Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 3 – Familienroman. Michaela Dornberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Sonnenwinkel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740929503
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ihr einen Kuss auf die Stirn.

      »Mama, ich finde es so richtig toll, dass Papa und du euer Leben genießt. Ihr lebt entschleunigt, macht das, wozu ihr Lust habt, und obwohl ihr doch eine ganze Menge unternehmt, seid ihr so herrlich entspannt. Darum seid ihr wirklich zu beneiden.«

      Teresa lächelte.

      »Wer hindert dich daran, ebenfalls entschleunigt und entspannt zu leben, mein Kind? Du willst in allem immer perfekt sein, das kann kein Mensch, aber das ist es, was sehr viel Stress macht. Aber da bin ich ganz hoffnungsfroh, irgendwann wirst du es auch begreifen.«

      Inge ging, die Stimme ihrer Mutter hielt sie an der Tür zurück.

      »Inge, mir fällt doch etwas ein, was du mir aus der Mühle mitbringen könntest. Heute gibt es dort selbst gebackenen Apfelkuchen, davon kannst du bitte für Papa und mich zwei Stücke mitbringen. Papa könnte sich da hineinlegen, und damit werde ich ihn überraschen. Sahne habe ich noch, und aus dem Bioladen bring bitte diese Leckerli mit, nach denen Luna so verrückt ist.«

      Inge lachte.

      »Mama, willst du nicht doch mitkommen? Vielleicht fällt dir ja sonst noch etwas ein.«

      Teresa stimmte in das Lachen ihrer Tochter mit ein.

      »Kein schlechter Versuch. Nein, ich bleibe lieber hier, ich muss unbedingt wissen, wie es in diesem spannenden Roman, den ich gerade lese, weitergeht. Ich tippe ja auf den ungetreuen Ehemann, der seine reiche Frau unbedingt loswerden will.«

      »Viel Spaß beim Lesen, Mama, und erzähl mir, ob du recht hattest.«

      Dann verließ sie das Haus ihrer Eltern. Sie war ja so froh, dass sowohl ihr Vater als auch ihre Mutter noch so fit waren. Hoffentlich blieb das noch viele, viele Jahre so.

      So etwas konnte man sich nur wünschen, ein Anrecht darauf hatte man nicht, und zum Glück konnte man sich ein langes, gesundes Leben auch nicht kaufen. Da waren alle Menschen gleich, und das war gut so.

      *

      Inge Auerbach war rundherum zufrieden. Sie hatte zwar eine ziemliche Fahrt hinter sich, war von links nach quer gefahren. Doch es hatte sich gelohnt.

      In der Mühle hatte sie ein rundes Krustenbrot erstanden, das so köstlich, so appetitlich aussah, dass man direkt Lust bekam, hineinzubeißen.

      Im Bio-Supermarkt hatte Inge ein ganz besonderes Fleur de sel gekauft. In dem hübschen Glas sah es richtig wertvoll aus. Aber das war es ja auch, schließlich war Fleur de sel nicht irgendein Salz.

      Und in dem neuen Laden in Hohenborn hatte sie schließlich ein ausnehmend schönes Brotkörbchen erstanden, dazu kaufte sie ein Leinentuch, und darauf wurden das Brot und das Salz gelegt. Die freundliche Verkäuferin hatte alles in Zellophan verpackt und es am Schluss mit einer großen Schleife verziert.

      Inge hatte so richtig Spaß an dem Geschenk, und sie war so begeistert, dass sie es am liebsten selbst behalten hätte.

      Aber nein, es war ja für die neue Mieterin bestimmt, sie konnte nur hoffen, dass es Frau Schulz gefallen würde.

      Es war nicht nur das, was Inge so froh machte. Natürlich litt sie noch immer unsäglich, was sich da mit ihrem Nesthäkchen ereignet hatte. Aber sie war nicht mehr so abgestumpft, so müde, man konnte schon sagen, so depressiv. Sie nahm wieder am Leben teil, und ganz tief in ihrem Inneren keimte ein Hoffnungsschimmer auf, dass irgendwann Pam wieder nach Hause zurückkommen würde.

