Mir verging der Appetit. Santiago hatte mich als Spielzeug für sechs Männer importiert? Wohl bemerkt, sechs sehr attraktive Männer ... Aber so hatte ich mir ein Leben mit ihm nicht vorgestellt. Mit David konnte ich mich gedanklich noch recht gut anfreunden, aber die ganzen anderen? Mir schauderte.
»David, ich ...«
»Warte, lass mich ausreden ... Für alle gibt es gewisse Regeln, und das sind ganz strenge bei den Leibwächtern. Die drei sind ohnehin fast rund um die Uhr mit Aufgaben beschäftigt, die Santiago ihnen zugeteilt hat. Aber, was dich betrifft, keiner von ihnen darf dir irgendetwas befehlen, ohne dass er dazu angewiesen wurde. Keiner darf ohne Erlaubnis im Haus den ersten Stock betreten, dich sexuell belästigen oder dich auch nur nackt sehen. Für Keathan und mich gibt es natürlich auch Regeln und durch dich haben wir zurzeit sogar eine Ausnahmesituation, sprich, eine Unterteilung in davor und danach. Wie du dir vielleicht denken kannst, solange du mit Santiago noch keine Nacht verbracht hast, haben wir strengere Regeln, welche danach dann aber wegfallen werden. All diese Vorschriften sollten dich jedoch nicht belasten. Vertrau uns einfach, wir wissen schon, was wir dürfen und was nicht.«
Ich nickte ... und war verwirrt. Also stellten die Bodyguards nicht wirklich ein Problem dar. Aber die ganzen Beziehungen untereinander durchblickte ich noch nicht so richtig.
»Wer waren die beiden jüngeren blonden Männer heute beim Frühstück?«
»Liam und Hayle, sie gehören zu mir, wohnen aber wie Santiagos Leibwächter im Erdgeschoss.«
»Und sie dürfen mir nichts sagen ... oder?«
»Nein.« Er lächelte.
Also war ich doch nicht ganz das letzte Glied in der Kette. »Okay«, hauchte ich etwas abwesend. Davids nackte, glatte Brust war für mich fast unerträglich anzusehen und meine Gedanken gingen schon wieder mit mir durch ... Wie war das noch mal, durfte mich David jetzt sexuell belästigen oder nicht?
»Hast du noch eine Frage?«, unterbrach er meine Überlegungen.
»Ähm ...«, ich konnte mir das Lächeln nicht verkneifen, »bei dir wäre ich nicht aus dem Pool geflüchtet.«
David griff nach meiner Hand und lachte. »Das sehe ich dir an!«
Peinlich berührt wandte ich meinen Blick zur Seite. So leicht war ich zu durchschauen?
»Vielleicht haben wir eines Tages die Gelegenheit dazu ...«, versuchte er mich zu entlasten und drückte kurz meine Hand, bevor er sich unter Deck zurückzog.
Mittlerweile war es Nachmittag und wir ankerten noch immer nahe dem Korallenriff. Zufällig stand ich an der Reling und betrachtete die Wellen am Horizont, als nur etwa fünfzig Meter vor mir eine Gruppe Delfine aus dem Wasser sprang. Ein ergreifendes Schauspiel, immer wieder tauchten sie unter und flogen anschließend durch die Luft. Es waren gut zwanzig Stück und sie bewegten sich im Wasser wie grazile Synchronschwimmerinnen. Schade, dass ich keine Kamera bei mir hatte ... Aber ich wollte wenigstens Santiago Bescheid sagen und noch bevor ich mich umdrehen konnte, stand er auch schon hinter mir und umschlang meine Taille. Er drückte mich an seinen nackten Oberkörper und küsste mich am Hals.
»Die hab ich nur für dich bestellt«, flüsterte er und brachte mich damit zum Lächeln.
Seine Hände fühlten sich warm und geschmeidig an, sie streichelten über meinen Bikini und er liebkoste währenddessen mein rechtes Ohr mit feuchten Küssen. Ich versuchte, mich in dieser engen Umarmung umzudrehen ... und er ließ es wohlwollend zu. Jetzt konnte ich nicht nur seinen Körper spüren, sondern auch in sein Gesicht sehen, und wieder einmal raubte mir seine Schönheit den Atem. Er blickte in meine Augen und ich verspürte das quälende Bedürfnis, sein Gesicht zu berühren. Irgendwie war es vertraut und doch so fremd, ich hatte richtig Angst, meine Hand zu erheben, aber ich musste es einfach tun. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem angedeuteten Lächeln und das gab mir Mut. Vorsichtig wollte ich mit zwei Fingern meiner rechten Hand sein Kinn berühren, aber er wich mir sofort aus und sah mich sehr skeptisch an.
