Warum mit der ersten Nachricht schon alles vorbei sein kann
Schreiben ist leicht.
Man muss nur die falschen Wörter weglassen.
(Mark Twain)
Eddy und Asha führen seit einigen Jahren eine offene Beziehung. Mal zusammen, mal getrennt voneinander suchen sie auf Casual-Dating-Seiten wie POPPEN.de nach sexuellen Abenteuern. Das Problem: Während Asha oft großen Erfolg in der Männerwelt hat und sich vor Date-Anfragen und heißen Flirts gar nicht retten kann, sieht es für Eddy eher mau aus. Ein Match gelingt ihm nur selten – und wenn, dann kommt es zu keinem echten Treffen. Nach ein paar Chatkontakten ist meist schon alles vorbei. Aus Frust wollte er sein Datingprofil bereits ganz löschen, hatte die Rechnung aber nicht mit seiner Freundin Asha gemacht. An einem Abend schnappte sie sich nämlich das Mobiltelefon ihres Partners, übernahm kurzerhand sein Profil und verschickte höchstselbst Nachrichten an Frauenprofile, mit denen Eddy zuvor geschrieben hatte. Und siehe da: In nur einer halben Stunde machte sie tatsächlich zwei Dates aus. Wie hatte sie das angestellt?
Eddys bisherige Absagen ließen sich offenbar weniger auf seine amateurhaften Profilfotos oder seine möglicherweise wenig überzeugende Profilbeschreibung zurückführen, als vielmehr auf die Art und Weise, wie er seine Nachrichten verfasste. Aber was hatte er in seinen bisherigen kurzen Unterhaltungen mit den Frauen konkret falsch gemacht? War er zu aufdringlich gewesen? War er zu plump oder zu oberflächlich aufgetreten?
Um seinen eigenen Auftritt beim Onlinedating besser reflektieren zu können, begann Eddy, seine Chatverläufe zu sammeln und auszuwerten. Er wollte ein für alle Mal wissen, welche Nachrichten bei Frauen gut ankamen und mit welchen Themen er an dem sehr einfachen Ziel, eine Antwort von seinem Gegenüber zu bekommen, vorbeischoss. Seine Selbststudie lieferte in der Tat einige spannende Ergebnisse. In der Regel antworteten ihm die Frauen besonders häufig, wenn seine erste Nachricht eines der folgenden Dinge enthielt (in Klammer befindet sich jeweils die prozentuale Antwortrate der Frauen):
• ein Kommentar zu den Fotos der Nutzerin (91 Prozent)
• ein Kommentar zum Profiltext der Nutzerin (88 Prozent)
• eine interessante Frage (75 Prozent)
• ein Gif (50 Prozent)
• ein Witz über ihren Nicknamen (28 Prozent)
Während ein netter Foto- oder Profilkommentar also fast immer zu einer Antwort der Frau führte, sorgten vermeintlich »lustig« gemeinte Nachrichten – wie ein Witz über ihren Nicknamen oder das Versenden eines Gifs – für deutlich weniger Rückmeldungen.
Überhaupt gilt: Möchten Männer beim Onlinedating Erfolg haben, müssen 70 bis 80 Prozent von ihnen die Art und Weise, wie sie Nachrichten verfassen, ändern. Standardnachrichten wie »Hey, Lust zu poppen?« in allen Varianten gehören zwar mit großem Abstand zu den beliebtesten Nachricht in Casual-Dating-Communitys. Doch sie sind vor allem eins: ein absolutes No-Go. Hat irgendein heterosexueller Mann schon mal eine ernst gemeinte Antwort auf diese Frage bekommen, geschweige denn mit einer solchen Nachricht wirklich ein Sex-Date ausgemacht? Gleiches gilt – wie schon erwähnt – für das Versenden von Dickpics (die liebevolle Bezeichnung für Handy-Schwanzfotos). Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau diese Nachricht öffnet, einen Schwanz sieht und denkt: »Wow! Voll nice! Mit diesem Kerl würde ich mich gern mal auf einen Drink verabreden …?«
Die amerikanische Journalistin Claire Sullivan hat in einem Selbstexperiment für das VICE Magazin mit Männern gesprochen, die ihr in Casual-Dating-Communitys anzügliche erste Nachrichten inklusive Dickpics geschickt hatten. Sie fasst ihre Erfahrungen in dem Artikel wie folgt zusammen: »Drei Männer fragen mich nach einem Date. Einer will wissen, ob ich noch Jungfrau bin. Zwei laden mich zu einem Schäferstündchen zu sich nach Hause ein. Alle Schwanzfotos kommen von Weißen und für einige von ihnen ist es angeblich das erste Mal.« Auf ihre direkte Nachfrage »Bist du dank eines Dickpics schon mal mit einer Frau im Bett gelandet?«, fielen die Antworten der Männer eindeutig aus:
Nein. Nein. Nein. Nein. Und: Nein.
