Butler Parker 124 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740922641
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      Als sie am Schilfgürtel entlangschwamm, stoben zwei Enten hoch, protestierten quarrend und verschwanden im Ufergebüsch. Lady Patricia achtete nicht weiter darauf und schöpfte auch dann noch kein Mißtrauen, als sich einige Schilfbüschel heftig bewegten. Ruhig und erstaunlich kraftvoll schwamm sie weiter.

      Doch schon nach wenigen Sekunden spürte sie eine seltsame Berührung an ihrem linken Fuß. Er war gegen etwas Weiches gestoßen. Lady Patricia dachte selbstverständlich an einen Karpfen, die hier im kleinen See schwammen, aber eine gewisse Unruhe erfaßte sie doch. Normalerweise wichen Fische ihr aus.

      Dann spürte sie die Hand, die sich um ihren linken Fußknöchel legte. Patricia Smithonian dachte sofort an einen ihrer Gäste im Landsitz und wurde wütend. Das war ein mehr als schlechter Scherz. Sie trat mit dem freien Fuß nach der Hand und... spürte eine zweite Hand. Dann ein harter und energischer Ruck, und Lady Patricia wurde unter Wasser gezogen.

      Sie schluckte mehr Wasser, als sie wollte. Sie strampelte, versuchte freizukommen, empfand eine schreckliche Todesangst und wehrte sich mit der Kraft der Verzweiflung.

      Lady Patricia bekam ihren rechten Fuß noch mal frei, trat gegen einen Körper, von dem der Fuß abrutschte, traf auf etwas Stählernes und riß dann verzweifelt den Mund auf. Sie schluckte Wasser, verlor die Besinnung und merkte nicht mehr, daß sie immer tiefer nach unten gezerrt wurde.

      Minuten später stieg ihr Körper wieder zurück an die Wasseroberfläche. Er trieb unmerklich zum Bootshaus. Der kleine Bach, der durch den Teich floß, besorgte das langsam und fast zögernd. In der Höhe des Bootsstegs verfing ihr Körper sich im dichten Schilf.

      *

      Josuah Parker lüftete höflich die schwarze Melone, als er aus dem Fahrstuhl trat.

      Er sah sich einem jungen, stämmigen Mann gegenüber, der ihn kühl und kritisch musterte. Dieser junge Mann saß hinter einem kleinen Tisch vor der Korridortür und schien sich bisher gelangweilt zu haben. Er stand jetzt schnell und geschmeidig auf.

      »Sie wünschen?« fragte er ein wenig herablassend.

      »Parker, mein Name«, stellte der Butler sich vor, »Josuah Parker. Ich möchte Mr. Lordans sprechen.«

      »Das stellen Sie sich aber ziemlich leicht vor«, erwiderte sein Gegenüber. Herablassend schien seine zweite Natur zu sein.

      »Ich stelle es mir keineswegs vor«, gab Parker gemessen zurück. »Es ist einfach, wenn ich es so umschreiben darf. Melden Sie mich freundlichst an!«

      »Haben Sie einen Termin? Sind Sie telefonisch angemeldet?«

      »Weder noch, wie ich einräumen. möchte.«

      »Dann erledigen Sie das erst mal, Mr. Parker, Mr. Lordans ist ein vielbeschäftigter Mann, verstehen Sie?«

      »Sie sollten ihn verständigen.«

      »Scheren Sie sich endlich zum Henker«, sagte der junge Mann verärgert. »Sie stehen nicht auf meiner Anmeldeliste, das weiß ich genau.«

      »Ich möchte meine bescheidene Bitte noch mal wiederholen.« Parker deutete mit der Spitze seines Universal-Regenschirms auf den Telefonapparat, der auf dem kleinen Tisch stand. Dann aber änderte sich jäh die Richtung dieser Spitze und bohrte sich in die Magenpartie des überraschten Mannes.

      Die Wirkung war verblüffend.

      Der Arrogante verbeugte sich tief vor dem Butler und zelebrierte fast so etwas wie einen echt chinesischen Kotau. Ja, er trieb die Dinge sogar noch unnötigerweise auf die Spitze. Er kniete jetzt vor dem Butler und fegte mit seiner Nasenspitze den weichen Teppich. Dann rollte er auf die Seite und blieb, nach Luft schnappend, liegen.

      »Mich dünkt, Ihnen ist nicht ganz wohl«, sagte Parker. »Sollten Sie meine Hilfe benötigen, so lassen Sie es mich wissen.«

      Parker beugte sich kurz über den jungen Mann, dessen Gesicht rot angelaufen war, richtete sich wieder auf und ging dann auf die sperrende Tür zu. Er wollte den Türknauf bewegen, doch die Tür war gut verschlossen.

