Aber manchmal kotzte es sie an. Vor allem, wenn ihre devote Seite in den Hintergrund trat und sie sich danach sehnte, zur Abwechslung mal selbst einen anderen Menschen zu dominieren. Kenneth hatte es erst einmal erlaubt und da hatte er jeden Handgriff von ihr genau verfolgt. Das hatte ihr den Spaß daran verdorben. Es war genau wie damals, als sie ihre submissive Veranlagung zu entdecken begonnen hatte. Je länger sie es unterdrückte, desto stärker wurde das Verlangen danach, es einfach zu tun, zur Hölle mit dem, was der Rest der Welt von ihr erwartete.
Irgendwann musste sie den Mund aufmachen und Kenneth sagen, dass sie nicht länger sein devotes Mäuschen spielen wollte. Zumindest nicht ausschließlich und rund um die Uhr. Sie war eine Switch, auch wenn sie es sich lange nicht eingestanden hatte. Das ging nicht weg, nur weil dominante Frauen nicht in Kenneth’ Weltbild passten. Irgendwann würde sie es ihm erklären.
Aber nicht heute.
Sie legte die andere Hand auf die Brust, zwirbelte den Nippel sanft und schloss die Augen. Ihre Spalte war nass, so sehr erregte sie die Vorstellung, was sie mit ihrem Lieblingssklaven anstellen würde, wenn sie denn einen hätte. Sie fuhr mit dem Zeigefinger hindurch und schloss die Augen.
***
»Vielleicht habe ich keine Lust mehr, Euch blind zu gehorchen, Herrin«, sagte der Lieblingssklave. Seine blonden, verwuschelten Haare fielen ihm ungebändigt ins Gesicht. Er lächelte verschmitzt.
Jessica richtete sich auf und fuhr mit der Hand über ihre Brüste, ihren Bauch und ihre Hüften, um ihn mental damit zu quälen, dass er sie ohne ihre Erlaubnis niemals würde berühren dürfte. »Dir ist klar, dass ich absoluten Gehorsam erwarte.«
»Das freut mich für Euch.« Sein Grinsen blieb. In seinen Augen blitzte der Schalk auf.
Es reichte. Solche Frechheiten würde sie ihm keine Sekunde länger durchgehen lassen. »Hinknien«, befahl sie.
Er gehorchte.
Jessica griff nach der Gerte. »Knie auseinander!« Sie stieß mit der Schuhspitze in Richtung seines Schritts.
Der Sklave verzog das Gesicht, ohne ihren Befehl in die Tat umzusetzen.
Jessica beugte sich vor und schlug ihn sanft auf die Wange. Die fast unsichtbaren Bartstoppeln kratzten über ihre Handfläche. »Ich sage es dir zum letzten Mal auf freundliche Weise … Sklave. Ich erwarte, dass du mir gehorchst. Das hast du nicht getan. Strafe muss sein! Aber es liegt an dir, wie hoch sie ausfällt.«
Ein letztes Zucken in seinem Gesicht verriet den Widerstand, den er ihr innerlich noch entgegenbrachte, dann gab er nach und spreizte die Beine.
»Hände auf den Rücken, Finger an die Ellenbogen und Kopf aufrecht. Du kennst das doch! Warum muss ich dir alles dreimal sagen?« Sie stupste mit der Gerte an die Stellen, an denen ihr seine Haltung nicht gefiel.
Schließlich kniete der Sklave aufrecht mit stolz erhobenem Kopf und bescheiden gesenktem Blick vor ihr. Jessica ging langsam um ihn herum. Ihre hohen Absätze klackerten auf dem Parkett. Sie spürte, dass der Mann sie aus den Augenwinkeln heraus beäugte, auch wenn sie ihm befohlen hatte, den Punkt auf dem Boden vor sich anzustarren. Dieses Mal korrigierte oder bestrafte sie ihn nicht. Es gefiel ihr, so intensiv von ihm begehrt zu werden.
»Wir müssen über die Sache mit dem Kaffee reden.« Sie blieb hinter ihm stehen und legte die Gertenspitze zwischen seine Schulterblätter.
»Ja, Herrin.«
»Wenn ich dir befehle, mir einen Kaffee zu bringen, erwarte ich keine faulen Ausreden. Du hättest ihn mit einem Handfilter aufgießen können. Ich besitze auch eine Glaskanne mit Presssystem und notfalls gibt es Instantkaffee. Stattdessen bist du mit breitem Grinsen zurückgekommen und hast erklärt, dass du nicht bereit bist, mich zu bedienen.«
Es machte ihr Spaß, seine Worte umzudrehen und ihm Dinge in den Mund zu legen, die er nicht gesagt hatte. Er holte tief Luft, um zu widersprechen, schluckte die Antwort aber hinunter.
