Erna nickte. Sie verabschiedete sich noch einmal und ging.
Martin atmete tief durch und ging zu Katja in die Küche. Er erzählte ihr von dem kleinen Gespräch mit Erna.
»Du hast gut reagiert. So machen wir es«, antwortete Katja.
Während sie etwas zu Trinken und Brezeln in einen Korb packte, berichtete sie ausführlich von Wallis Vorschlag.
Da hörten sie auch schon das hintere Gartentürchen quietschen.
*
Sie setzten sich in die Gartenlaube. Katja schenkte für alle Saft ein.
»Also, ich rede jetzt mal Klartext«, sagte Martin zu Wolfi, »Walli hat mitbekommen, dass wir heute Nacht das Auto wieder weggebracht haben. Sie hat heut Morgen mit Coco einen Spaziergang zum Bruchweg gemacht und das Auto dort gesehen. Sie hat sich Gedanken gemacht und sich etwas zusammengereimt.«
»Hoffentlich behält sie es für sich«, seufzte Wolfi. »Du weißt, wir können in Teufelsküche kommen.«
»Du mehr, als ich, Wolfi. Ich kann mich darauf berufen, dass ich nichts gewusst hätte.«
»Das wird dir niemand glauben, sage ich dir in meiner Eigenschaft als Polizist.«
»Du hattest frei und warst privat bei mir. Du bist ein Freund und gehörst zum engsten Freundeskreis«, konterte Martin.
»Hör auf! Freundschaft schützt vor Dummheit nicht. Ich mache mir Vorwürfe. Ich habe dich dazu angestiftet. Und ich habe mich da in etwas verstrickt.«
»Das stimmt, und ich weiß, in was. Die Liebe hat dich erwischt, Wolfi.«
Wolfi errötete und rieb sich verlegen das Ohrläppchen. »Das stimmt. Bei mir hat es alle Sicherungen durchgehauen, als ich das Madl sah. Ich habe es an jeglicher Professionalität mangeln lassen, habe gehandelt, als hätte ich keinen Funken Verstand. Jetzt sitze ich mittendrin im Schlamassel und muss sehen, wie ich da wieder herauskomme«, stöhnte Wolfi Irminger. Er trank einen Schluck Saft. »Also, ich will ehrlich sein, da ich mich auf eure Verschwiegenheit verlassen kann.«
»Das kannst du mit Sicherheit«, bekräftigte Martin.
Katja nickte.
»Nachdem mich der Kollege privat über die Diebstahlsanzeige des Fahrzeughalters informiert hat, ließ mir die Sache keine Ruhe. Ich war vorhin in der Dienststelle und habe im Computer die neusten Meldungen eingesehen. Ich denke, das wird nicht weiter auffallen, da ich an meinen freien Tagen schon oft im Büro war, um den Rest an Schreibkram zu erledigen, der liegengeblieben war. Damit es wirklich so aussieht, habe ich auch einige Kleinigkeiten zu Protokoll gebracht. So weit, so gut. Also, der Ex von Moni hat keine Diebstahlsanzeige gegen Unbekannt aufgegeben, sondern Moni Stegmüller direkt wegen Diebstahl des Autos angezeigt.«
»So ein Dreckskerl!«, schimpfte Martin.
»Du sagst es. Ich hoffe, dass er letzten Endes damit nicht durchkommt. Wird Moni gefasst – durch mich nicht, dass schwöre ich und wenn es mich den Posten kostet! Und das sage ich nicht nur so daher. Ich habe gründlich nachgedacht. Zurück zum Thema, sollte es soweit kommen, dass Moni vor Gericht landet, dann gibt es immer noch das Recht der Gewohnheit. Ich nehme an, das muss begründet werden und notfalls mit Zeugen belegt werden, ob Moni das Auto immer zur Verfügung gestanden hatte und sie damit fahren konnte, wann sie wollte.«
»Also eine Art Gewohnheitsrecht?«, fragte Katja.
»Genau, wir wissen, Moni hat mit dem Typen zusammengelebt. Das nennt man eine eheähnliche Gemeinschaft. Wenn zwei Menschen zusammenleben, die nicht verheiratet sind, sieht der Staat dies trotzdem fast wie eine Ehe an, nämlich als Bedarfsgemeinschaft. Dabei wird vorausgesetzt, dass jeder auch die Sachen des anderen nutzen kann.«
»Das ist mir bekannt«, bemerkte Martin.
