»Bei euch muß sich ’ne falsche Schaltung eingeschlichen haben.« Der Taxifahrer wurde etwas lauter. »Unsere Leute müssen glauben, daß wir geredet haben. Begreift doch! Sie haben das Telefongespräch abgehört. Die Leitung und der Apparat sind angezapft … Ob der Anwalt gelogen hat oder nicht, unsere Leute werden ihm glauben …«
Den beiden Konsumenten von Sonnenbrillen ging endlich ein Licht auf. Sie sahen sich betreten an, schluckten und rechneten sich aus, was sie erwartete. Vielleicht hatte sich bei ihnen bereits das Schicksal eines gewissen Norman Flush herumgesprochen.
»Was machen wir jetzt?« fragte der erste Brillenträger.
»Frag lieber, was die mit uns machen?« wollte der Taxifahrer klären. Er meinte natürlich seine Leute.
»Die … die bringen uns um … Verräter haben bei uns noch nie lange gelebt!« erinnerte sich der zweite Brillenträger.
»Genau«, pflichtete der Taxifahrer ihm bei, »wie ich die kenne, haben sie inzwischen schon geschaltet. Wir kommen niemals mit heiler Haut aus diesem Mist heraus!«
»Aber die können uns doch nicht so einfach umlegen!« Der erste Sonnenbrillenträger haderte mit seinem Schicksal und wurde weich in den Knien, obwohl er saß.
»Hast du ’ne Ahnung, was die alles können«, sagte der zweite Brillenträger in einer Art und Weise, die an Masochismus erinnerte, »die knipsen uns einfach aus. Und dann haben wir noch verdammtes Glück gehabt!«
»Ich laß mich nicht umlegen …« Der erste Sonnenbrillenträger begann bereits seine Sünden zu büßen. Er stieß den Taxifahrer an. »Warum steigen wir nicht aus. Noch könnten wir verschwinden…«
Der Driver nagte hingebungsvoll an seiner Unterlippe und nickte langsam. Dann nahm er den Kopf herum in Richtung Tür, durch die Rander und Parker gegangen waren.
»Hallo!« rief er laut, »Hallo… He … Sie da …! Hallo … Wir haben Ihnen was zu sagen!«
Parker und Rander gingen zurück zum Ford, den sie von den drei Männern leihweise übernommen hatten.
»Sind Sie sicher, daß sie uns nicht entwischen können?« wollte Rander wissen, als sie in den Wagen stiegen.
»Vollkommen sicher, Sir! Ich habe mir erlaubt, die drei Herren um den gemauerten Kamin zu drapieren. Sie sind durch drei Handschellen, die ich leider opfern mußte, untrennbar miteinander verbunden.«
Parker und Rander hatten den Bungalow verlassen und die drei Männer hinunter zum Strand von Santa Monica transportiert. Hier hatte Parker kraft seines Auftretens einen Strandbungalow gemietet, der allerdings kaum größer war als ein mittleres Wohnzimmer. Dieser Strandbungalow zeichnete sich durch einen gemauerten Kamin aus, der in der Mitte der Holzhütte stand. Eine bessere Unterkunft für die drei Männer hatte er sich gar nicht ausmalen können.
Die drei Männer hatten während der Fahrt ausgiebig geplaudert. Ob sie die Wahrheit gesagt hatten, sollte jetzt festgestellt werden. Rander und Parker machten sich auf den Weg, gewisse Angaben nachzuprüfen.
»Hoffentlich wurden wir nicht verfolgt«, sagte Rander, als er anfuhr. »Ich möchte nicht zurückkehren und ein Blutbad vorfinden.«
»Eine Garantie für ein Nichtbeobachtetwordensein, Sir, kann ich selbstverständlich nicht übernehmen.«
»Natürlich nicht! Hören Sie, Parker, ich werde an geeigneter Stelle aussteigen …«
»Diesen Vorschlag, Sir, wollte ich mir gerade erlauben zu unterbreiten.«
»Damit Sie mal wieder freie Bahn haben, wie?«
»Um einem Blutbad vorzubeugen, Sir! Wenn Sie erlauben, möchte ich Sie aber vorher noch mit einigen Spezialitäten aus meinem Privatkoffer versorgen.«
Rander hatte dagegen verständlicherweise nichts einzuwenden.
Rander hatte es sich im Sand bequem gemacht und überwachte den kleinen Strandbungalow. Da es bereits dunkel wurde, war der Badeverkehr abgeebbt.
