Nachdem wir uns alle die Hände geschüttelt hatten, winkte Peter den Kellern her und bestellte vier Caipirinha. Als der Kellner die Bestellung aufgenommen hatte, fragte Peter, ob Caipirinha okay für uns sei? Der »Jamaica Fever«, der vor den beiden auf dem Tisch stand, wäre zu süß. Er lachte und entschuldigte sich, dass er uns keine Möglichkeit gab, einen Cocktail auszuwählen.
Was für ein Typ! Ich mochte Peter sofort. Seine herzliche Ausstrahlung, die leichte Dominanz, die nicht aufdringlich wirkte.
Schnell entwickelte sich ein Gespräch. Berufe, Hobbys, Wohnort. Peter, fünfzig Jahre, outete sich als Chef einer internationalen Marketingagentur. Stephanie, Anwältin. Ende dreißig, wie ich. Sie vertrat Straftäter vor Gericht. Von Betrügern bis hin zu Mördern. Ich war beeindruckt. Ich hätte auf alles getippt, aber nicht darauf, dass dieses attraktive Wesen eine Strafverteidigerin war. Peter nannte meine Frau lachend das »Küken«, da sie mit ihren vierunddreißig Jahren die Jüngste war. Sie fühlte sich geschmeichelt. Stephanie machte meiner Frau viele Komplimente. So viele, dass Peter aufstand.
»Sarah«, sagte er, »bitte setz dich zu Stephanie. Ich nehme neben deinem Mann Platz. Euer Geschleime ist ja nicht auszuhalten!«
Nun saßen die Frauen auf dem einen Sofa, Peter und ich auf dem anderen. Während dem Gespräch stellte sich heraus, dass sie ebenfalls in London lebten. In Covent Garden. Peter scherzte, dass man erst nach Jamaika reisen musste, um seine Nachbarn kennenzulernen. Sie waren ein paar Tage zuvor angereist.
Es war kurzweilig. Wir unterhielten uns sehr angeregt und die Cocktails flossen in Strömen.
Schließlich leerte sich die Bar und der Kellner informierte uns, dass wir eine letzte Runde bestellen konnten.
Stephanie schlug vor, dass wir in ihrem Hotelzimmer den Abend fortsetzten. Sie war aufgedreht.
Bevor eine Antwort kam, stand Peter auf und sagte: »Sehr gute Idee! Lasst uns gehen.«
Kapitel 2
Ihre Suite war größer als unsere. Im Wohnzimmer befand sich eine Bar. Ein Butler öffnete die Tür. Peter bestellte bei ihm alle Zutaten, um selber Caipirinha mixen zu können. Der Butler kam kurz darauf mit einer Plastikkiste zurück.
»Michael, hilf mir bitte!«, winkte er mich mit den Worten zu sich hinter die Bar. »Und die Damen nehmen bitte an der Theke Platz. Die Bar ist eröffnet!«
Stephanie drehte Musik auf. Die beiden Frauen setzten sich auf die Hocker. Ich schnitt die Limetten, Peter mixte die Cocktails, als wäre er ein professioneller Barkeeper. Absolut souverän.
»Der Name Caipirinha heißt übersetzt: Unschuld vom Lande«, erklärte Peter mit einem Lächeln, als er meiner Frau den Cocktail reichte.
Beeindruckt nickte sie und grinste ihn an.
»Auf die Unschuld vom Lande!«, sagte Sarah und wir hoben die Gläser.
Die Stimmung war ausgelassen.
Ich weiß nicht, wer es angesprochen hatte, aber irgendwann ging es um das Thema Eifersucht. Wir diskutierten über die These, dass jeder eifersüchtig wäre. Der eine mehr, der andere weniger. Männer wären grundsätzlich eifersüchtiger als Frauen, stellte Stephanie fest und Sarah stimmte zu. Peter und ich sahen das anders. Wir waren der Meinung, nicht eifersüchtig zu sein. Das Thema wurde noch eine Weile weiterdiskutiert, bis Stephanie Sarah an sich zog und anfing, sie zu küssen. Lange. Mit Zunge. Mir fehlten die Worte. Ich schaute mit leicht offenem Mund zu.
Meine Frau war für eine Sekunde auch überrascht und zuckte zurück. Aber als ihre Lippen Stephanies berührten, gab sie sich völlig hin. Sie küssten sich zärtlich, hingebungsvoll.
Peter stand mit verschränkten Armen lächelnd neben mir und beobachtet das Ganze.