»Aber erst einmal würde Moni als Autodiebin verhaftet werden. Sie würde erkennungsdienstlich behandelt, Fingerabdrücke, Fotos und so weiter. Du verstehst? Ich gehe davon aus, dass sie nicht in Haft kommen würde. Aber bis zum Prozess, im ungünstigsten Fall, hätte sie erhebliche Nachteile. Natürlich könnte ein Richter oder ein Staatsanwalt die Sache einfach vom Tisch wischen. Aber ihr Ex-Freund ist in München eine große Nummer. Deshalb habe ich so meine Bedenken. Hinzu kommt wahrscheinlich eine Anzeige, weil sie Auto gefahren ist, ohne den Führerschein dabei zu haben. So wie ich den Burschen einschätze, wird er aus gekränkter Eitelkeit alle Register ziehen, um ihr Schwierigkeiten zu machen. Es gibt Männer, die werden bösartig, wenn ihnen eine Frau den Laufpass gibt.«
Martin Engler seufzte. »Das hört sich alles nicht gut an, Wolfi. Was machen wir also?«
»Nun, es wäre wirklich gut, wenn das Auto gefunden würde, noch dieses Wochenende«, sagte Wolfi. »Ich finde Wallis Angebot interessant. Jeder wird einer alten Frau, die mit einem kleinen Welpen Gassi geht, glauben, dass sie nichts mit der Sache zu tun hat. Sie kann einfach melden, da steht ein Auto im Graben. Und da ich dieses Wochenende freihabe, müssen die Kollegen in Kirchwalden die Angelegenheit regeln. Dann wäre der Wagen schon mal wieder bei seinem Eigentümer. Bleibt die Fahndung nach Moni Stegmüller. Die macht mir Kopfzerbrechen, Martin. Das arme Madl. Du weißt, wie aufgelöst sie war. Hat sie etwas erzählt?«
»Nur in vagen Andeutungen. Sie will nicht mehr zu ihm zurück, nicht einmal mehr ihre Sachen holen, nicht einmal ihre Papiere.«
»Davon würde ich ihr auch dringend abraten, unter den gegebenen Umständen.«
»Das musst du uns nicht weiter erläutern, Wolfi. Wir verstehen es.«
Wolfi trank einen Schluck Saft. »Damit ist die Angelegenheit aber nicht vom Tisch. Da das Auto hier gefunden wird, wird unsere Dienststelle ersucht, Nachforschung anzustellen, ob Moni Stegmüller hier gesehen wurde. Ob sie vielleicht in einem Hotel untergekommen ist und so weiter.«
»Sie kann kein Hotel genommen haben, da sie keinen Personalausweis oder Reisepass vorlegen konnte«, bemerkte Katja.
»Stimmt, du bist gut, Katja! Also werde ich, oder noch besser, der Kollege, der ab Montag als Urlaubsvertretung von Chris für einige Tage Dienst macht, den Fall bearbeiten.«
»Dann bist du außen vor«, stellte Martin fest.
»Noch besser wäre, wenn Wolfi gar nicht in Waldkogel gewesen wäre«, sagte Katja. Sie blinzelte Wolfi zu. »Eigentlich bist du in den Bergen. Du machst eine Wanderung und übernachtest auf der Berghütte. Toni gehört zum Freundeskreis.«
»Katja, du bist genial«, sagte Martin.
»Klar, deshalb hast du mich geheiratet«, schmunzelte Katja.
Wolfi Irminger lachte nicht.
»Was ist?«, fragte Martin.
»Erna weiß, dass Moni hier war. Ich habe angerufen, damit du mit dem Saniwagen zur Unfallstelle kommst. Ich habe mich auch bei Erna nach Moni erkundigt.«
»Na und? Das hast du, basta! Du bist eben ein fürsorglicher Bulle«, grinste Martin. »Und danach bist du wandern gegangen. Das kann und werde ich sagen, falls ich befragt werde. Ich habe die Patientin für eine Nacht aufgenommen. Dann hat sie die Arztrechnung bar bezahlt und ist abgereist.«
»Rechnung? Und Rechnungsanschrift?«, murmelte Wolfi.
»Mei, weiß der Geier! Da wird uns schon noch etwas einfallen. Ich bin als Arzt nicht verpflichtet, die Angaben von Privatpatienten zu überprüfen.«
»Im Prinzip nicht«, stimmte ihm Wolfi zu.
»Du kannst die Adresse vom Kloster draufschreiben, mit dem Zusatz – zur Zeit«, schlug Katja spontan vor. »Oberin Justina führt immer wieder sogenannte stille Wochenende durch, damit sich gestresste Menschen erholen können.«
»Willst du die Oberin auch noch mit hineinziehen?«, fragte Martin überrascht.
»Ich