Rander hatte einen taktisch geschickt ausgewählten Posten bezogen und konnte nicht so leicht überrascht werden. Er hingegen hatte den Strandbungalow knapp vor sich und konnte ihn gegen etwaige Besucher verteidigen.
Rander schreckte hoch, als er einen verwehten Hilferuf hörte.
Täuschung? Halluzination? Oder Wirklichkeit?
Er sah hinaus auf die See, suchte den Strand ab und konnte zunächst nichts entdecken. Dann bemerkte er aber den schlanken Arm, der aus dem Wasser ragte und verzweifelt winkte.
Rander befand sich in einem bösen Zwiespalt.
Da war offensichtlich ein reizendes Menschenleben zu retten, auf der anderen Seite wollte er sich aber auch nicht durch einen faulen Trick von der Strandhütte weglocken lassen.
Der zweite Hilferuf reichte aber bereits aus, seine ritterlichen Instinkte überschäumen zu lassen. Rander pfiff auf Vorsicht und Mißtrauen und rannte aus seinem Sand- und Strandversteck hinunter zum Wasser.
Er warf sein Jackett ab, schleuderte die Slipper von den Füßen und stürzte ins Wasser. Eine Frau befand sich in Lebensgefahr, da gab es für ihn kein Halten mehr.
Mit kraftvollen Kraulstößen arbeitete er sich durch die ansehnliche Brandung, erreichte offenes Wasser, und arbeitete sich an die Ertrinkende heran.
Sie war bereits von der Brandung erfaßt worden und trieb hilflos in der See. Rander mühte sich ab, gewann Raum und hatte die Ertrinkende nach einigen qualvoll langen Minuten endlich erreicht.
Sie schlug verzweifelt um sich, klammerte sich an Mike Rander fest und wollte sich um keinen Preis der Welt retten lassen. Rander brüllte ihr Befehle ins Ohr und wollte sie zur Vernunft bringen, doch ihre Todesangst war wohl zu groß, um darauf reagieren zu können.
Oder wollte sie überhaupt nicht!?
Rander plagte ein schrecklicher Verdacht. War das hier nur geschickte Schauspielerei? Wollte sie ihn unter Wasser drücken? Gehörte sie vielleicht zu den Leuten, gegen die er und Parker angetreten waren?
Der Anwalt schluckte Wasser und wehrte sich verzweifelt gegen die klammernden Hände und Arme des jungen Mädchens, das höchstens zwanzig Jahre alt war. Er kämpfte einen harten Kampf mit ihr, der aber nicht entschieden werden konnte.
Verzweifelt trat er mit seinen Beinen, als ihre Arme sie umklammerten. Langsam wurde Mike Rander unter Wasser gezogen. Peinlich für ihn, daß er dabei vergessen hatte, seine Lungen mit Frischluft zu versorgen …
Es war eine Art Glaspalast, vor dem Josuah Parker seinen entliehenen Ford stoppte.
Die Etagen eines dreistöckigen Stahlskeletts waren ausgefüllt mit Glasbausteinen, die in schneller Folge ihre Farben wechselten. Vom tiefen Rot über Blau und Orange changierten sie in allen bekannten Zwischentönen. Der fast viereckige Glaswürfel schien innerlich zu kochen und zu glühen.
Der große Parkplatz vor diesem Glaswürfel war dicht gefüllt, ein Zeichen dafür, daß man sich diese neue Attraktion in Santa Monica nicht entgehen lassen wollte. Parker hatte von diesem Glaspalast schon gehört. Er sollte laut einschlägiger Reklame alles bieten, was man sich nur wünschen konnte, falls man in der Lage war, dafür natürlich auch zu zahlen.
Der Glaswürfel stand mit seiner Rückseite an einem sanften Hügel, den man in einen exotischen Dschungel verwandelt hatte. Magische Lichtspiele auch hier. Und darüber sanfte musikalische Berieselung, die jede Kritik tödlich sicher einschläferte.
Josuah Parker, der den Leihford vor dem Glaspalast abgestellt hatte, zögerte, ihn zu betreten. Er sah sich die Gäste an, die kamen und gingen. In der Regel handelte es sich um junge Leute bis zu einem Höchstalter von vielleicht fünfundzwanzig Jahren. Parker hatte das Gefühl, darunter störend zu wirken.
Das war das Ziel, von dem die drei jungen Männer gesprochen hatten. Hier arbeiteten sie als Angestellte. Und der Manager des Hauses, ein gewisser Bert Lonsdale, sollte sie angeblich losgeschickt