Ich wusste nicht genau, ob ich wegschauen sollte. Ob es den beiden unangenehm wäre, wenn ich hinsah oder ob es mir peinlich war, zuzuschauen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ Stephanie von Sarah ab.
»Und? Eifersüchtig?«, fragte sie, während sie den Hals meiner Frau streichelte.
»Ich nicht. Du Michael?«, fragte Peter.
»Nein! Natürlich nicht!« Die Unsicherheit in meiner Stimme war nicht zu überhören. Aber es war tatsächlich kein Gefühl von Eifersucht. Vielmehr eine Mischung aus Peinlichkeit und Erregtheit.
»Gut.« Stephanie nahm Sarah an die Hand. Sie schloss die Schiebetür zum Schlafzimmer von innen und ließ dabei einen kleinen Spalt offen.
Peter lächelte mich an. Wortlos. Er schaltete die Musik aus. Wir lauschten. Die Geräusche von Küssen, Schmatzen, leisem, kaum hörbarem Stöhnen, einem Reißverschluss, ein Klicken ...
Ich stellte mir vor, wie Stephanie Sarah das Kleid auszog und den BH öffnete. Wie sie ihren Hals küsste, ihre Brustwarzen. Die Geräusche starteten mein Kopfkino.
Wieder ein Reißverschluss. Klicken. Schmatzen. Kussgeräusche. Leise.
Ich hielt es kaum aus. Was taten die beiden? Meine Frau war dort mit einer Fremden, die wir erst vor kurzem kennengelernt hatten, und ihr Mann stand neben mir. Was war hier los? Waren wir zu betrunken?
Etwas fiel auf den Boden. Ein dumpfer Ton. Kurz. Ein Kissen? Nochmal. Ein zweites, das vom Bett gefallen war? Ich stellte mir vor, wie sie in der 69er-Position übereinander lagen. Wie sie es miteinander trieben. Kussgeräusche. Leichtes Schmatzen. Wer verführte wen? Wer dominierte wen?
Ist das unsere Männerdenke? Muss einer dominieren? Ist das Sex? Einer führt und der andere lässt sich führen? Hat jeder seine Rolle?
Wo war die Rolle bei den beiden? Wer war der Mann bei ihrem Spiel? Was sollten diese Gedanken in meinem Kopf?
Stöhnen. Es kam von Stephanie. Was machte Sarah? Küsste sie Stephanies Brüste? Ihre Schenkel? Ihre Muschi? Fingerte sie sie? Besorgt sie es ihr?
Ich hielt es kaum aus, schaute kurz zu Peter und schlich auf den Türspalt zu. Nur eine der Nachttischlampen brannte. Niemand war auf dem Bett. Dann sah ich Stephanie. Sie saß links auf dem Bettenrand. Die Beine gespreizt. Meine Frau kniete vor ihr auf dem Boden. Ihr Kopf bewegte sich zwischen Stephanies Schenkeln langsam vor und zurück. Stephanie war nackt. Im dämmrigen Licht sah ich die Kontur ihrer linken Brust. Sie stöhnte leise, den Kopf in den Nacken gelehnt. Sie bemerkte mich, blickte mir in die Augen. Sie lächelte sanft, stöhnte erneut, ohne den Augenkontakt zu verlieren. Sinnlich.
Die Tür schob sich zu. Peter.
»Lassen wir den beiden ihren Spaß.« Er legte den Arm um meine Schulter und ging mit mir zur Eingangstür.
Ich konnte es kaum fassen. Er war ganz offensichtlich nicht neugierig, wollte nicht wissen, was da drin vor sich ging. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wollte nicht unsicher erscheinen. »Du hast recht, Peter. Sollen die beiden sich doch amüsieren«, sagte ich mit aufgesetzter Coolness, als wir die Suite verließen und in Richtung Strand liefen.
»Du hast eine sehr attraktive Frau«, sagte Peter.
»Danke, du auch!«, gab ich zu.
»Vielen Dank! Durch Alkohol wird Stephanie manchmal übermütig. Aber es scheint Sarah nicht zu stören. Es ist wirklich schön, dass sie sich gut verstehen.«
Dass die beiden sich gut verstehen? Hatte ich richtig gehört? Meine Frau und seine Frau schlafen miteinander! Haben Sex miteinander! Vögeln gerade! Ich behielt diese Gedanken für mich.
Peter wirkte souverän.
»Macht ihr das öfter?«, wollte ich wissen.
»Was meinst du?«
»Naja, Sex mit anderen Frauen.«
Peter lächelte. Sagte nichts.
Ich wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Ich wollte nicht nachfragen. Außerdem hatte ich noch immer diese Geräusche in meinem