      Josuah Parker ließ sich von solch unwichtigen Hindernissen keineswegs stören.

      Er griff in eine seiner vielen Westentaschen, holte einen Gegenstand hervor, der fast an einen Pfeifenreiniger erinnerte, schob ihn ins Schloß und sperrte die Tür innerhalb weniger Sekunden auf. Dann öffnete er und betrat den langen Korridor.

      Vor einer dick wattierten Tür blieb er stehen, benutzte den geheimnisvollen Gegenstand noch mal und sperrte auch diese Tür auf. Er drückte sie um einige Zentimeter nach innen und blickte in ein üppig eingerichtetes Büro.

      Es gab hier zwar einen Schreibtisch, und hier schien auch wirklich gearbeitet zu werden. Doch der Besitzer dieses Büros lag auf einem Ledersofa und schlief offensichtlich. Parker trat an die Couch heran und tippte mit der Spitze seines Regenschirms auf den Bauch des Mannes.

      Dieser mochte vielleicht fünfzig sein. Er war untersetzt und rundlich. Er hatte das Gesicht einer Bulldogge, die selbst im Schlaf noch zu knurren schien. Es war ein unerfreulich aussehender Mann, mit dem sicher nicht gut Kirschen zu essen war.

      Die Bulldogge fuhr bei der leisen Bewegung hoch, öffnete weit die Augen und ... grinste dann überrascht-irritiert.

      »Mr. Parker?« fragte er ungläubig.

      »Ich erlaube mir, Ihnen einen wunderschönen Tag zu wünschen«, begrüßte Parker ihn. »Ich muß Ihre sicher kostbare Zeit für wenige Augenblicke in Anspruch nehmen.«

      »Wie ... Wie, zum Teufel, sind Sie hier reingekommen, Mr. Parker?« Lordans stand auf und schüttelte nichtverstehend den Kopf.

      »Halten wir uns nicht mit Details auf«, schickte Parker voraus. »Ich brauche einige diskrete Auskünfte von Ihnen, Mr. Lordans.«

      »Sie haben den Burschen da draußen vor der Tür aufs Kreuz gelegt?«

      »Ein junger Mann, der noch Manieren lernen muß.«

      »Wissen Sie, wer dieser Bursche ist?«

      »Ich weiß, was er ist, nämlich noch unerfahren.«

      »Das ist Herb Foldex.«

      »Warum auch nicht, Mr. Lordans.«

      »Einer der schärfsten Burschen, die für mich arbeiten.«

      »In der Tat.« Parker lächelte höflich, aber desinteressiert. »Könnten wir jetzt endlich zur Sache kommen?«

      »Ich bin Ihnen nichts mehr schuldig, Mr. Parker.«

      »Gewiß nicht, aber Situationen, wie sie sich abspielten, können sich möglicherweise wiederholen.«

      »Schön, was wollen Sie?« Lordans langte nach dem noch halb gefüllten Glas, das auf dem Couchtisch stand, nahm einen tiefen Schluck und sah den Butler erwartungsvoll an.

      Pete Lordans war ein Mann, der seine Finger in vielen Geschäften hatte. Er gehörte eindeutig zur Unterwelt und spielte dort sogar eine große Rolle. Er betrieb Nachtlokale, verbotene Spielclubs und Wettannahmestellen. Er war ein gefürchteter Mann, dem die Behörden bisher noch nicht beikamen.

      Butler Parker hatte Lordans vor gut einem Jahr gerade vor diesen Behörden geschützt, als der Gauner unter Mordanklage gestellt worden war. Damals hatten alle Indizien gegen Lordans gesprochen, doch Parker war es gelungen, den wirklichen Täter zu ermitteln. Seit dieser Zeit fühlte Lordans sich dem Butler verbunden. Ihm war klar, daß der Butler ihn vor lebenslangem Zuchthaus bewahrt hatte.

      »Es geht um eine Person oder um eine Organisation, die sich auf diskrete Morde spezialisiert zu haben scheint, Mr. Lordans. Ist Ihnen darüber etwas bekannt?«

      »Ist Mylady wieder mal hinter einem Fall her?« Pete Lordans grinste. Er kannte die Leidenschaft von Mylady.

      »Sie sollten nicht mit einer Frage antworten, Mr. Lordans«, bat Parker in seiner unnachahmlich höflichen Art.

      »Diskrete Morde?« Lordans fühlte sich zur Ordnung gerufen.