      Vielleicht konnte es ja nicht mehr so werden, wie es einmal gewesen war, so etwas gab es eh kein zweites Mal. Aber annähernd so, das wäre schon ein ganz großes Geschenk. Sie fehlte ihr ja so, ihre Kleine, und sie durfte nicht daran denken, wo sie jetzt war, in Australien. Weiter weg, das ging wirklich nicht. Es tröstete Inge ein wenig, dass ihre Jüngste bei Hannes war, und er und Pam, die waren schon immer ein Herz und eine Seele gewesen. Und auf ihn war sie ja auch nicht sauer, obschon Hannes doch auch ein Auerbach war. Aber wenn sie daran dachte, dass sie in Australien nicht vor Ort blieben, sondern, wenn es möglich war, herumreisten, da wurde ihr schon wieder ganz anders zumute. Inge hatte keine Ahnung, von wem Hannes es hatte, er hatte wirklich Hummeln im Hintern und konnte nicht an einem Ort bleiben, wenigstens nicht lange. Und sie fragte sich, wie lange er wohl den Job als Surf- und Tauchlehrer machen würde. Auf jeden Fall waren Hannes, sein Kumpel Steve und Pam an die Nordostküste zum Great-Barrier-Riff ­gefahren, um dort die bizarre Schönheit der legendären Korallenriffe zu bewundern, und das war immerhin ein zusammenhängendes Korallengebiet von ungefähr eintausendsechshundert Kilometern. Es war gewiss beeindruckend, und so etwas würde man niemals in seinem Leben vergessen. Nur wenn man daran dachte, dass es drei junge Menschen waren, dabei ein Mädchen, und wenn man wusste, dass die drei gewiss nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs waren, sondern als Backpacker, dann konnte sich einem der Magen umdrehen. Bei solchen Gedanken würde Inge sich am liebsten in den nächsten Flieger setzen, um ihre Jüngste nach Hause zu holen. Sie würde es tun, sofort, wären ihr nicht die Hände gebunden.

      Pamela hatte sich von ihnen abgewandt, heftig, so heftig, dass sie nicht einmal mehr Bambi genannt werden wollte, dabei war sie mit diesem Kosenamen aufgewachsen und hatte ihn geliebt.

      Inge merkte, wie ihre Stimmung zu kippen drohte. Sie war noch lange nicht über alles hinweg, und es würde noch eine ganze Weile dauern, bis sie wenigstens einigermaßen damit umgehen konnte. Gefühle ließen sich eben nicht abstellen.

      Sie war froh, dass sie nach ihrer Fahrt von einem Ort zum anderen wieder im Sonnenwinkel war, dem Ort, den sie so sehr liebe, der ihr in all den Jahren so sehr vertraut geworden war, und den sie niemals mehr verlassen wollte.

      Schon wieder ein Gedanke in die Vergangenheit, auch für Pam war es unvorstellbar gewesen, irgendwann einmal von hier wegzugehen, und wo war sie jetzt? In Australien …

      Inge riss sich gewaltsam zusammen, wenn sie so weitermachte, würde sie gleich auch noch anfangen zu weinen. Und sollte sie verheult vor die neue Mieterin treten?

      Sie fuhr vor das Haus ihrer Tochter und ihres Schwiegersohnes, das nun doch nicht verkauft worden war, dann stellte sie den Motor ab.

      Es war vieles schön am Sonnenwinkel, aber eines war wirklich ein Punkt, den man nicht unbeachtet lassen sollte – man fand überall einen Parkplatz.

      Inge holte aus dem Kofferraum das Geschenk, und als sie es sah, besserte sich sofort ihre Laune, es war wirklich sehr schön.

      Inge war sich sicher, dass Frau Schulz sich freuen würde, und sie freute sich auch, dass sie sich aufgerafft hatte, dieses Begrüßungsgeschenk zu kaufen. Sie konnte sich noch sehr gut daran erinnern, dass es damals Marianne von Rieding und deren Tochter gewesen waren, die Brot und Salz gebracht hatten. Sie hatten sich über diese nette Geste sehr gefreut, und das hatte auch dazu beigetragen, dass sie sich direkt heimisch gefühlt hatten, und jetzt konnte sie nur darauf hoffen, dass es Frau Schulz ähnlich ging.

      Warum sollte es nicht so sein?

      Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen eilte Inge durch den Vorgarten auf das Haus zu, stieg die drei Stufen empor, und dann klingelte sie energisch.

      *

      Gerda Schulz hatte zufällig aus dem Fenster gesehen, als das Auto vor ihrem Haus hielt, die Frau ausstieg, etwas aus dem Auto holte. Was es war, konnte sie nicht genau erkennen, war auch nicht so wichtig.

      Erst als sie sah, dass die Frau direkt auf ihr Haus zukam, fing ihr Herz an zu klopfen, und als es klingelte, da zuckte sie zusammen.

      Wer war die Frau? Was wollte sie von ihr?

      Gerda hatte keine Ah­nung.Was sollte sie jetzt tun?

      Obwohl es niemand sehen konnte, presste sie sich unwillkürlich gegen die Wand.

      Das Klingeln wurde fordernder. Gerda war wie gelähmt.

      Als es auch noch anfing zu klopfen, fasste sie sich ein Herz. Sie konnte sich nicht ewig verstecken, das machte sie erst recht auffällig.

      Sie ging zur Tür, öffnete und versuchte, so leichthin wie nur möglich zu sagen: »Ich war im Keller, entschuldigen Sie bitte, dass