmal klang es so beiläufig, in so ruhigem, selbstverständlichem Ton, dass ich nicht an eine jugendliche Übertreibung oder den Versuch, mich zu necken, glauben mochte. Doch ich schob den Gedanken beiseite. Es mochte sich um einen Familienscherz handeln, der nur aus Gewohnheit als Bezeichnung für irgendeine Zusammenkunft verwendet wurde.

       Bobby erwartete uns an dem Holztisch, der mitten in der geräumigen Küche stand, mit einer riesigen, dampfenden Schüssel voll Spaghetti, die leicht für die doppelte Anzahl Personen gereicht hätten. Mit den Umständen der Esskultur hatten die Mädchen offenbar nicht viel im Sinn. Teller und Bestecke - jeweils schon vier, wie ich schmunzelnd bemerkte - waren eher zufällig auf dem Tisch verteilt. Dazu hatte Bobby in Vorbereitung ihres Spezialrezepts eine ganze Batterie Fertigsoßen auf den Tisch gestellt, vom einfachen Ketchup über Barbequesoße bis zu Aioli und Tabasco. Auf einen Wein hatte ich verzichtet; die gebotene Auswahl aus Wasser, Fruchtsaft und Cola schien mir auch ausreichend.

      "Du siehst, du hättest dir echt nicht die Mühe mit den Klamotten machen müssen!" meinte Nathalie grinsend zu mir.

      Bobby trug zum Kochen das gleiche wie ich zuvor in meiner Küche: nackte Haut. Allerdings blieb sie sitzen und winkte mir zur Begrüßung nur lässig zu. So konnte ich zunächst nur den Oberkörper genauer betrachten - die knabenhafte Figur, die festen, kleinen Brüste, das hübsche, durch den Jungenhaarschnitt sehr androgyn wirkende Gesicht.

      Wir setzten uns um den Tisch, und rasch war der Spaghettiberg bis auf einen Rest abgetragen. Die Mädchen schienen regelrecht ausgehungert, denn sie packten sich überraschend große Portionen auf und verzierten sie mit allen möglichen Varianten der Soße à la Bobby. Das Essen verlief bis auf einen kurzen Austausch über Spaghettirezepte größtenteils schweigend. Auch ich nahm mir ein zweites Mal, doch die Mädchen langten zu wie Schwerarbeiter; ich sollte bald herausfinden, welche Art schwerer körperlicher Tätigkeit da zu kompensieren war.

      ***

      Die Situation änderte sich mit einem harmlosen "Ups!" von Eva. Betroffen blickte sie auf ihre Brust, wo sich ein dunkelroter Soßenfleck auf dem Kleid abzeichnete.

      "Wasch es am besten gleich aus," meinte Bobby ruhig.

      "Hier?" kam es leicht verwundert zurück.

      "Klar. Warum nicht? Wir haben dich alle schon ohne gesehen, auch Robert. Also mach, bevor es noch antrocknet. Du würdest dich ewig ärgern, wenn das Kleid versaut ist."

      "Na gut," kam die leicht brummelige Antwort. Dann griff sie nach hinten, um den Haken zu öffnen. Sie stand auf und ließ das Kleid zu Boden gleiten. Ohne Überraschung registrierte