»Darf ich das nicht?«, fragte ich enttäuscht.
Santiago senkte seinen Blick, ohne zu antworten. Wieder versuchte ich, diesmal mit beiden Händen, in die Nähe seines Gesichtes zu gelangen, aber er fing sie noch in der Bewegung ab und hielt sie fest. Es machte mich verrückt, ihn nicht berühren zu können ... Er sah mir lange in die Augen, seine Lippen waren leicht geöffnet, als wollte er es mir erklären, aber ich wartete vergeblich. Stattdessen spürte ich seinen heißen Atem und meine Sehnsucht wurde immer größer. Sein sinnlicher Mund zog mich magisch an und ich versuchte, an ihn heranzukommen, aber sogar davor wich er plötzlich zurück und hielt mich weiter fest an meinen Handgelenken. Ich hatte nur noch einen Wunsch: Er sollte mit mir schlafen.
Er sah das Verlangen und die Verzweiflung in meinen Augen ... und begann zu lächeln. Als hätte er meine Gedanken gelesen, drehte er sich zur Seite und ging mit mir an der Hand unter Deck. Mit wackligen Beinen folgte ich ihm über eine Wendeltreppe nach unten. Ich bemerkte ein unkontrolliertes Zittern an meinen Fingern und mein Herz drohte jeden Moment auszusetzen. In meinen Ohren hatte ich ein eigenartiges Rauschen, welches kurz durch seine Stimme unterbrochen wurde.
»David! ... Keathan! ...«
Mein Wahrnehmungsvermögen war stark eingeschränkt, ich konnte nichts sehen, außer dieses übergroße weiße Leder-Bett, nachdem er mich durch mehrere Zimmer und Türen geführt hatte. Die letzte verriegelte er, sobald David und Keathan links und rechts vom Bett in wuchtigen Polstermöbeln Platz genommen hatten. Natürlich wollte ich mit Santiago lieber allein sein, aber ich konnte nicht sprechen, meine Kehle war wie zugeschnürt. Santiago setzte sich an die vordere Bettkante und ich stand vielleicht zwei Meter von ihm entfernt ... bewegungsunfähig und sehr verloren. Das Blut stieg mir ins Gesicht und ich spürte regelrecht, wie meine Wangen vor Hitze glühten. Ich versuchte, mich hinter meinem Vorhang aus Haaren zu verstecken und sah Santiago verängstigt an.
»Leg deine Haare nach hinten. Ich will dein Gesicht sehen!«, forderte er mit ruhiger Stimme.
Ich seufzte, drehte sie einmal zusammen und ließ sie über meinem Rücken fallen. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Bestimmt konnte er jetzt meine Röte erkennen. Verlegen fasste ich meine Hände und verschränkte meine Finger.
Er stützte sich mit beiden Unterarmen auf seine Knie und sah mich verführerisch von unten herauf an. Angezogen von seiner Geste wollte ich einen Schritt auf ihn zu machen, wurde jedoch von seiner abwehrenden Handbewegung eingebremst ... Also blieb ich stehen, wo ich war.
»Wie kommt es, dass du mit siebzehn Jahren noch Jungfrau bist?«, fragte er interessiert.
Ich schluckte ... Drei Augenpaare waren auf mich gerichtet. Das konnte er doch jetzt nicht von mir verlangen ... Aber Santiago wartete ungeduldig.
»Ähm ... ich weiß auch nicht«, versuchte ich mich aus der Affäre zu ziehen.
Seine Kiefermuskulatur spannte sich an. Er war nicht glücklich mit dieser Antwort und streckte eine Hand Richtung Keathan aus. Der gab ihm eine Zigarette. Santiago blies Rauch in die Luft und hakte nach: »Ich will wissen, warum du es bis jetzt nicht zugelassen hast. Du kannst mir nicht erzählen, dass noch keiner an dir interessiert war!«
»Der Richtige war noch nicht dabei«, entgegnete ich entschlossen.
Santiago rauchte. »Und ich bin der Richtige?«
Er machte mir Angst, seine Augen durchbohrten mich und es verschlug mir die Sprache ... aber ich nickte.
Er lächelte und streckte mir endlich eine