Bevor die heilige Inquisition ihre Opfer verbrannte, zelebrierte sie die feierlichsten Gottesdienste und die große heilige Messe mit Gesängen.
Bei Hinrichtungen von Verbrechern wirken stets Priester mit, die den Delinquenten mit ihrer Anwesenheit belästigen.
In Preußen geleitet den Bedauernswerten ein Pastor unter das Beil, in Österreich ein katholischer Priester zum Galgen, in Frankreich unter die Guillotine, in Amerika führt ihn ein Priester auf den elektrischen Stuhl, in Spanien auf einen Sessel, wo er mit einem sinnreichen Instrument erwürgt wird, und in Rußland wurden die Revolutionäre von einem bärtigen Popen begleitet usw.
Überall manipulierten sie dabei mit dem Gekreuzigten, als wollten sie sagen: »Dir hacken sie nur den Hals ab, hängen dich, erwürgen dich, lassen 15 000 Volt in dich los, aber was hat jener erdulden müssen.«
Die große Schlachtbank des Weltkriegs konnte des priesterlichen Segens nicht entbehren. Die Feldkuraten aller Armeen beteten und zelebrierten Feldmessen für den Sieg jener Partei, deren Brot sie aßen.
Bei den Hinrichtungen meuternder Soldaten erschien ein Priester. Bei den Hinrichtungen tschechischer Legionäre war ein Priester zugegen.
Nichts hat sich geändert seit der Zeit, da der Räuber Adalbert, den man später den »Heiligen« genannt hat, mit dem Schwert in der einen und dem Kreuz in der andern Hand bei der Tötung und Vernichtung der baltischen Slawen mitwirkte.
Die Menschen gingen in ganz Europa wie das liebe Vieh zur Schlachtbank, begleitet von den Fleischer-Kaisern, Königen, Präsidenten und anderen Potentaten und Heerführern sowie von den Priestern aller Glaubensbekenntnisse, die ihre Schützlinge einsegneten und falsch schwören ließen, daß sie »auf dem Festland, in der Luft, auf dem Meere« usw.
Feldmessen wurden stets zweimal zelebriert.
Wenn eine Abteilung an die Front abging und dann vor der Front, vor dem blutigen Gemetzel und Morden. Ich erinnere mich, daß uns einmal bei einer solchen Feldmesse ein feindlicher Aeroplan eine Bombe gerade auf den Feldaltar warf und vom Feldkuraten nichts übrigblieb als blutige Fetzen.
Man schrieb von ihm wie von einem Märtyrer, während unsere Aeroplane den Feldkuraten unserer Gegner eine ähnliche Gloriole verliehen. Uns bereitete das einen ungeheuren Spaß, und auf dem provisorischen Kreuz, unter dem die Überreste des Feldkuraten bestattet wurden, erschien über Nacht folgende Grabschrift:
Was uns ereilen konnte, hat auch dich befallen.
Du hast uns stets das Himmelreich versprochen.
Nun ists vom Himmel bei der Messe auf dein Haupt gefallen.
Und wo du plärrtest, liegen deine Knochen.
II
Schwejk kochte den berühmten Grog, der den Grog alter Seeleute übertraf. So einen Grog hätten die Piraten des achtzehnten Jahrhunderts trinken können und wären zufrieden gewesen.
Feldkurat Otto Katz war begeistert.
»Wo haben Sie so was Gutes kochen gelernt?« fragte er.
»In Bremen, wie ich vor Jahren auf der Wanderschaft war«, entgegnete Schwejk, »von einem verkommenen Matrosen, der gesagt hat, Grog muß so stark sein, daß einer, der ins Meer fällt, den ganzen Kanal La Manche überschwimmen kann. Nach einem schwachen Grog ertrinkt man nämlich wie ein junger Hund.«
»Nach so einem Grog, Schwejk, wird es eine Freude sein, die Messe zu zelebrieren«, meinte der Feldkurat, »ich denke, ich sollte vorher ein paar Abschiedsworte vorbringen. Eine Feldmesse ist nicht so ein Spaß wie eine Messe im Garnisonsarrest oder eine Predigt für diese Lumpen. In so einem Fall muß man wirklich alle fünf Sinne beisammen haben. Einen Feldaltar haben wir. Er ist zusammenlegbar, Taschenausgabe.