Damit wir jetzt nicht falsch verstanden werden: Erotische Bilder (auch gut gemachte Dickpics) sind beim Sex-Dating natürlich nicht grundsätzlich tabu. Auf vielen erotischen Datingseiten lassen sie sich wunderbar in »geheime Galerien« einbinden. Zu diesen »versteckten« Bildern haben dann allerdings nur Mitglieder Zugang, denen man explizit die Erlaubnis dazu erteilt. So muss ein Penis aber immerhin nicht das Erste sein, was eine Frau zu sehen bekommt. Natürlich kommt das wohl unkreativste Anschreiben aller Zeiten (»Hey, poppen?«) nicht allein daher – es tritt in unendlich vielen Abwandlungen und Formen auf, eine Variante langweiliger und unkreativer als die andere:
• »Hey, na?«
• »Ficken?«
• »Hey«
• »Hey, hast du Lust?«
• »Hey, Süße.«
• »Hi«
• »Hi, meld dich.«
• »Bock???«
• »Bist du auch so geil wie ich?«
Wer ernsthaft glaubt, mit einer so banalen Nachricht eine Frau in der Onlinewelt erobern zu können, der darf sich über ausbleibende Kontakte nicht wundern. Klar, ein »Hey« zu verschicken geht schnell, man muss sich keinerlei Gedanken um Inhalt, Form und Anrede machen. Doch: Wenn einem von jeder (wirklich jeder!) Onlinedating-Plattform ein bestimmtes Nachrichtenlimit gesetzt wird und man als normales Mitglied ohne Bezahlmitgliedschaft im besten Fall nur ein, zwei Nachrichten pro Tag verschicken darf, fällt einem echt nichts Besseres ein als ein »Hey, na?!« Ein bisschen mehr Kreativität darf es dann doch sein, oder?
Wer ein Mitglied gefunden hat, dessen Vorlieben zu den eigenen erotischen Wünschen passen, der sollte sich einen individuellen Text überlegen, der auf das Profil des anderen passt. Möglichst vermeiden sollte man es, andere Mitglieder mit immer dem gleichen, kopierten Text anzuschreiben. Jemand schrieb uns mal: »Ich muss 100 Nachrichten verschicken, um eine Antwort zu bekommen.« Daran sieht man schon, dass es sich um einen Mann handelt, der ebenso durch eine Kneipe gehen und jede Frau mit dem gleichen dummen Witz anmachen könnte. Der wundert sich spätestens im Morgengrauen, warum er allein ins Bett gehen muss. Ideenlose 0815-Nachrichten, die per copy and paste an Dutzende Nutzerinnen verschickt werden, sind der Abtörner schlechthin. Als Mann sollte man sich immer vor Augen führen: Frauen bekommen rund 30 Prozent mehr Nachrichten, als sie selbst verschicken. So erkennt eine Frau nach kurzer Zeit ziemlich easy, welcher User sich mit einem Anschreiben Mühe gibt und wer bloß eine Nachricht nach der anderen versendet – von der Hoffnung getragen, dass irgendeine der nett anzusehenden Damen schon antworten wird.
Eine Umfrage des Datingportals Parship fand übrigens heraus, dass für 90 Prozent aller Befragten Mails mit Schreibfehlern das sofortige Aus bedeuten. Man(n) muss natürlich nicht schreiben wie Goethe – aber grobe Fehler sind für andere Mitglieder einfach nicht sexy.
Bevor wir nun in die Praxis gehen und uns wirklich gute, erste Nachrichten von Männern (ja, die gibt es tatsächlich!) anschauen, wollen wir einen Blick auf Messages werfen, die von Frauen des Datingportals POPPEN.de als besonders schlecht oder – noch schlimmer – als besonders peinlich eingestuft wurden.
• »Analverkehr, Sandwich, Naturfranzösisch bis zur Vollendung mit Schlucken, magst du das?«
• »Suche Treffen.«
• »Hast du 80C?«
• »Hi, suchst du auch für Arschfickereien?«
• »Willst du eine Affäre mit mir?«
• »Werde gern nackt fotografiert und gefilmt. Zeige mich gern nackt per Foto, Cam oder real, wo auch immer du magst.«
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