»Du kannst ruhig antworten.« Jessica lachte leise und schlug ihm mit der Gerte zwischen die Schulterblätter. Ein feiner roter Streifen blieb zurück. »Gefällt dir nicht, was ich mit dir anstelle?«
Er sagte keinen Ton.
Sie schlug erneut zu und genoss das Bewusstsein ihrer Macht. Eine zweite feine rote Linie zeichnete sich auf seiner Haut ab. Die Muskeln arbeiteten und zeigten, dass er mit sich kämpfte, um keinen Schmerzenslaut von sich zu geben.
»Tut das etwa weh?«, fragte sie höhnisch. »Stell dir vor, das soll es auch. Das ist eine Strafe für dein respektloses Benehmen. Und bilde dir bloß nicht ein, dass du mir unter den Rock gucken darfst, falls ich dir gleich erlauben sollte, mich zu lecken!«
»Soll ich das etwa mit geschlossenen Augen tun?«
Sie verpasste ihm einen weiteren Schlag. »Ich habe dir nicht erlaubt, zu sprechen, du nutzloser Sklave! Hoch mit dir. Ich will dich am Andreaskreuz sehen.«
Jessica überlegte kurz, ob sie ihm befehlen sollte, die Lederhose vorher auszuziehen. Ihr gefiel der Anblick seines knackigen, nackten Hinterns und des aufgerichteten Schwanzes, der ihr trotz der Widersprüche des Sklaven verriet, wie sehr er ihre Behandlung in Wahrheit genoss. Andererseits mochte sie auch die Silhouette seines durchtrainierten Oberkörpers, die sich von der schlanken Taille v-förmig emporreckte. Wenn er ganz nackt war, kamen diese Linien nicht mehr so schön zur Geltung, ganz abgesehen davon, dass sein Knackpo in der engen Lederhose ebenfalls nicht zu verachten war.
Er sollte die Hose anbehalten, entschied sie.
Sie half ihm, sich auf die Fußstützen des selbst gebauten, rustikalen Kreuzes im Wohnzimmer zu stellen, und legte die Hand- und Fußschellen um die Gelenke ihres Sklaven. Kurz streifte sie der Gedanke, dass es Kenneth gegenüber unfair war, einen fremden Mann auf diese Vorrichtung zu stellen, die Kenneth mit eigenen Händen für sie gefertigt hatte.
Aber Kenneth durfte ohnehin nichts davon erfahren, was sie hier tat. Dass sie die Spielregeln brach und Dinge praktizierte, die er ihr niemals erlauben würde, wenn er davon wüsste.
Jessica stellte sich hinter ihren Sklaven, sog den herben, erdigen Duft seiner Haut ein und streichelte mit den Fingerspitzen über seine nackte Haut. Er zitterte leicht, weil er genau wusste, dass die Zärtlichkeiten nur das Vorspiel für etwas waren, was ihn binnen kürzester Zeit an seine Grenzen bringen würde. Jessica drückte ihre Brüste gegen ihn und schloss die Augen. Es fühlte sich gut an, Herrin der Situation zu sein. Was auch immer sie mit ihm anstellen wollte, er würde sich nicht wehren und war ihr ausgeliefert. Sie küsste ihn zwischen die Schulterblätter, band ihm ein schwarzes Tuch vor die Augen und trat zurück.
Kerzen erhellten den Raum. Der Ausdruck seiner Kraft, gebändigt durch nichts weiter als ihren Willen und seine Unterwerfung ihrer Schönheit, ging ihr durch und durch. Ihre Brüste prickelten, als würde ein sanfter Strom durch angelegte Elektroden fließen. Jessica streichelte sich selbst und genoss den Anblick, der ihre Macht über ihn verherrlichte. Dieser Mann gehört ihr. Ihr ganz allein. Sie konnte alles mit ihm anstellen, was sie wollte!
Sie hing die Gerte zurück an die Wand und griff nach der rot-schwarzen, geflochtenen Bullwhip-Peitsche. Ihre Länge betrug einen Meter zwanzig. An die schwarze mit zwei Metern Spannweite traute sie sich nicht heran.
»Bist du bereit für deine Bestrafung?«, fragte sie mit leisem, sinnlichem Tonfall.
»Wie Ihr befehlt, Herrin«, antwortete der Sklave genauso leise. Seine Stimme bebte, Jessica hätte nicht sagen können, ob vor Verlangen oder Nervosität.
»Richtige Antwort.«
Sie umfasste das Ende der Peitsche mit der linken Hand, holte Schwung aus dem Handgelenk und zielte auf die Stelle zwischen seinen Schulterblättern. Es klatschte. Ihr Sklave stieß einen unterdrückten Schmerzenslaut aus und bäumte sich auf, doch