Jesusmaria, Schwejk«, packte er sich am Kopf, »wir sind aber Ochsen. Wissen Sie, wo ich diesen zusammenlegbaren Feldaltar aufgehoben gehabt hab? In dem Kanapee, das wir verkauft haben.«
»Ja, das is ein Unglück, Herr Feldkurat«, sagte Schwejk, »ich kenn ihn zwar, den Händler mit alten Möbeln, aber vorgestern hab ich seine Frau getroffen. Er sitzt wegen einem gestohlenen Schrank, und unser Kanapee is bei einem Lehrer in Wrschowitz. Das is ein Malör mit diesem Feldaltar! Am besten is, wir trinken den Grog aus und gehn ihn suchen, ich denk nämlich, daß man ohne Feldaltar keine Messe zelebrieren kann.« – »Es fehlt uns wirklich nur der Feldaltar«, sagte der Feldkurat schwermütig, »sonst ist schon alles auf dem Exerzierplatz vorbereitet. Die Tischler haben dort schon ein Podium errichtet. Die Monstranz borgt man uns in Břevnov. Kelch soll ich einen eigenen haben, aber wo ist der schon …« Er wurde nachdenklich: »Sagen wir, ich hab ihn verloren. – Aber wir bekommen den Sportpokal vom Oberleutnant Witinger vom 75. Regiment. Er hat ihn einmal vor Jahren bei einem Wettlauf für den ›Sport-Favorit‹ gewonnen. Er war ein guter Läufer. Hat vierzig Kilometer gemacht: Wien–Mödling in einer Stunde achtundvierzig Minuten, wie er immer prahlt. Ich habs schon gestern mit ihm ausgemacht. Ich bin ein Rindvieh, daß ich alles auf den letzten Augenblick laß. Warum hab ich Trottl nicht in das Kanapee geschaut.«
Unter dem Einfluß des Grogs, der nach dem Rezept des verkommenen Matrosen gebraut war, begann er sich stumpf zu beschimpfen und äußerte in den verschiedensten Sentenzen, wohin er eigentlich gehöre.
»Also wir sollten schon den Feldaltar suchen gehn«, forderte ihn Schwejk auf, »es ist schon früh. Ich muß mir noch die Uniform anziehen und noch einen Grog trinken.«
Endlich gingen sie. Auf dem Weg zu der Frau des Trödlers erzählte der Feldkurat, daß er am Abend vorher in »Gottes Segen«1 viel Geld gewonnen habe und, wenn alles gut ausfallen sollte, das Klavier im Versatzamt auslösen werde.
Es war etwas Ähnliches, wie wenn Heiden Opfer geloben. Von der verschlafenen Frau des Trödlers erfuhren sie die Adresse des Lehrers in Wrschowitz, der der neue Eigentümer des Kanapees war. Der Feldkurat bekundete eine ungewöhnliche Leutseligkeit. Kniff sie in die Wange und kitzelte sie unterm Kinn.
Sie gingen zu Fuß nach Wrschowitz, denn der Feldkurat erklärte, er müsse einen Spaziergang in frischer Luft machen, um auf andere Gedanken zu kommen.
In Wrschowitz, in der Wohnung des Herrn Lehrers, eines alten frommen Herrn, wartete ihrer eine unangenehme Überraschung. Als nämlich der Lehrer den Feldaltar im Kanapee gefunden hatte, war dem alten Herrn die Vermutung aufgetaucht, dies sei eine Fügung Gottes, worauf er ihn der Ortskirche in Wrschowitz für die Sakristei schenkte, wobei er zur Bedingung machte, daß auf der andern Seite des Altars die Inschrift angebracht werde: »Gespendet zu Gottes Lob und Ehre von Herrn Kolařík, Lehrer i. R. Im Jahre des Herrn 1914.« Da sie ihn in Unterhosen antrafen, war er sehr verlegen.
Aus der Unterredung mit ihm ging hervor, daß er dem Fund die Bedeutung eines Wunders beigemessen und ihn für einen Wink Gottes gehalten hatte. Als er das Kanapee kaufte, habe ihm eine innere Stimme gesagt: »Schau nach, was in der Schublade ist.« Er habe angeblich auch im Traum einen Engel gesehen, der ihm direkt befohlen habe: »Öffne die Kanapeeschublade.« Er habe gehorcht.
Und wie er dort den zusammenlegbaren dreiteiligen Miniaturaltar mit der Nische für das Tabernakel erblickt habe, sei er vor das Kanapee niedergekniet und habe lange inbrünstig gebetet und Gott gepriesen und es für einen Wink gehalten, die Kirche in Wrschowitz damit zu schmücken. »Das gefällt uns nicht«, sagte der Feldkurat, »etwas, was Ihnen nicht gehört, haben Sie auf der Polizei abgeben solln und nicht in einer verfluchten Sakristei.«
»Wegen diesem Wunder«, fügte Schwejk hinzu, »können Sie noch Scherereien haben. Sie ham ein Kanapee gekauft und keinen Altar nicht, der dem Militär-Ärar gehört. So ein Wink Gottes kann Ihnen teuer zu stehn kommen. Sie ham nichts auf die Engel geben solln. Ein Mann in Zhoř hat auch am Feld einen